Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite
42.
Ein sanfter schlaf beginnt schon in der zweyten nacht
Auf Hüons stirne sich zu senken.
Mit liebevoller treu gepfleget und bewacht,
Und, reichlich angefrischt mit kühlenden getränken,
Fühlt er am vierten tag so gut sich hergestellt,
Um sich, sobald der mond die laue nacht erhellt,
In einem gärtnerwams, womit man ihn versehen,
Mit Scherasmin im garten zu ergehen.
43.
Sie hatten in den rosenbüschen,
Nah an der hütte, noch nicht manchen gang gethan,
So kommt die Amme (die, was neues aufzufischen
Sich oft dem Harem naht) mit einer zeitung an,
Die kräft'ger ist als irgend ein Laudan
Des Kranken blut und nerven zu erfrischen;
Es sey, versichert sie, beynahe zweifelfrey
Daß Rezia nicht fern von ihnen sey.
44.
Wo ist sie? wo? ruft Hüon, mit entzücken
Und ungeduld, auffahrend -- hurtig! sprich!
Wo sahst du sie? -- Gesehn? erwiedert Fatme, ich?
Das sagt ich nicht; allein, ich lasse mich zerstücken
Wenn's nicht Amanda ist, die diesen abend hier
Gelandet. Höret nur, was, die minute, mir
Die Jüdin Salome, die eben
Vom innern Harem kam, für ganz gewiß gegeben.
45. Kurz,
42.
Ein ſanfter ſchlaf beginnt ſchon in der zweyten nacht
Auf Huͤons ſtirne ſich zu ſenken.
Mit liebevoller treu gepfleget und bewacht,
Und, reichlich angefriſcht mit kuͤhlenden getraͤnken,
Fuͤhlt er am vierten tag ſo gut ſich hergeſtellt,
Um ſich, ſobald der mond die laue nacht erhellt,
In einem gaͤrtnerwams, womit man ihn verſehen,
Mit Scherasmin im garten zu ergehen.
43.
Sie hatten in den roſenbuͤſchen,
Nah an der huͤtte, noch nicht manchen gang gethan,
So kommt die Amme (die, was neues aufzufiſchen
Sich oft dem Harem naht) mit einer zeitung an,
Die kraͤft'ger iſt als irgend ein Laudan
Des Kranken blut und nerven zu erfriſchen;
Es ſey, verſichert ſie, beynahe zweifelfrey
Daß Rezia nicht fern von ihnen ſey.
44.
Wo iſt ſie? wo? ruft Huͤon, mit entzuͤcken
Und ungeduld, auffahrend — hurtig! ſprich!
Wo ſahſt du ſie? — Geſehn? erwiedert Fatme, ich?
Das ſagt ich nicht; allein, ich laſſe mich zerſtuͤcken
Wenn's nicht Amanda iſt, die dieſen abend hier
Gelandet. Hoͤret nur, was, die minute, mir
Die Juͤdin Salome, die eben
Vom innern Harem kam, fuͤr ganz gewiß gegeben.
45. Kurz,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0260"/>
            <lg n="42">
              <head> <hi rendition="#c">42.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">E</hi>in &#x017F;anfter &#x017F;chlaf beginnt &#x017F;chon in der zweyten nacht</l><lb/>
              <l>Auf Hu&#x0364;ons &#x017F;tirne &#x017F;ich zu &#x017F;enken.</l><lb/>
              <l>Mit liebevoller treu gepfleget und bewacht,</l><lb/>
              <l>Und, reichlich angefri&#x017F;cht mit ku&#x0364;hlenden getra&#x0364;nken,</l><lb/>
              <l>Fu&#x0364;hlt er am vierten tag &#x017F;o gut &#x017F;ich herge&#x017F;tellt,</l><lb/>
              <l>Um &#x017F;ich, &#x017F;obald der mond die laue nacht erhellt,</l><lb/>
              <l>In einem ga&#x0364;rtnerwams, womit man ihn ver&#x017F;ehen,</l><lb/>
              <l>Mit Scherasmin im garten zu ergehen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="43">
              <head> <hi rendition="#c">43.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">S</hi>ie hatten in den ro&#x017F;enbu&#x0364;&#x017F;chen,</l><lb/>
              <l>Nah an der hu&#x0364;tte, noch nicht manchen gang gethan,</l><lb/>
              <l>So kommt die Amme (die, was neues aufzufi&#x017F;chen</l><lb/>
              <l>Sich oft dem Harem naht) mit einer zeitung an,</l><lb/>
              <l>Die kra&#x0364;ft'ger i&#x017F;t als irgend ein Laudan</l><lb/>
              <l>Des Kranken blut und nerven zu erfri&#x017F;chen;</l><lb/>
              <l>Es &#x017F;ey, ver&#x017F;ichert &#x017F;ie, beynahe zweifelfrey</l><lb/>
              <l>Daß Rezia nicht fern von ihnen &#x017F;ey.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="44">
              <head> <hi rendition="#c">44.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">W</hi>o i&#x017F;t &#x017F;ie? wo? ruft Hu&#x0364;on, mit entzu&#x0364;cken</l><lb/>
              <l>Und ungeduld, auffahrend &#x2014; hurtig! &#x017F;prich!</l><lb/>
              <l>Wo &#x017F;ah&#x017F;t du &#x017F;ie? &#x2014; Ge&#x017F;ehn? erwiedert Fatme, ich?</l><lb/>
              <l>Das &#x017F;agt ich nicht; allein, ich la&#x017F;&#x017F;e mich zer&#x017F;tu&#x0364;cken</l><lb/>
              <l>Wenn's nicht Amanda i&#x017F;t, die die&#x017F;en abend hier</l><lb/>
              <l>Gelandet. Ho&#x0364;ret nur, was, die minute, mir</l><lb/>
              <l>Die Ju&#x0364;din Salome, die eben</l><lb/>
              <l>Vom innern Harem kam, fu&#x0364;r ganz gewiß gegeben.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">45. Kurz,</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0260] 42. Ein ſanfter ſchlaf beginnt ſchon in der zweyten nacht Auf Huͤons ſtirne ſich zu ſenken. Mit liebevoller treu gepfleget und bewacht, Und, reichlich angefriſcht mit kuͤhlenden getraͤnken, Fuͤhlt er am vierten tag ſo gut ſich hergeſtellt, Um ſich, ſobald der mond die laue nacht erhellt, In einem gaͤrtnerwams, womit man ihn verſehen, Mit Scherasmin im garten zu ergehen. 43. Sie hatten in den roſenbuͤſchen, Nah an der huͤtte, noch nicht manchen gang gethan, So kommt die Amme (die, was neues aufzufiſchen Sich oft dem Harem naht) mit einer zeitung an, Die kraͤft'ger iſt als irgend ein Laudan Des Kranken blut und nerven zu erfriſchen; Es ſey, verſichert ſie, beynahe zweifelfrey Daß Rezia nicht fern von ihnen ſey. 44. Wo iſt ſie? wo? ruft Huͤon, mit entzuͤcken Und ungeduld, auffahrend — hurtig! ſprich! Wo ſahſt du ſie? — Geſehn? erwiedert Fatme, ich? Das ſagt ich nicht; allein, ich laſſe mich zerſtuͤcken Wenn's nicht Amanda iſt, die dieſen abend hier Gelandet. Hoͤret nur, was, die minute, mir Die Juͤdin Salome, die eben Vom innern Harem kam, fuͤr ganz gewiß gegeben. 45. Kurz,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/260
Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/260>, abgerufen am 22.12.2024.