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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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59.
Er schwöret ihn, aufs neue, in gedanken
Auf seinen knie'n vor diesem heil'gen bild:
Und plözlich ists als hielt ein Engel seinen schild
Vor seine brust, so matt und kraftlos sanken
Der Wollust pfeile von ihr ab.
Almansaris, die acht auf alles gab
Was ihr sein blik verrieth, klopft schnell in ihre hände,
Und macht in einem wink dem üpp'gen tanz ein ende.
60.
Und ob sie gleich mit müh kaum über sich gewann
Dem marmorharten jungen Mann
In ihren armen nicht empfindung abzuzwingen,
Versucht sie doch noch eins, das schwerlich fehlen kann;
Sie läßt sich ihre Laute bringen.
Auf ihrem polstersiz mit reiz zurükgelehnt,
Und, zum bezaubern fast, durch ihre glut verschönt,
Was wird ihr durch die gunst der Musen nicht gelingen?
61.
Wie rasch durchläuft in lieblichem gewühl
Der rosensinger flug die seelenvollen saiten!
Wie reizend ist dabey, aus ihrem offnen weiten
Rükfallenden gewand, der schönen arme spiel!
Und, da aus einer brust, die Weise zu bethören
Vermögend war, das mächtige gefühl
Sich in gesang ergießt, wie kann er sich erwehren
Auf seinen knie'n die Göttin zu verehren?
62. Süß
59.
Er ſchwoͤret ihn, aufs neue, in gedanken
Auf ſeinen knie'n vor dieſem heil'gen bild:
Und ploͤzlich iſts als hielt ein Engel ſeinen ſchild
Vor ſeine bruſt, ſo matt und kraftlos ſanken
Der Wolluſt pfeile von ihr ab.
Almanſaris, die acht auf alles gab
Was ihr ſein blik verrieth, klopft ſchnell in ihre haͤnde,
Und macht in einem wink dem uͤpp'gen tanz ein ende.
60.
Und ob ſie gleich mit muͤh kaum uͤber ſich gewann
Dem marmorharten jungen Mann
In ihren armen nicht empfindung abzuzwingen,
Verſucht ſie doch noch eins, das ſchwerlich fehlen kann;
Sie laͤßt ſich ihre Laute bringen.
Auf ihrem polſterſiz mit reiz zuruͤkgelehnt,
Und, zum bezaubern faſt, durch ihre glut verſchoͤnt,
Was wird ihr durch die gunſt der Muſen nicht gelingen?
61.
Wie raſch durchlaͤuft in lieblichem gewuͤhl
Der roſenſinger flug die ſeelenvollen ſaiten!
Wie reizend iſt dabey, aus ihrem offnen weiten
Ruͤkfallenden gewand, der ſchoͤnen arme ſpiel!
Und, da aus einer bruſt, die Weiſe zu bethoͤren
Vermoͤgend war, das maͤchtige gefuͤhl
Sich in geſang ergießt, wie kann er ſich erwehren
Auf ſeinen knie'n die Goͤttin zu verehren?
62. Suͤß
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[0284] 59. Er ſchwoͤret ihn, aufs neue, in gedanken Auf ſeinen knie'n vor dieſem heil'gen bild: Und ploͤzlich iſts als hielt ein Engel ſeinen ſchild Vor ſeine bruſt, ſo matt und kraftlos ſanken Der Wolluſt pfeile von ihr ab. Almanſaris, die acht auf alles gab Was ihr ſein blik verrieth, klopft ſchnell in ihre haͤnde, Und macht in einem wink dem uͤpp'gen tanz ein ende. 60. Und ob ſie gleich mit muͤh kaum uͤber ſich gewann Dem marmorharten jungen Mann In ihren armen nicht empfindung abzuzwingen, Verſucht ſie doch noch eins, das ſchwerlich fehlen kann; Sie laͤßt ſich ihre Laute bringen. Auf ihrem polſterſiz mit reiz zuruͤkgelehnt, Und, zum bezaubern faſt, durch ihre glut verſchoͤnt, Was wird ihr durch die gunſt der Muſen nicht gelingen? 61. Wie raſch durchlaͤuft in lieblichem gewuͤhl Der roſenſinger flug die ſeelenvollen ſaiten! Wie reizend iſt dabey, aus ihrem offnen weiten Ruͤkfallenden gewand, der ſchoͤnen arme ſpiel! Und, da aus einer bruſt, die Weiſe zu bethoͤren Vermoͤgend war, das maͤchtige gefuͤhl Sich in geſang ergießt, wie kann er ſich erwehren Auf ſeinen knie'n die Goͤttin zu verehren? 62. Suͤß

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/284>, abgerufen am 22.12.2024.