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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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57.
Ein edles paar in Eins verschmolzner Seelen,
Das treu der ersten Liebe blieb,
Entschlossen, eh den tod in flammen zu erwählen,
Als ungetreu zu seyn selbst einem Thron zu lieb!
Mit nassem blik, die herzen in der klemme,
Schaut alles volk gerührt zu ihnen auf,
Und doch besorgt, daß nicht den freyen lauf
Des trauerspiels vielleicht ein zufall hemme.
58.
Den Liebenden, wie sie gebunden stehn,
Ist zwar der trost versagt einander anzusehn;
Doch, über alles, was sie leiden
Und noch erwarten, triumfiert
Die reinste seligste der freuden,
Daß ihre Lieb' es ist, was sie hieher geführt.
Der tod, der ihre Treu mit ew'gem Lorbeer ziert,
Ist ihres herzens Wahl, sie konnten ihn vermeiden.
59.
Inzwischen siehet man mit fackeln in den händen
Zwölf Schwarze sich dem Opfer paarweis nahn.
Sie stellen sich herum, bereit es zu vollenden,
Sobald der Aga winkt. Er winkt. Sie zünden an.
Und straks erdonnerts laut, die Erde scheint zu beben,
Die Flam' erlischt, der strik, womit das treue Paar
Gebunden stand, fällt wie versängtes haar,
Und Hüon sieht -- das Horn an seinem halse schweben.
60. Im
57.
Ein edles paar in Eins verſchmolzner Seelen,
Das treu der erſten Liebe blieb,
Entſchloſſen, eh den tod in flammen zu erwaͤhlen,
Als ungetreu zu ſeyn ſelbſt einem Thron zu lieb!
Mit naſſem blik, die herzen in der klemme,
Schaut alles volk geruͤhrt zu ihnen auf,
Und doch beſorgt, daß nicht den freyen lauf
Des trauerſpiels vielleicht ein zufall hemme.
58.
Den Liebenden, wie ſie gebunden ſtehn,
Iſt zwar der troſt verſagt einander anzuſehn;
Doch, uͤber alles, was ſie leiden
Und noch erwarten, triumfiert
Die reinſte ſeligſte der freuden,
Daß ihre Lieb' es iſt, was ſie hieher gefuͤhrt.
Der tod, der ihre Treu mit ew'gem Lorbeer ziert,
Iſt ihres herzens Wahl, ſie konnten ihn vermeiden.
59.
Inzwiſchen ſiehet man mit fackeln in den haͤnden
Zwoͤlf Schwarze ſich dem Opfer paarweis nahn.
Sie ſtellen ſich herum, bereit es zu vollenden,
Sobald der Aga winkt. Er winkt. Sie zuͤnden an.
Und ſtraks erdonnerts laut, die Erde ſcheint zu beben,
Die Flam' erliſcht, der ſtrik, womit das treue Paar
Gebunden ſtand, faͤllt wie verſaͤngtes haar,
Und Huͤon ſieht — das Horn an ſeinem halſe ſchweben.
60. Im
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[0307] 57. Ein edles paar in Eins verſchmolzner Seelen, Das treu der erſten Liebe blieb, Entſchloſſen, eh den tod in flammen zu erwaͤhlen, Als ungetreu zu ſeyn ſelbſt einem Thron zu lieb! Mit naſſem blik, die herzen in der klemme, Schaut alles volk geruͤhrt zu ihnen auf, Und doch beſorgt, daß nicht den freyen lauf Des trauerſpiels vielleicht ein zufall hemme. 58. Den Liebenden, wie ſie gebunden ſtehn, Iſt zwar der troſt verſagt einander anzuſehn; Doch, uͤber alles, was ſie leiden Und noch erwarten, triumfiert Die reinſte ſeligſte der freuden, Daß ihre Lieb' es iſt, was ſie hieher gefuͤhrt. Der tod, der ihre Treu mit ew'gem Lorbeer ziert, Iſt ihres herzens Wahl, ſie konnten ihn vermeiden. 59. Inzwiſchen ſiehet man mit fackeln in den haͤnden Zwoͤlf Schwarze ſich dem Opfer paarweis nahn. Sie ſtellen ſich herum, bereit es zu vollenden, Sobald der Aga winkt. Er winkt. Sie zuͤnden an. Und ſtraks erdonnerts laut, die Erde ſcheint zu beben, Die Flam' erliſcht, der ſtrik, womit das treue Paar Gebunden ſtand, faͤllt wie verſaͤngtes haar, Und Huͤon ſieht — das Horn an ſeinem halſe ſchweben. 60. Im

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/307>, abgerufen am 22.12.2024.