Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite
48.
Demnach, so hatt' er, stracks als ihm die ohren sungen,
Mit seiner Ritterschaft zu pferde sich geschwungen,
Und kam in vollem trab, falls etwa die gefahr
Durch Hüons tapferkeit bereits vorüber war,
Die Schöne in empfang zu nehmen,
Dem fremden Ritter Gottes lohn
Zu wünschen, und -- ein wenig sich zu schämen
Denkt ihr -- allein, er war ein Prinz von Libanon.
49.
Herr Hüon, unverhoft des umwegs überhoben
Mit Angela zurück ins palmenthal zu gehn,
Läßt von den schönen Herr'n sich in die wette loben,
Und fühlt sich just dabey so gut als ob sie ihn
Gescholten hätten. Und nun, die wohlthat zu vollenden,
Wird, durch des ringes kraft, von unsichtbaren händen
Mit allem was den gaum ergötzt
Ein großer runder tisch in überfluß besetzt.
50.
Ah, ruft die schöne braut, ich hätt' es schier vergessen:
Herr Ritter, ehe wir zum essen
Uns setzen, geht und schließt mit eigner hand geschwind
Des Riesen Harem auf; denn funfzig jungfraun sind
Noch außer mir in diesem thurm verwahret;
Der schönste mädchenflor, ein wahres tulpenbett!
Er hatte sie für seinen Mahommed
Zu Opfern, denk ich, aufgesparet.
51. Der
48.
Demnach, ſo hatt' er, ſtracks als ihm die ohren ſungen,
Mit ſeiner Ritterſchaft zu pferde ſich geſchwungen,
Und kam in vollem trab, falls etwa die gefahr
Durch Huͤons tapferkeit bereits voruͤber war,
Die Schoͤne in empfang zu nehmen,
Dem fremden Ritter Gottes lohn
Zu wuͤnſchen, und — ein wenig ſich zu ſchaͤmen
Denkt ihr — allein, er war ein Prinz von Libanon.
49.
Herr Huͤon, unverhoft des umwegs uͤberhoben
Mit Angela zuruͤck ins palmenthal zu gehn,
Laͤßt von den ſchoͤnen Herr'n ſich in die wette loben,
Und fuͤhlt ſich juſt dabey ſo gut als ob ſie ihn
Geſcholten haͤtten. Und nun, die wohlthat zu vollenden,
Wird, durch des ringes kraft, von unſichtbaren haͤnden
Mit allem was den gaum ergoͤtzt
Ein großer runder tiſch in uͤberfluß beſetzt.
50.
Ah, ruft die ſchoͤne braut, ich haͤtt' es ſchier vergeſſen:
Herr Ritter, ehe wir zum eſſen
Uns ſetzen, geht und ſchließt mit eigner hand geſchwind
Des Rieſen Harem auf; denn funfzig jungfraun ſind
Noch außer mir in dieſem thurm verwahret;
Der ſchoͤnſte maͤdchenflor, ein wahres tulpenbett!
Er hatte ſie fuͤr ſeinen Mahommed
Zu Opfern, denk ich, aufgeſparet.
51. Der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0069"/>
            <lg n="48">
              <head> <hi rendition="#c">48.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">D</hi>emnach, &#x017F;o hatt' er, &#x017F;tracks als ihm die ohren &#x017F;ungen,</l><lb/>
              <l>Mit &#x017F;einer Ritter&#x017F;chaft zu pferde &#x017F;ich ge&#x017F;chwungen,</l><lb/>
              <l>Und kam in vollem trab, falls etwa die gefahr</l><lb/>
              <l>Durch Hu&#x0364;ons tapferkeit bereits voru&#x0364;ber war,</l><lb/>
              <l>Die Scho&#x0364;ne in empfang zu nehmen,</l><lb/>
              <l>Dem fremden Ritter Gottes lohn</l><lb/>
              <l>Zu wu&#x0364;n&#x017F;chen, und &#x2014; ein wenig &#x017F;ich zu &#x017F;cha&#x0364;men</l><lb/>
              <l>Denkt ihr &#x2014; allein, er war ein Prinz von Libanon.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="49">
              <head> <hi rendition="#c">49.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">H</hi>err Hu&#x0364;on, unverhoft des umwegs u&#x0364;berhoben</l><lb/>
              <l>Mit Angela zuru&#x0364;ck ins palmenthal zu gehn,</l><lb/>
              <l>La&#x0364;ßt von den &#x017F;cho&#x0364;nen Herr'n &#x017F;ich in die wette loben,</l><lb/>
              <l>Und fu&#x0364;hlt &#x017F;ich ju&#x017F;t dabey &#x017F;o gut als ob &#x017F;ie ihn</l><lb/>
              <l>Ge&#x017F;cholten ha&#x0364;tten. Und nun, die wohlthat zu vollenden,</l><lb/>
              <l>Wird, durch des ringes kraft, von un&#x017F;ichtbaren ha&#x0364;nden</l><lb/>
              <l>Mit allem was den gaum ergo&#x0364;tzt</l><lb/>
              <l>Ein großer runder ti&#x017F;ch in u&#x0364;berfluß be&#x017F;etzt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="50">
              <head> <hi rendition="#c">50.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">A</hi>h, ruft die &#x017F;cho&#x0364;ne braut, ich ha&#x0364;tt' es &#x017F;chier verge&#x017F;&#x017F;en:</l><lb/>
              <l>Herr Ritter, ehe wir zum e&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
              <l>Uns &#x017F;etzen, geht und &#x017F;chließt mit eigner hand ge&#x017F;chwind</l><lb/>
              <l>Des Rie&#x017F;en Harem auf; denn funfzig jungfraun &#x017F;ind</l><lb/>
              <l>Noch außer mir in die&#x017F;em thurm verwahret;</l><lb/>
              <l>Der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te ma&#x0364;dchenflor, ein wahres tulpenbett!</l><lb/>
              <l>Er hatte &#x017F;ie fu&#x0364;r &#x017F;einen Mahommed</l><lb/>
              <l>Zu Opfern, denk ich, aufge&#x017F;paret.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">51. Der</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0069] 48. Demnach, ſo hatt' er, ſtracks als ihm die ohren ſungen, Mit ſeiner Ritterſchaft zu pferde ſich geſchwungen, Und kam in vollem trab, falls etwa die gefahr Durch Huͤons tapferkeit bereits voruͤber war, Die Schoͤne in empfang zu nehmen, Dem fremden Ritter Gottes lohn Zu wuͤnſchen, und — ein wenig ſich zu ſchaͤmen Denkt ihr — allein, er war ein Prinz von Libanon. 49. Herr Huͤon, unverhoft des umwegs uͤberhoben Mit Angela zuruͤck ins palmenthal zu gehn, Laͤßt von den ſchoͤnen Herr'n ſich in die wette loben, Und fuͤhlt ſich juſt dabey ſo gut als ob ſie ihn Geſcholten haͤtten. Und nun, die wohlthat zu vollenden, Wird, durch des ringes kraft, von unſichtbaren haͤnden Mit allem was den gaum ergoͤtzt Ein großer runder tiſch in uͤberfluß beſetzt. 50. Ah, ruft die ſchoͤne braut, ich haͤtt' es ſchier vergeſſen: Herr Ritter, ehe wir zum eſſen Uns ſetzen, geht und ſchließt mit eigner hand geſchwind Des Rieſen Harem auf; denn funfzig jungfraun ſind Noch außer mir in dieſem thurm verwahret; Der ſchoͤnſte maͤdchenflor, ein wahres tulpenbett! Er hatte ſie fuͤr ſeinen Mahommed Zu Opfern, denk ich, aufgeſparet. 51. Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/69
Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/69>, abgerufen am 22.12.2024.