Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.
51. Der Harem thut sich auf, und zeigt, in vollem putzUnd buntem lieblichem gewimmel, Das wahre bild von Mahoms lust'gem Himmel. Herr Hüon läßt die Damen all' im schutz Der schönen herr'n, und ist schon weit davon geritten, Da hinter ihm noch alles lärmt und schnarrt, Die ehre seiner gegenwart Sich wenigstens zur tafel auszubitten. 52. Schon schlich, indem in grau das abendroth zerfloß,Der stille mond herauf am horizonte, Als Hüon, weil sein gaul nicht länger laufen konnte, An einem schönen platz zu ruhen sich entschloß. Er sieht sich auf der grünen erde Nach einem lager um, indessen für die pferde Sein Alter sorgt. Auf einmal steht, ganz nah, Ein prächtiges gezelt vor seinen augen da. 53. Ein reicher teppich liegt, so weit es sich verbreitet,Auf seinem boden ausgespreitet, Mit polstern ringsumher belegt, Die, wie beseelt von innerlichem leben, Bey jedem druck sanftblähend sich erheben. Ein tisch von jaspis, den ein goldner dreyfuß trägt, Steht mitten drinn, und, was dem essenslust'gen magen Zum Göttertisch ihn macht, das mahl ist aufgetragen. 54. Der
51. Der Harem thut ſich auf, und zeigt, in vollem putzUnd buntem lieblichem gewimmel, Das wahre bild von Mahoms luſt'gem Himmel. Herr Huͤon laͤßt die Damen all' im ſchutz Der ſchoͤnen herr'n, und iſt ſchon weit davon geritten, Da hinter ihm noch alles laͤrmt und ſchnarrt, Die ehre ſeiner gegenwart Sich wenigſtens zur tafel auszubitten. 52. Schon ſchlich, indem in grau das abendroth zerfloß,Der ſtille mond herauf am horizonte, Als Huͤon, weil ſein gaul nicht laͤnger laufen konnte, An einem ſchoͤnen platz zu ruhen ſich entſchloß. Er ſieht ſich auf der gruͤnen erde Nach einem lager um, indeſſen fuͤr die pferde Sein Alter ſorgt. Auf einmal ſteht, ganz nah, Ein praͤchtiges gezelt vor ſeinen augen da. 53. Ein reicher teppich liegt, ſo weit es ſich verbreitet,Auf ſeinem boden ausgeſpreitet, Mit polſtern ringsumher belegt, Die, wie beſeelt von innerlichem leben, Bey jedem druck ſanftblaͤhend ſich erheben. Ein tiſch von jaſpis, den ein goldner dreyfuß traͤgt, Steht mitten drinn, und, was dem eſſensluſt'gen magen Zum Goͤttertiſch ihn macht, das mahl iſt aufgetragen. 54. Der
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0070"/> <lg n="51"> <head> <hi rendition="#c">51.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">D</hi>er Harem thut ſich auf, und zeigt, in vollem putz</l><lb/> <l>Und buntem lieblichem gewimmel,</l><lb/> <l>Das wahre bild von Mahoms luſt'gem Himmel.</l><lb/> <l>Herr Huͤon laͤßt die Damen all' im ſchutz</l><lb/> <l>Der ſchoͤnen herr'n, und iſt ſchon weit davon geritten,</l><lb/> <l>Da hinter ihm noch alles laͤrmt und ſchnarrt,</l><lb/> <l>Die ehre ſeiner gegenwart</l><lb/> <l>Sich wenigſtens zur tafel auszubitten.</l> </lg><lb/> <lg n="52"> <head> <hi rendition="#c">52.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">S</hi>chon ſchlich, indem in grau das abendroth zerfloß,</l><lb/> <l>Der ſtille mond herauf am horizonte,</l><lb/> <l>Als Huͤon, weil ſein gaul nicht laͤnger laufen konnte,</l><lb/> <l>An einem ſchoͤnen platz zu ruhen ſich entſchloß.</l><lb/> <l>Er ſieht ſich auf der gruͤnen erde</l><lb/> <l>Nach einem lager um, indeſſen fuͤr die pferde</l><lb/> <l>Sein Alter ſorgt. Auf einmal ſteht, ganz nah,</l><lb/> <l>Ein praͤchtiges gezelt vor ſeinen augen da.</l> </lg><lb/> <lg n="53"> <head> <hi rendition="#c">53.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">E</hi>in reicher teppich liegt, ſo weit es ſich verbreitet,</l><lb/> <l>Auf ſeinem boden ausgeſpreitet,</l><lb/> <l>Mit polſtern ringsumher belegt,</l><lb/> <l>Die, wie beſeelt von innerlichem leben,</l><lb/> <l>Bey jedem druck ſanftblaͤhend ſich erheben.</l><lb/> <l>Ein tiſch von jaſpis, den ein goldner dreyfuß traͤgt,</l><lb/> <l>Steht mitten drinn, und, was dem eſſensluſt'gen magen</l><lb/> <l>Zum Goͤttertiſch ihn macht, das mahl iſt aufgetragen.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">54. Der</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0070]
51.
Der Harem thut ſich auf, und zeigt, in vollem putz
Und buntem lieblichem gewimmel,
Das wahre bild von Mahoms luſt'gem Himmel.
Herr Huͤon laͤßt die Damen all' im ſchutz
Der ſchoͤnen herr'n, und iſt ſchon weit davon geritten,
Da hinter ihm noch alles laͤrmt und ſchnarrt,
Die ehre ſeiner gegenwart
Sich wenigſtens zur tafel auszubitten.
52.
Schon ſchlich, indem in grau das abendroth zerfloß,
Der ſtille mond herauf am horizonte,
Als Huͤon, weil ſein gaul nicht laͤnger laufen konnte,
An einem ſchoͤnen platz zu ruhen ſich entſchloß.
Er ſieht ſich auf der gruͤnen erde
Nach einem lager um, indeſſen fuͤr die pferde
Sein Alter ſorgt. Auf einmal ſteht, ganz nah,
Ein praͤchtiges gezelt vor ſeinen augen da.
53.
Ein reicher teppich liegt, ſo weit es ſich verbreitet,
Auf ſeinem boden ausgeſpreitet,
Mit polſtern ringsumher belegt,
Die, wie beſeelt von innerlichem leben,
Bey jedem druck ſanftblaͤhend ſich erheben.
Ein tiſch von jaſpis, den ein goldner dreyfuß traͤgt,
Steht mitten drinn, und, was dem eſſensluſt'gen magen
Zum Goͤttertiſch ihn macht, das mahl iſt aufgetragen.
54. Der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/70 |
| Zitationshilfe: | Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/70>, abgerufen am 22.12.2024. |
