ein Däumling. Nun kam einmal der König Wischwamitra zu jenem Weisen, weil er die Kuh besaß, die der König zu erhalten wünschte; zum Preise bietet er erst 100,000 Kühe, dann 14,000 Elephanten mit Sätteln und Zeug von purem Gold und außerdem 100 goldene Wagen, jeden von vier weißen Rossen gezogen. Aber umsonst. Er nimmt sie also mit Gewalt. Durch Brahma's Hülfe erhält der Weise eine Armee von hundert andern Königen und diese zerstören die Armee des Königs Wischwamitra; und Wischwamitra geht verzweiflungsvoll in eine Wildniß. So groß ist die Macht des Brahma.
Allein in der Wildniß übernimmt der Flüchtige die strengsten Uebungen, um Shivas oder Maha¬ devas, des bösen Geistes, Geist und Unterstützung zu erlangen; er steht auf den Spitzen seiner gro¬ ßen Zeh, mit aufgehobenen Händen, wie eine Schlange von Luft gefüttert -- hundert Jahre lang. Der Gott gewährt dem Könige die von ihm verlangte Kunst des Bogens in ihrem ganzen zerstörenden Umfang. Er gebraucht sie, um an dem betenden Brahminen Wuschista Rache zu nehmen, er verbrennt und verwüstet den Wald, den Schauplatz der Devotion desselben, so daß die Weisen, Thiere, Vögel zu Tausenden davonfliehen. Aber Wischnu's Bogen, vor dem sonst die Götter
ein Daͤumling. Nun kam einmal der Koͤnig Wiſchwamitra zu jenem Weiſen, weil er die Kuh beſaß, die der Koͤnig zu erhalten wuͤnſchte; zum Preiſe bietet er erſt 100,000 Kuͤhe, dann 14,000 Elephanten mit Saͤtteln und Zeug von purem Gold und außerdem 100 goldene Wagen, jeden von vier weißen Roſſen gezogen. Aber umſonſt. Er nimmt ſie alſo mit Gewalt. Durch Brahma's Huͤlfe erhaͤlt der Weiſe eine Armee von hundert andern Koͤnigen und dieſe zerſtoͤren die Armee des Koͤnigs Wiſchwamitra; und Wiſchwamitra geht verzweiflungsvoll in eine Wildniß. So groß iſt die Macht des Brahma.
Allein in der Wildniß uͤbernimmt der Fluͤchtige die ſtrengſten Uebungen, um Shivas oder Maha¬ devas, des boͤſen Geiſtes, Geiſt und Unterſtuͤtzung zu erlangen; er ſteht auf den Spitzen ſeiner gro¬ ßen Zeh, mit aufgehobenen Haͤnden, wie eine Schlange von Luft gefuͤttert — hundert Jahre lang. Der Gott gewaͤhrt dem Koͤnige die von ihm verlangte Kunſt des Bogens in ihrem ganzen zerſtoͤrenden Umfang. Er gebraucht ſie, um an dem betenden Brahminen Wuſchiſta Rache zu nehmen, er verbrennt und verwuͤſtet den Wald, den Schauplatz der Devotion deſſelben, ſo daß die Weiſen, Thiere, Voͤgel zu Tauſenden davonfliehen. Aber Wiſchnu's Bogen, vor dem ſonſt die Goͤtter
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ein Daͤumling. Nun kam einmal der Koͤnig
Wiſchwamitra zu jenem Weiſen, weil er die Kuh
beſaß, die der Koͤnig zu erhalten wuͤnſchte; zum
Preiſe bietet er erſt 100,000 Kuͤhe, dann 14,000
Elephanten mit Saͤtteln und Zeug von purem
Gold und außerdem 100 goldene Wagen, jeden
von vier weißen Roſſen gezogen. Aber umſonſt.
Er nimmt ſie alſo mit Gewalt. Durch Brahma's
Huͤlfe erhaͤlt der Weiſe eine Armee von hundert
andern Koͤnigen und dieſe zerſtoͤren die Armee des
Koͤnigs Wiſchwamitra; und Wiſchwamitra geht
verzweiflungsvoll in eine Wildniß. So groß iſt
die Macht des Brahma.
Allein in der Wildniß uͤbernimmt der Fluͤchtige
die ſtrengſten Uebungen, um Shivas oder Maha¬
devas, des boͤſen Geiſtes, Geiſt und Unterſtuͤtzung
zu erlangen; er ſteht auf den Spitzen ſeiner gro¬
ßen Zeh, mit aufgehobenen Haͤnden, wie eine
Schlange von Luft gefuͤttert — hundert Jahre
lang. Der Gott gewaͤhrt dem Koͤnige die von
ihm verlangte Kunſt des Bogens in ihrem ganzen
zerſtoͤrenden Umfang. Er gebraucht ſie, um an
dem betenden Brahminen Wuſchiſta Rache zu
nehmen, er verbrennt und verwuͤſtet den Wald,
den Schauplatz der Devotion deſſelben, ſo daß die
Weiſen, Thiere, Voͤgel zu Tauſenden davonfliehen.
Aber Wiſchnu's Bogen, vor dem ſonſt die Goͤtter
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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/109>, abgerufen am 21.11.2024.
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