mit der Richtung ihres Geistes übereinstimmte und einen thatsächlichen Charakter trug; Männer der That hat kein Volk in so großer Zahl und so ununterbrochener Reihe aufzuweisen. Positiv und praktisch war die Weltanschauung der Römer, im graden Gegensatz zur indischen, die sich in sich zu¬ rückzog, während die griechische sich in der Har¬ monie des Geistigen und Leiblichen schwebend er¬ hielt, daher denn auch mit Recht Virgilius den Römern zurief:
Tu regere imperio populos, Romane, memento Hae tibi erunt artes.
Der Zuruf kam freilich zu spät, die Römer hat¬ ten Künste und Wissenschaften bekommen, aber ihre Kraft war gebrochen und der Koloß ihrer Herrschaft ging in Fäulniß und Gährung über.
Das nun hervortretende Christenthum, das sich nicht als Volks-, sondern als Völkerreligion geltend zu machen suchte, wurzelte allerdings im Judenthum und in den Ideen des Orients, ward aber von einem durchaus neuen und eigenthüm¬ lichen Geiste beseelt, wie es auch andrerseits von den heidnischen Religionen des Occidents sich we¬ sentlich unterschied und unter den jüngeren Gene¬ rationen, welche sich auf dem Ruin der alten occi¬ dentalischen Welt anbauten, eine von allen bishe¬ rigen Erfahrungen verschiedene Anschauungsweise
mit der Richtung ihres Geiſtes uͤbereinſtimmte und einen thatſaͤchlichen Charakter trug; Maͤnner der That hat kein Volk in ſo großer Zahl und ſo ununterbrochener Reihe aufzuweiſen. Poſitiv und praktiſch war die Weltanſchauung der Roͤmer, im graden Gegenſatz zur indiſchen, die ſich in ſich zu¬ ruͤckzog, waͤhrend die griechiſche ſich in der Har¬ monie des Geiſtigen und Leiblichen ſchwebend er¬ hielt, daher denn auch mit Recht Virgilius den Roͤmern zurief:
Tu regere imperio populos, Romane, memento Hae tibi erunt artes.
Der Zuruf kam freilich zu ſpaͤt, die Roͤmer hat¬ ten Kuͤnſte und Wiſſenſchaften bekommen, aber ihre Kraft war gebrochen und der Koloß ihrer Herrſchaft ging in Faͤulniß und Gaͤhrung uͤber.
Das nun hervortretende Chriſtenthum, das ſich nicht als Volks-, ſondern als Voͤlkerreligion geltend zu machen ſuchte, wurzelte allerdings im Judenthum und in den Ideen des Orients, ward aber von einem durchaus neuen und eigenthuͤm¬ lichen Geiſte beſeelt, wie es auch andrerſeits von den heidniſchen Religionen des Occidents ſich we¬ ſentlich unterſchied und unter den juͤngeren Gene¬ rationen, welche ſich auf dem Ruin der alten occi¬ dentaliſchen Welt anbauten, eine von allen bishe¬ rigen Erfahrungen verſchiedene Anſchauungsweiſe
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mit der Richtung ihres Geiſtes uͤbereinſtimmte und
einen thatſaͤchlichen Charakter trug; Maͤnner der
That hat kein Volk in ſo großer Zahl und ſo
ununterbrochener Reihe aufzuweiſen. Poſitiv und
praktiſch war die Weltanſchauung der Roͤmer, im
graden Gegenſatz zur indiſchen, die ſich in ſich zu¬
ruͤckzog, waͤhrend die griechiſche ſich in der Har¬
monie des Geiſtigen und Leiblichen ſchwebend er¬
hielt, daher denn auch mit Recht Virgilius den
Roͤmern zurief:
Tu regere imperio populos, Romane, memento
Hae tibi erunt artes.
Der Zuruf kam freilich zu ſpaͤt, die Roͤmer hat¬
ten Kuͤnſte und Wiſſenſchaften bekommen, aber
ihre Kraft war gebrochen und der Koloß ihrer
Herrſchaft ging in Faͤulniß und Gaͤhrung uͤber.
Das nun hervortretende Chriſtenthum, das
ſich nicht als Volks-, ſondern als Voͤlkerreligion
geltend zu machen ſuchte, wurzelte allerdings im
Judenthum und in den Ideen des Orients, ward
aber von einem durchaus neuen und eigenthuͤm¬
lichen Geiſte beſeelt, wie es auch andrerſeits von
den heidniſchen Religionen des Occidents ſich we¬
ſentlich unterſchied und unter den juͤngeren Gene¬
rationen, welche ſich auf dem Ruin der alten occi¬
dentaliſchen Welt anbauten, eine von allen bishe¬
rigen Erfahrungen verſchiedene Anſchauungsweiſe
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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/123>, abgerufen am 16.07.2024.
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