und etwanige Gewissensskrupel, die sich dieserhalb regen möchten, zu beseitigen.
Gingen wir nun von der Ansicht aus, daß eine allgemeine Kunstlehre eben ein solches Ding und Unding sei, als eine allgemeine Moral, so wollten wir doch damit keineswegs den allgemei¬ nen Theil einer Moral und Kunstlehre negiren, vielmehr hätte ich schon in frühern Stunden bei der ideellen Konstruktion einer künftigen Aesthetik, dieses allgemeinen Theils, als eines solchen Er¬ wähnung thun sollen, der die Aufzählung der ästhe¬ tischen Elemente, die aller Moral und Kunst zu Grunde liegen, mit möglichst größter Vollständig¬ keit enthalten müßte. Dagegen verlangt jede ein¬ zelne Kunstlehre, gehöre sie der Poesie oder Prosa, der Malerei oder Bildhauerei an, daß sie vom besondern Standpunkt der Zeit und des Volkes aufgefaßt und dargestellt werde. Ein Anderes hieße, in den Tag hineinzureden und einen bun¬ ten Kolibri in einem Netz mit meilenweiten Ma¬ schen fangen zu wollen.
Es bleibt mir nun immer noch übrig, ehe ich für diese Vorlesungen den angekündigten Weg ein¬ schlage, im Allgemeinen der Art und Weise zu gedenken, wie nach Goethe's Ausdruck das glück¬ lichste Ergebniß einer kunstreichen Behandlung des
und etwanige Gewiſſensſkrupel, die ſich dieſerhalb regen moͤchten, zu beſeitigen.
Gingen wir nun von der Anſicht aus, daß eine allgemeine Kunſtlehre eben ein ſolches Ding und Unding ſei, als eine allgemeine Moral, ſo wollten wir doch damit keineswegs den allgemei¬ nen Theil einer Moral und Kunſtlehre negiren, vielmehr haͤtte ich ſchon in fruͤhern Stunden bei der ideellen Konſtruktion einer kuͤnftigen Aeſthetik, dieſes allgemeinen Theils, als eines ſolchen Er¬ waͤhnung thun ſollen, der die Aufzaͤhlung der aͤſthe¬ tiſchen Elemente, die aller Moral und Kunſt zu Grunde liegen, mit moͤglichſt groͤßter Vollſtaͤndig¬ keit enthalten muͤßte. Dagegen verlangt jede ein¬ zelne Kunſtlehre, gehoͤre ſie der Poeſie oder Proſa, der Malerei oder Bildhauerei an, daß ſie vom beſondern Standpunkt der Zeit und des Volkes aufgefaßt und dargeſtellt werde. Ein Anderes hieße, in den Tag hineinzureden und einen bun¬ ten Kolibri in einem Netz mit meilenweiten Ma¬ ſchen fangen zu wollen.
Es bleibt mir nun immer noch uͤbrig, ehe ich fuͤr dieſe Vorleſungen den angekuͤndigten Weg ein¬ ſchlage, im Allgemeinen der Art und Weiſe zu gedenken, wie nach Goethe's Ausdruck das gluͤck¬ lichſte Ergebniß einer kunſtreichen Behandlung des
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und etwanige Gewiſſensſkrupel, die ſich dieſerhalb
regen moͤchten, zu beſeitigen.
Gingen wir nun von der Anſicht aus, daß
eine allgemeine Kunſtlehre eben ein ſolches Ding
und Unding ſei, als eine allgemeine Moral, ſo
wollten wir doch damit keineswegs den allgemei¬
nen Theil einer Moral und Kunſtlehre negiren,
vielmehr haͤtte ich ſchon in fruͤhern Stunden bei
der ideellen Konſtruktion einer kuͤnftigen Aeſthetik,
dieſes allgemeinen Theils, als eines ſolchen Er¬
waͤhnung thun ſollen, der die Aufzaͤhlung der aͤſthe¬
tiſchen Elemente, die aller Moral und Kunſt zu
Grunde liegen, mit moͤglichſt groͤßter Vollſtaͤndig¬
keit enthalten muͤßte. Dagegen verlangt jede ein¬
zelne Kunſtlehre, gehoͤre ſie der Poeſie oder Proſa,
der Malerei oder Bildhauerei an, daß ſie vom
beſondern Standpunkt der Zeit und des Volkes
aufgefaßt und dargeſtellt werde. Ein Anderes
hieße, in den Tag hineinzureden und einen bun¬
ten Kolibri in einem Netz mit meilenweiten Ma¬
ſchen fangen zu wollen.
Es bleibt mir nun immer noch uͤbrig, ehe ich
fuͤr dieſe Vorleſungen den angekuͤndigten Weg ein¬
ſchlage, im Allgemeinen der Art und Weiſe zu
gedenken, wie nach Goethe's Ausdruck das gluͤck¬
lichſte Ergebniß einer kunſtreichen Behandlung des
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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/199>, abgerufen am 21.11.2024.
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