Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834.setzung uns Rückert sein neuestes Geschenk ge¬ Ich fühle, daß der Geist des Herrn, Der redet in verschiednen Zungen, Hat Völker, Zeiten nah und fern Durchhaucht, durchleuchtet und durchsungen, Ob etwas herber oder reifer, Ob etwas reicher oder steifer -- Ihr seid Gewächs aus einem Kern Für meinen Liebeseifer. Nicht ist der Liebe Morgenroth Von China's Mauer ausgeschlossen, Auch dort liebt Liebe bis in Tod Und treu bleibt Liebe, auch verstoßen. ſetzung uns Ruͤckert ſein neueſtes Geſchenk ge¬ Ich fuͤhle, daß der Geiſt des Herrn, Der redet in verſchiednen Zungen, Hat Voͤlker, Zeiten nah und fern Durchhaucht, durchleuchtet und durchſungen, Ob etwas herber oder reifer, Ob etwas reicher oder ſteifer — Ihr ſeid Gewaͤchs aus einem Kern Fuͤr meinen Liebeseifer. Nicht iſt der Liebe Morgenroth Von China's Mauer ausgeſchloſſen, Auch dort liebt Liebe bis in Tod Und treu bleibt Liebe, auch verſtoßen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p xml:id="p-0244" next="p-0248a"><pb facs="#f0247" n="233"/> ſetzung uns Ruͤckert ſein neueſtes Geſchenk ge¬<lb/> macht hat, und Sie werden hinter dieſer wunder¬<lb/> ſam geſchnoͤrkelten, ſteifen Schale des ſo ganz<lb/> eigenthuͤmlichen Volks den Kern des Reinmenſch¬<lb/> lichen bewahrt ſehen. In die Poeſie fluͤchtet ſich<lb/> das mißhandelte Herz, hier und hier allein war<lb/> es vom Prieſterzwange frei, der ſonſt das ganze<lb/> Leben und ſelbſt den Gedanken des Volkes be¬<lb/> herrſchte. Und darum hat der herrliche Ruͤckert<lb/> Recht, wenn er in der poetiſchen Einleitung<lb/> ſagt:</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ich fuͤhle, daß der Geiſt des Herrn,</l><lb/> <l>Der redet in verſchiednen Zungen,</l><lb/> <l>Hat Voͤlker, Zeiten nah und fern</l><lb/> <l>Durchhaucht, durchleuchtet und durchſungen,</l><lb/> <l>Ob etwas herber oder reifer,</l><lb/> <l>Ob etwas reicher oder ſteifer —</l><lb/> <l>Ihr ſeid Gewaͤchs aus einem Kern</l><lb/> <l>Fuͤr meinen Liebeseifer.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Nicht iſt der Liebe Morgenroth</l><lb/> <l>Von China's Mauer ausgeſchloſſen,</l><lb/> <l>Auch dort liebt Liebe bis in Tod</l><lb/> <l>Und treu bleibt Liebe, auch verſtoßen.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [233/0247]
ſetzung uns Ruͤckert ſein neueſtes Geſchenk ge¬
macht hat, und Sie werden hinter dieſer wunder¬
ſam geſchnoͤrkelten, ſteifen Schale des ſo ganz
eigenthuͤmlichen Volks den Kern des Reinmenſch¬
lichen bewahrt ſehen. In die Poeſie fluͤchtet ſich
das mißhandelte Herz, hier und hier allein war
es vom Prieſterzwange frei, der ſonſt das ganze
Leben und ſelbſt den Gedanken des Volkes be¬
herrſchte. Und darum hat der herrliche Ruͤckert
Recht, wenn er in der poetiſchen Einleitung
ſagt:
Ich fuͤhle, daß der Geiſt des Herrn,
Der redet in verſchiednen Zungen,
Hat Voͤlker, Zeiten nah und fern
Durchhaucht, durchleuchtet und durchſungen,
Ob etwas herber oder reifer,
Ob etwas reicher oder ſteifer —
Ihr ſeid Gewaͤchs aus einem Kern
Fuͤr meinen Liebeseifer.
Nicht iſt der Liebe Morgenroth
Von China's Mauer ausgeſchloſſen,
Auch dort liebt Liebe bis in Tod
Und treu bleibt Liebe, auch verſtoßen.
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