die Seite gestellt zu werden, so ist dieses die Epoche des deutschen Mittelalters.
Von sonstiger Vergleichung zwischen beiden kann allerdings nicht die Rede sein, jede ist zu eigenthümlich ausgeprägt und kann daher nur aus sich selbst begriffen und mit sich selbst verglichen werden. Man hat die Kunst und Poesie des Mittelalters mit dem Namen der romantischen, die Kunst und Poesie der Alten mit dem Namen der klas¬ sischen getauft, welcher Name und Gegensatz von einer deutschen Dichterschule, Tieck und den bei¬ den Schlegeln, die man selbst zur neuromantischen Klasse zählte, ausging, in Deutschland viel Streit und Gerede machte und seit einem Dezennium auch in Frankreich und Italien die größten Spal¬ tungen erregte, indem die jungen französischen und italienischen Dichter sich zu den deutschen Roman¬ tikern schlugen, und im Gegensatze zu den Nach¬ ahmern des altklassischen Stils sich mehr der brit¬ tischen und deutschen Phantasiefülle und Regello¬ sigkeit hingaben, worin sie hauptsächlich das We¬ sen der Romantik erblickten. Ueberhaupt hat man viel Mißbrauch mit beiderlei Namen getrieben, und man ist sich noch jetzt, weder in Deutschland, noch bei unsern Nachbarn selten klar, worin denn eigentlich das unterschiedliche Wesen der einen und
die Seite geſtellt zu werden, ſo iſt dieſes die Epoche des deutſchen Mittelalters.
Von ſonſtiger Vergleichung zwiſchen beiden kann allerdings nicht die Rede ſein, jede iſt zu eigenthuͤmlich ausgepraͤgt und kann daher nur aus ſich ſelbſt begriffen und mit ſich ſelbſt verglichen werden. Man hat die Kunſt und Poeſie des Mittelalters mit dem Namen der romantiſchen, die Kunſt und Poeſie der Alten mit dem Namen der klaſ¬ ſiſchen getauft, welcher Name und Gegenſatz von einer deutſchen Dichterſchule, Tieck und den bei¬ den Schlegeln, die man ſelbſt zur neuromantiſchen Klaſſe zaͤhlte, ausging, in Deutſchland viel Streit und Gerede machte und ſeit einem Dezennium auch in Frankreich und Italien die groͤßten Spal¬ tungen erregte, indem die jungen franzoͤſiſchen und italieniſchen Dichter ſich zu den deutſchen Roman¬ tikern ſchlugen, und im Gegenſatze zu den Nach¬ ahmern des altklaſſiſchen Stils ſich mehr der brit¬ tiſchen und deutſchen Phantaſiefuͤlle und Regello¬ ſigkeit hingaben, worin ſie hauptſaͤchlich das We¬ ſen der Romantik erblickten. Ueberhaupt hat man viel Mißbrauch mit beiderlei Namen getrieben, und man iſt ſich noch jetzt, weder in Deutſchland, noch bei unſern Nachbarn ſelten klar, worin denn eigentlich das unterſchiedliche Weſen der einen und
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die Seite geſtellt zu werden, ſo iſt dieſes die Epoche
des deutſchen Mittelalters.
Von ſonſtiger Vergleichung zwiſchen beiden
kann allerdings nicht die Rede ſein, jede iſt zu
eigenthuͤmlich ausgepraͤgt und kann daher nur aus
ſich ſelbſt begriffen und mit ſich ſelbſt verglichen
werden. Man hat die Kunſt und Poeſie des
Mittelalters mit dem Namen der romantiſchen, die
Kunſt und Poeſie der Alten mit dem Namen der klaſ¬
ſiſchen getauft, welcher Name und Gegenſatz von
einer deutſchen Dichterſchule, Tieck und den bei¬
den Schlegeln, die man ſelbſt zur neuromantiſchen
Klaſſe zaͤhlte, ausging, in Deutſchland viel Streit
und Gerede machte und ſeit einem Dezennium
auch in Frankreich und Italien die groͤßten Spal¬
tungen erregte, indem die jungen franzoͤſiſchen und
italieniſchen Dichter ſich zu den deutſchen Roman¬
tikern ſchlugen, und im Gegenſatze zu den Nach¬
ahmern des altklaſſiſchen Stils ſich mehr der brit¬
tiſchen und deutſchen Phantaſiefuͤlle und Regello¬
ſigkeit hingaben, worin ſie hauptſaͤchlich das We¬
ſen der Romantik erblickten. Ueberhaupt hat man
viel Mißbrauch mit beiderlei Namen getrieben, und
man iſt ſich noch jetzt, weder in Deutſchland,
noch bei unſern Nachbarn ſelten klar, worin denn
eigentlich das unterſchiedliche Weſen der einen und
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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/37>, abgerufen am 21.11.2024.
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