Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893.Die Peisistratiden. Argous Timonassan folgt, ist kein widerspruch.19 a) denn rechtlich warendie söhne nothoi, wie auch Herodotos einen von ihnen nennt. Peisi- stratos hat sogar neben der Timonassa die tochter des Megakles20) ge- heiratet. es ergibt sich das daraus, dass in der schlacht bei Pallene (541) ein sohn der Timonassa ein hilfscorps aus Argos holt. das beweist erstens, dass dieser sohn geboren war, ehe der vater zur dritten ehe schritt, wie ja die gewährsmänner des Aristoteles nur schwanken, ob Timonassa während der ersten tyrannis oder der ersten verbannung des Peisistratos geheiratet ward, jedenfalls 560--57. andererseits war es zu keinem bruche mit den ver- wandten in Argos gekommen, also ist auch keine scheidung von Timo- nassa erfolgt. im gegenteil. die abneigung des Peisistratos gegen die aufgenötigte ehe mit einer Athenerin, vollends gegen die erzeugung weiterer ehelicher söhne, erscheint durch die ehe zur linken hand mit Timonassa trefflich motivirt. sehr wol verstanden hat das wer auch immer den Peisistratos seine ehe mit Timonassa gegenüber den bereits herangewachsenen söhnen Hippias und Hipparchos motiviren lässt "er wünsche solche söhne für sich und solche bürger für sein vaterland mehr zu haben" (Plut. Cat. mai. 24), denn er wollte zu der herodoteischen geschichte, der abneigung gegen mehr söhne, ein pendant liefern, da er wusste, dass es mehr gegeben hatte, und er kannte genau die zahl und 19 a) Mittlerweile hat Kaibel evident epegemen verbessert; doch das geht nur den stil an. 20) Den namen Koisyra für diese frau hat Töpffer (Att. geneal. 243) mit recht
bezweifelt: er hätte ihn beseitigen sollen. koisureisthai to mega phronein Eretrieis schol. Ar. Wolk. 46. 48, kekoisuromene empeplegmene Hesych. koisuroutai kosmeitai Theognost bei Cramer An. Ox. II 21, Suid. Koisura (das andere dort aus dem Aristophanesscholion). weil die vocabel eretrisch ist, heisst das weib, das Aristo- phanes egkekoisuromene, d. h. unanständig geputzt, nennt, eine Eretrierin, und weil der dichter den bauern eine hochadliche dame nehmen lässt, und diese deshalb Me- gakleous tou Megakleous nennt, kommt sie in das Alkmeonidengeschlecht, als frau oder mutter eines Megakles; ist sie die mutter des ersten, so ist ihr mann dessen vater Alkmeon. das ist alles nichtig. wenn Aristoteles in den Acharnern (614) einen lüderlichen Athener o Koisuras nennt, so ist die deutung desselben auf Megakles, den man nach Wolk. 46 allenfalls als sohn der Koisyra sich erträumen kann, für den scholiasten gegeben, der vorher die Wolken erklärt hat, aber wahrhaftig nicht für Aristophanes, der an die Wolken noch gar nicht denkt. allerdings scheint er in den Acharnern einen bestimmten menschen mit dem 'sohne der Aufgedonnerten' zu meinen: den kennen wir nicht. als er die Wolken schrieb, lebte wirklich ein Megakles Megakleous tou Ippokratous tou Megakleous Alopekethen, er war auch ein reicher mann (schreiber der schatzmeister Athenas ClA I 122 u. ö.), aber dass Aristophanes auch nur mit dem 'onkel Megakles' (Wolk. 124. 814) ihn gemeint hätte, ist nicht im mindesten wahrscheinlich. Die Peisistratiden. Ἄϱγους Τιμώνασσαν folgt, ist kein widerspruch.19 a) denn rechtlich warendie söhne νόϑοι, wie auch Herodotos einen von ihnen nennt. Peisi- stratos hat sogar neben der Timonassa die tochter des Megakles20) ge- heiratet. es ergibt sich das daraus, daſs in der schlacht bei Pallene (541) ein sohn der Timonassa ein hilfscorps aus Argos holt. das beweist erstens, daſs dieser sohn geboren war, ehe der vater zur dritten ehe schritt, wie ja die gewährsmänner des Aristoteles nur schwanken, ob Timonassa während der ersten tyrannis oder der ersten verbannung des Peisistratos geheiratet ward, jedenfalls 560—57. andererseits war es zu keinem bruche mit den ver- wandten in Argos gekommen, also ist auch keine scheidung von Timo- nassa erfolgt. im gegenteil. die abneigung des Peisistratos gegen die aufgenötigte ehe mit einer Athenerin, vollends gegen die erzeugung weiterer ehelicher söhne, erscheint durch die ehe zur linken hand mit Timonassa trefflich motivirt. sehr wol verstanden hat das wer auch immer den Peisistratos seine ehe mit Timonassa gegenüber den bereits herangewachsenen söhnen Hippias und Hipparchos motiviren läſst “er wünsche solche söhne für sich und solche bürger für sein vaterland mehr zu haben” (Plut. Cat. mai. 24), denn er wollte zu der herodoteischen geschichte, der abneigung gegen mehr söhne, ein pendant liefern, da er wuſste, daſs es mehr gegeben hatte, und er kannte genau die zahl und 19 a) Mittlerweile hat Kaibel evident ἐπέγημεν verbessert; doch das geht nur den stil an. 20) Den namen Koisyra für diese frau hat Töpffer (Att. geneal. 243) mit recht
bezweifelt: er hätte ihn beseitigen sollen. κοισυϱεῖσϑαι τὸ μέγα φϱονεῖν Ἐϱετϱιεῖς schol. Ar. Wolk. 46. 48, κεκοισυϱωμένη ἐμπεπλεγμένη Hesych. κοισυϱοῦται κοσμεῖται Theognost bei Cramer An. Ox. II 21, Suid. Κοισύϱα (das andere dort aus dem Aristophanesscholion). weil die vocabel eretrisch ist, heiſst das weib, das Aristo- phanes ἐγκεκοισυϱωμένη, d. h. unanständig geputzt, nennt, eine Eretrierin, und weil der dichter den bauern eine hochadliche dame nehmen läſst, und diese deshalb Με- γακλέους τοῦ Μεγακλέους nennt, kommt sie in das Alkmeonidengeschlecht, als frau oder mutter eines Megakles; ist sie die mutter des ersten, so ist ihr mann dessen vater Alkmeon. das ist alles nichtig. wenn Aristoteles in den Acharnern (614) einen lüderlichen Athener ὁ Κοισύϱας nennt, so ist die deutung desselben auf Megakles, den man nach Wolk. 46 allenfalls als sohn der Koisyra sich erträumen kann, für den scholiasten gegeben, der vorher die Wolken erklärt hat, aber wahrhaftig nicht für Aristophanes, der an die Wolken noch gar nicht denkt. allerdings scheint er in den Acharnern einen bestimmten menschen mit dem ‘sohne der Aufgedonnerten’ zu meinen: den kennen wir nicht. als er die Wolken schrieb, lebte wirklich ein Μεγακλῆς Μεγακλέους τοῦ Ἱπποκϱάτους τοῦ Μεγακλέους Ἀλωπεκῆϑεν, er war auch ein reicher mann (schreiber der schatzmeister Athenas ClA I 122 u. ö.), aber daſs Aristophanes auch nur mit dem ‘onkel Megakles’ (Wolk. 124. 814) ihn gemeint hätte, ist nicht im mindesten wahrscheinlich. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0125" n="111"/><fw place="top" type="header">Die Peisistratiden.</fw><lb/> Ἄϱγους Τιμώνασσαν folgt, ist kein widerspruch.<note place="foot" n="19 a)">Mittlerweile hat Kaibel evident ἐπέγημεν verbessert; doch das geht nur<lb/> den stil an.</note> denn rechtlich waren<lb/> die söhne νόϑοι, wie auch Herodotos einen von ihnen nennt. Peisi-<lb/> stratos hat sogar neben der Timonassa die tochter des Megakles<note place="foot" n="20)">Den namen Koisyra für diese frau hat Töpffer (Att. geneal. 243) mit recht<lb/> bezweifelt: er hätte ihn beseitigen sollen. κοισυϱεῖσϑαι τὸ μέγα φϱονεῖν Ἐϱετϱιεῖς<lb/> schol. Ar. Wolk. 46. 48, κεκοισυϱωμένη ἐμπεπλεγμένη Hesych. κοισυϱοῦται κοσμεῖται<lb/> Theognost bei Cramer An. Ox. II 21, Suid. Κοισύϱα (das andere dort aus dem<lb/> Aristophanesscholion). weil die vocabel eretrisch ist, heiſst das weib, das Aristo-<lb/> phanes ἐγκεκοισυϱωμένη, d. h. unanständig geputzt, nennt, eine Eretrierin, und weil<lb/> der dichter den bauern eine hochadliche dame nehmen läſst, und diese deshalb Με-<lb/> γακλέους τοῦ Μεγακλέους nennt, kommt sie in das Alkmeonidengeschlecht, als frau<lb/> oder mutter eines Megakles; ist sie die mutter des ersten, so ist ihr mann dessen vater<lb/> Alkmeon. das ist alles nichtig. wenn Aristoteles in den Acharnern (614) einen lüderlichen<lb/> Athener ὁ Κοισύϱας nennt, so ist die deutung desselben auf Megakles, den man nach<lb/> Wolk. 46 allenfalls als sohn der Koisyra sich erträumen kann, für den scholiasten<lb/> gegeben, der vorher die Wolken erklärt hat, aber wahrhaftig nicht für Aristophanes,<lb/> der an die Wolken noch gar nicht denkt. allerdings scheint er in den Acharnern einen<lb/> bestimmten menschen mit dem ‘sohne der Aufgedonnerten’ zu meinen: den kennen<lb/> wir nicht. als er die Wolken schrieb, lebte wirklich ein Μεγακλῆς Μεγακλέους τοῦ<lb/> Ἱπποκϱάτους τοῦ Μεγακλέους Ἀλωπεκῆϑεν, er war auch ein reicher mann (schreiber<lb/> der schatzmeister Athenas ClA I 122 u. ö.), aber daſs Aristophanes auch nur mit<lb/> dem ‘onkel Megakles’ (Wolk. 124. 814) ihn gemeint hätte, ist nicht im mindesten<lb/> wahrscheinlich.</note> ge-<lb/> heiratet. es ergibt sich das daraus, daſs in der schlacht bei Pallene (541)<lb/> ein sohn der Timonassa ein hilfscorps aus Argos holt. das beweist erstens,<lb/> daſs dieser sohn geboren war, ehe der vater zur dritten ehe schritt, wie<lb/> ja die gewährsmänner des Aristoteles nur schwanken, ob Timonassa während<lb/> der ersten tyrannis oder der ersten verbannung des Peisistratos geheiratet<lb/> ward, jedenfalls 560—57. andererseits war es zu keinem bruche mit den ver-<lb/> wandten in Argos gekommen, also ist auch keine scheidung von Timo-<lb/> nassa erfolgt. im gegenteil. die abneigung des Peisistratos gegen die<lb/> aufgenötigte ehe mit einer Athenerin, vollends gegen die erzeugung<lb/> weiterer ehelicher söhne, erscheint durch die ehe zur linken hand mit<lb/> Timonassa trefflich motivirt. sehr wol verstanden hat das wer auch<lb/> immer den Peisistratos seine ehe mit Timonassa gegenüber den bereits<lb/> herangewachsenen söhnen Hippias und Hipparchos motiviren läſst “er<lb/> wünsche solche söhne für sich und solche bürger für sein vaterland<lb/> mehr zu haben” (Plut. Cat. mai. 24), denn er wollte zu der herodoteischen<lb/> geschichte, der abneigung gegen mehr söhne, ein pendant liefern, da er<lb/> wuſste, daſs es mehr gegeben hatte, und er kannte genau die zahl und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [111/0125]
Die Peisistratiden.
Ἄϱγους Τιμώνασσαν folgt, ist kein widerspruch. 19 a) denn rechtlich waren
die söhne νόϑοι, wie auch Herodotos einen von ihnen nennt. Peisi-
stratos hat sogar neben der Timonassa die tochter des Megakles 20) ge-
heiratet. es ergibt sich das daraus, daſs in der schlacht bei Pallene (541)
ein sohn der Timonassa ein hilfscorps aus Argos holt. das beweist erstens,
daſs dieser sohn geboren war, ehe der vater zur dritten ehe schritt, wie
ja die gewährsmänner des Aristoteles nur schwanken, ob Timonassa während
der ersten tyrannis oder der ersten verbannung des Peisistratos geheiratet
ward, jedenfalls 560—57. andererseits war es zu keinem bruche mit den ver-
wandten in Argos gekommen, also ist auch keine scheidung von Timo-
nassa erfolgt. im gegenteil. die abneigung des Peisistratos gegen die
aufgenötigte ehe mit einer Athenerin, vollends gegen die erzeugung
weiterer ehelicher söhne, erscheint durch die ehe zur linken hand mit
Timonassa trefflich motivirt. sehr wol verstanden hat das wer auch
immer den Peisistratos seine ehe mit Timonassa gegenüber den bereits
herangewachsenen söhnen Hippias und Hipparchos motiviren läſst “er
wünsche solche söhne für sich und solche bürger für sein vaterland
mehr zu haben” (Plut. Cat. mai. 24), denn er wollte zu der herodoteischen
geschichte, der abneigung gegen mehr söhne, ein pendant liefern, da er
wuſste, daſs es mehr gegeben hatte, und er kannte genau die zahl und
19 a) Mittlerweile hat Kaibel evident ἐπέγημεν verbessert; doch das geht nur
den stil an.
20) Den namen Koisyra für diese frau hat Töpffer (Att. geneal. 243) mit recht
bezweifelt: er hätte ihn beseitigen sollen. κοισυϱεῖσϑαι τὸ μέγα φϱονεῖν Ἐϱετϱιεῖς
schol. Ar. Wolk. 46. 48, κεκοισυϱωμένη ἐμπεπλεγμένη Hesych. κοισυϱοῦται κοσμεῖται
Theognost bei Cramer An. Ox. II 21, Suid. Κοισύϱα (das andere dort aus dem
Aristophanesscholion). weil die vocabel eretrisch ist, heiſst das weib, das Aristo-
phanes ἐγκεκοισυϱωμένη, d. h. unanständig geputzt, nennt, eine Eretrierin, und weil
der dichter den bauern eine hochadliche dame nehmen läſst, und diese deshalb Με-
γακλέους τοῦ Μεγακλέους nennt, kommt sie in das Alkmeonidengeschlecht, als frau
oder mutter eines Megakles; ist sie die mutter des ersten, so ist ihr mann dessen vater
Alkmeon. das ist alles nichtig. wenn Aristoteles in den Acharnern (614) einen lüderlichen
Athener ὁ Κοισύϱας nennt, so ist die deutung desselben auf Megakles, den man nach
Wolk. 46 allenfalls als sohn der Koisyra sich erträumen kann, für den scholiasten
gegeben, der vorher die Wolken erklärt hat, aber wahrhaftig nicht für Aristophanes,
der an die Wolken noch gar nicht denkt. allerdings scheint er in den Acharnern einen
bestimmten menschen mit dem ‘sohne der Aufgedonnerten’ zu meinen: den kennen
wir nicht. als er die Wolken schrieb, lebte wirklich ein Μεγακλῆς Μεγακλέους τοῦ
Ἱπποκϱάτους τοῦ Μεγακλέους Ἀλωπεκῆϑεν, er war auch ein reicher mann (schreiber
der schatzmeister Athenas ClA I 122 u. ö.), aber daſs Aristophanes auch nur mit
dem ‘onkel Megakles’ (Wolk. 124. 814) ihn gemeint hätte, ist nicht im mindesten
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