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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893.

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I. 7. Die verfassung.
doch der persönlichen munifizenz der athlotheten schranken zu setzen, die
preise auf den staat übernommen und konnte die beamten dann ruhig
erlosen. ganz ebenso ist an den Dionysien die directe wahl der epimeleten
durch das los ersetzt und ihre liturgie auf den staat übernommen (56, 4),
und ist später die volkschoregie und agonothesie eingeführt.

Die ölpreise setzen den staatsbesitz von oliven voraus, dieser
wieder eine starke initiative und consequenz der staatlichen landwirt-
schaft. der pflanzgarten, aus dem die jungen bäume kamen, stand in der
Akademie, wo der erste ableger des heiligen ölbaumes gepflanzt war, den
Athena selbst zum zeichen, dass ihr das land gehörte, auf der burg
hatte spriessen lassen, wo Pandrosos in ihrem garten seiner pflegte.
nichts beweist so deutlich die energische fürsorge für den ölbau wie der
pachtvertrag des Neleusgartens, dessen formeln 418, als man ihn erneute,
längst archaisch geworden waren (CIA IV p. 67). die ölbäume gehören
Athena; ihre schatzmeister nehmen das öl in empfang und bewahren es auf;
es wird damit handel zu gunsten des staates getrieben.107) ganz offen liegt
hier noch die identität des staates und der göttin, ihres schatzes und des
staatsschatzes: man hat sie damals noch nicht unterscheiden können. ganz
offen liegt noch die directe bewirtschaftung, so zu sagen, an stelle des
späteren pachtsystems, die in den verträgen der ektemoroi ihre analogie hat.
die besitzer des landes, auf dem die bäume wachsen, müssen sie in
stand halten und 1 1/2 kotylen öl an Athena pacht zahlen; was sie mehr
ernten, ist ihr gewinn. es ist eine höcht ausgebildete, aber immerhin
ausschliessliche naturalwirtschaft.108) der träger dieser wirtschaftsordnung
ist der Areopag, denn er hält den executivbeamten, den archon109) zur

107) Nach Aristoteles muss es scheinen, als wäre zu seiner zeit der verkauf
eingestellt; es muss also wol damals alles öl für directe staatsleistungen verbraucht
sein. schwerlich kann man glauben, dass die preise der Panathenaeen es ganz
verbrauchten; aber dass der staat sonst öl brauchte (z. b. in den gymnasien, an
die man leicht denkt), ist wol nicht bezeugt. natürlich war 395 der ölertrag im
ganzen als telos verpachtet, Lys. 7, 2.
108) Dieselbe naturalwirtschaft erkennt man in den gesetzen über die parasiten
des königs Athen. VI 235. dieser hat später die verpachtung des domänen: sie hat
jene ältere form verdrängt, immer noch zu einer zeit, wo der könig noch ein be-
deutender beamter war, also vor 487.
109) Lysias 7, 22 nennt noch alle neun als die zunächst zur beaufsichtigung
der heiligen ölbäume berufenen. tous enne arkhontas epegages e allous tinas
ton ex Areiou pagou. tous enne arkhontas ist auch da feste formel; Areopagiten
in ihnen sehen wird nur, wer auch tad ouk ap allon aggelon kluein thelon bei
Sophokles dahin interpretirt, dass Oedipus, der so spricht, ein bote gewesen wäre.
für die zeit, auf die wir hier zurückblicken, ist nicht wunderbar, dass das ganze

I. 7. Die verfassung.
doch der persönlichen munifizenz der athlotheten schranken zu setzen, die
preise auf den staat übernommen und konnte die beamten dann ruhig
erlosen. ganz ebenso ist an den Dionysien die directe wahl der epimeleten
durch das los ersetzt und ihre liturgie auf den staat übernommen (56, 4),
und ist später die volkschoregie und agonothesie eingeführt.

Die ölpreise setzen den staatsbesitz von oliven voraus, dieser
wieder eine starke initiative und consequenz der staatlichen landwirt-
schaft. der pflanzgarten, aus dem die jungen bäume kamen, stand in der
Akademie, wo der erste ableger des heiligen ölbaumes gepflanzt war, den
Athena selbst zum zeichen, daſs ihr das land gehörte, auf der burg
hatte sprieſsen lassen, wo Pandrosos in ihrem garten seiner pflegte.
nichts beweist so deutlich die energische fürsorge für den ölbau wie der
pachtvertrag des Neleusgartens, dessen formeln 418, als man ihn erneute,
längst archaisch geworden waren (CIA IV p. 67). die ölbäume gehören
Athena; ihre schatzmeister nehmen das öl in empfang und bewahren es auf;
es wird damit handel zu gunsten des staates getrieben.107) ganz offen liegt
hier noch die identität des staates und der göttin, ihres schatzes und des
staatsschatzes: man hat sie damals noch nicht unterscheiden können. ganz
offen liegt noch die directe bewirtschaftung, so zu sagen, an stelle des
späteren pachtsystems, die in den verträgen der ἑκτήμοϱοι ihre analogie hat.
die besitzer des landes, auf dem die bäume wachsen, müssen sie in
stand halten und 1 ½ kotylen öl an Athena pacht zahlen; was sie mehr
ernten, ist ihr gewinn. es ist eine höcht ausgebildete, aber immerhin
ausschlieſsliche naturalwirtschaft.108) der träger dieser wirtschaftsordnung
ist der Areopag, denn er hält den executivbeamten, den archon109) zur

107) Nach Aristoteles muſs es scheinen, als wäre zu seiner zeit der verkauf
eingestellt; es muſs also wol damals alles öl für directe staatsleistungen verbraucht
sein. schwerlich kann man glauben, daſs die preise der Panathenaeen es ganz
verbrauchten; aber daſs der staat sonst öl brauchte (z. b. in den gymnasien, an
die man leicht denkt), ist wol nicht bezeugt. natürlich war 395 der ölertrag im
ganzen als τέλος verpachtet, Lys. 7, 2.
108) Dieselbe naturalwirtschaft erkennt man in den gesetzen über die parasiten
des königs Athen. VI 235. dieser hat später die verpachtung des domänen: sie hat
jene ältere form verdrängt, immer noch zu einer zeit, wo der könig noch ein be-
deutender beamter war, also vor 487.
109) Lysias 7, 22 nennt noch alle neun als die zunächst zur beaufsichtigung
der heiligen ölbäume berufenen. τοὺς ἐννέ̕ ἄϱχοντας ἐπήγαγες ἢ ἄλλους τινὰς
τῶν ἐξ Ἀϱείου πάγου. τοὺς ἐννέ̕ ἄϱχοντας ist auch da feste formel; Areopagiten
in ihnen sehen wird nur, wer auch τάδ̕ οὐκ ἀπ̕ ἄλλων ἀγγέλων κλύειν ϑέλων bei
Sophokles dahin interpretirt, daſs Oedipus, der so spricht, ein bote gewesen wäre.
für die zeit, auf die wir hier zurückblicken, ist nicht wunderbar, daſs das ganze
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[240/0254] I. 7. Die verfassung. doch der persönlichen munifizenz der athlotheten schranken zu setzen, die preise auf den staat übernommen und konnte die beamten dann ruhig erlosen. ganz ebenso ist an den Dionysien die directe wahl der epimeleten durch das los ersetzt und ihre liturgie auf den staat übernommen (56, 4), und ist später die volkschoregie und agonothesie eingeführt. Die ölpreise setzen den staatsbesitz von oliven voraus, dieser wieder eine starke initiative und consequenz der staatlichen landwirt- schaft. der pflanzgarten, aus dem die jungen bäume kamen, stand in der Akademie, wo der erste ableger des heiligen ölbaumes gepflanzt war, den Athena selbst zum zeichen, daſs ihr das land gehörte, auf der burg hatte sprieſsen lassen, wo Pandrosos in ihrem garten seiner pflegte. nichts beweist so deutlich die energische fürsorge für den ölbau wie der pachtvertrag des Neleusgartens, dessen formeln 418, als man ihn erneute, längst archaisch geworden waren (CIA IV p. 67). die ölbäume gehören Athena; ihre schatzmeister nehmen das öl in empfang und bewahren es auf; es wird damit handel zu gunsten des staates getrieben. 107) ganz offen liegt hier noch die identität des staates und der göttin, ihres schatzes und des staatsschatzes: man hat sie damals noch nicht unterscheiden können. ganz offen liegt noch die directe bewirtschaftung, so zu sagen, an stelle des späteren pachtsystems, die in den verträgen der ἑκτήμοϱοι ihre analogie hat. die besitzer des landes, auf dem die bäume wachsen, müssen sie in stand halten und 1 ½ kotylen öl an Athena pacht zahlen; was sie mehr ernten, ist ihr gewinn. es ist eine höcht ausgebildete, aber immerhin ausschlieſsliche naturalwirtschaft. 108) der träger dieser wirtschaftsordnung ist der Areopag, denn er hält den executivbeamten, den archon 109) zur 107) Nach Aristoteles muſs es scheinen, als wäre zu seiner zeit der verkauf eingestellt; es muſs also wol damals alles öl für directe staatsleistungen verbraucht sein. schwerlich kann man glauben, daſs die preise der Panathenaeen es ganz verbrauchten; aber daſs der staat sonst öl brauchte (z. b. in den gymnasien, an die man leicht denkt), ist wol nicht bezeugt. natürlich war 395 der ölertrag im ganzen als τέλος verpachtet, Lys. 7, 2. 108) Dieselbe naturalwirtschaft erkennt man in den gesetzen über die parasiten des königs Athen. VI 235. dieser hat später die verpachtung des domänen: sie hat jene ältere form verdrängt, immer noch zu einer zeit, wo der könig noch ein be- deutender beamter war, also vor 487. 109) Lysias 7, 22 nennt noch alle neun als die zunächst zur beaufsichtigung der heiligen ölbäume berufenen. τοὺς ἐννέ̕ ἄϱχοντας ἐπήγαγες ἢ ἄλλους τινὰς τῶν ἐξ Ἀϱείου πάγου. τοὺς ἐννέ̕ ἄϱχοντας ist auch da feste formel; Areopagiten in ihnen sehen wird nur, wer auch τάδ̕ οὐκ ἀπ̕ ἄλλων ἀγγέλων κλύειν ϑέλων bei Sophokles dahin interpretirt, daſs Oedipus, der so spricht, ein bote gewesen wäre. für die zeit, auf die wir hier zurückblicken, ist nicht wunderbar, daſs das ganze

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles01_1893/254>, abgerufen am 21.11.2024.