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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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lich zutritt, und seit für beide ein mässiger sold gezahlt ward, konnten
sich auch unbemittelte zur losung melden. die hauptsache freilich tat
der allgemeine wolstand dazu, dass die beteiligung an der staatsverwal-
tung für die ungeheuren anforderungen leidlich ausreichte, und der
census nicht fühlbar war. steuern wurden nicht gezahlt; der weg, die
bemittelten für das allgemeine zu den nötigen opfern zu bewegen, war
in der ausbildung der persönlichen leistungen für das allgemeine (le-
tourgiai) gefunden, die ursprünglich ein analogon zu dem persönlichen
hand-, spann- und kriegsdienst gewesen waren, aber seit für den letzteren
sold gezahlt ward, hand- und spanndienst vorwiegend nur noch für die
einzelgemeinde und phyle in betracht kam, war die liturgie das mittel,
den reichtum in einer weise zur steuer heranzuziehen, die in einer
vermögenssteuer erst dann ein volles analogon finden würde, wenn
diese eine höhe erreichte, die uns für unerträglich gilt. zum ent-
gelt für sein opfer war der trierarch officier, und zwar ein hoher und
im Reiche aller orten angesehener. der grundbesitzer, der die last
der pferdezucht trug, diente auch bei der cavallerie, was an sich schon
für eine auszeichnung galt. die vielen liturgien, die der belustigung und
annehmlichkeit, zum teil auch der unterstützung des demos dienten,
brachten nur ehre und höchstens einfluss auf die stimmung und die
stimmen des volkes. dass dies system nicht versagte, lag erstens und
vornehmlich an dem wolstand, den die machtstellung des Reiches und
Athens im Reiche den einzelnen verlieh, dem kaufherrn und industri-
ellen eben so gut wie dem grundbesitzer. zweitens aber war diese art
munificenz von alters her in den herrschenden familien geübt worden,
und wer durch jungen reichtum in diese reihe aufstieg, durfte und
mochte mit ihm nicht knausern. der staat aber hatte eine gefahr glück-
lich beseitigt, als er die private munificenz in ein ziemlich festes steuer-
wesen verwandelt hatte: noch Peisianax und Kimon hatten den markt
mit hallen und bäumen als private geschmückt; das haus des polemarchen
trug den namen dessen, der es erbaut hatte, am giebel. so etwas ist
in der perikleischen zeit abgestellt; weder er noch Nikias haben den
staat beschenkt. das volk hat den Parthenon gebaut, und es wachte,
wie auch in an sich unverbürgten anekdoten durchklingt, eifersüchtig
darüber, dass kein einzelner ihm die ehre dieser bauten entzöge.

Der souverän war selbstverständlich unverantwortlich und gebunden
nur an die gesetze, die er selbst festgestellt hatte, also wol zu ändern
die macht hatte, aber nicht zu übertreten. der souverän besass aber
schlechthin keine initiative. er stimmte in jedem einzelnen falle nur zu

II. 4. Πάτϱιος πολιτεία.
lich zutritt, und seit für beide ein mäſsiger sold gezahlt ward, konnten
sich auch unbemittelte zur losung melden. die hauptsache freilich tat
der allgemeine wolstand dazu, daſs die beteiligung an der staatsverwal-
tung für die ungeheuren anforderungen leidlich ausreichte, und der
census nicht fühlbar war. steuern wurden nicht gezahlt; der weg, die
bemittelten für das allgemeine zu den nötigen opfern zu bewegen, war
in der ausbildung der persönlichen leistungen für das allgemeine (λῃ-
τουϱγίαι) gefunden, die ursprünglich ein analogon zu dem persönlichen
hand-, spann- und kriegsdienst gewesen waren, aber seit für den letzteren
sold gezahlt ward, hand- und spanndienst vorwiegend nur noch für die
einzelgemeinde und phyle in betracht kam, war die liturgie das mittel,
den reichtum in einer weise zur steuer heranzuziehen, die in einer
vermögenssteuer erst dann ein volles analogon finden würde, wenn
diese eine höhe erreichte, die uns für unerträglich gilt. zum ent-
gelt für sein opfer war der trierarch officier, und zwar ein hoher und
im Reiche aller orten angesehener. der grundbesitzer, der die last
der pferdezucht trug, diente auch bei der cavallerie, was an sich schon
für eine auszeichnung galt. die vielen liturgien, die der belustigung und
annehmlichkeit, zum teil auch der unterstützung des demos dienten,
brachten nur ehre und höchstens einfluſs auf die stimmung und die
stimmen des volkes. daſs dies system nicht versagte, lag erstens und
vornehmlich an dem wolstand, den die machtstellung des Reiches und
Athens im Reiche den einzelnen verlieh, dem kaufherrn und industri-
ellen eben so gut wie dem grundbesitzer. zweitens aber war diese art
munificenz von alters her in den herrschenden familien geübt worden,
und wer durch jungen reichtum in diese reihe aufstieg, durfte und
mochte mit ihm nicht knausern. der staat aber hatte eine gefahr glück-
lich beseitigt, als er die private munificenz in ein ziemlich festes steuer-
wesen verwandelt hatte: noch Peisianax und Kimon hatten den markt
mit hallen und bäumen als private geschmückt; das haus des polemarchen
trug den namen dessen, der es erbaut hatte, am giebel. so etwas ist
in der perikleischen zeit abgestellt; weder er noch Nikias haben den
staat beschenkt. das volk hat den Parthenon gebaut, und es wachte,
wie auch in an sich unverbürgten anekdoten durchklingt, eifersüchtig
darüber, daſs kein einzelner ihm die ehre dieser bauten entzöge.

Der souverän war selbstverständlich unverantwortlich und gebunden
nur an die gesetze, die er selbst festgestellt hatte, also wol zu ändern
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[104/0114] II. 4. Πάτϱιος πολιτεία. lich zutritt, und seit für beide ein mäſsiger sold gezahlt ward, konnten sich auch unbemittelte zur losung melden. die hauptsache freilich tat der allgemeine wolstand dazu, daſs die beteiligung an der staatsverwal- tung für die ungeheuren anforderungen leidlich ausreichte, und der census nicht fühlbar war. steuern wurden nicht gezahlt; der weg, die bemittelten für das allgemeine zu den nötigen opfern zu bewegen, war in der ausbildung der persönlichen leistungen für das allgemeine (λῃ- τουϱγίαι) gefunden, die ursprünglich ein analogon zu dem persönlichen hand-, spann- und kriegsdienst gewesen waren, aber seit für den letzteren sold gezahlt ward, hand- und spanndienst vorwiegend nur noch für die einzelgemeinde und phyle in betracht kam, war die liturgie das mittel, den reichtum in einer weise zur steuer heranzuziehen, die in einer vermögenssteuer erst dann ein volles analogon finden würde, wenn diese eine höhe erreichte, die uns für unerträglich gilt. zum ent- gelt für sein opfer war der trierarch officier, und zwar ein hoher und im Reiche aller orten angesehener. der grundbesitzer, der die last der pferdezucht trug, diente auch bei der cavallerie, was an sich schon für eine auszeichnung galt. die vielen liturgien, die der belustigung und annehmlichkeit, zum teil auch der unterstützung des demos dienten, brachten nur ehre und höchstens einfluſs auf die stimmung und die stimmen des volkes. daſs dies system nicht versagte, lag erstens und vornehmlich an dem wolstand, den die machtstellung des Reiches und Athens im Reiche den einzelnen verlieh, dem kaufherrn und industri- ellen eben so gut wie dem grundbesitzer. zweitens aber war diese art munificenz von alters her in den herrschenden familien geübt worden, und wer durch jungen reichtum in diese reihe aufstieg, durfte und mochte mit ihm nicht knausern. der staat aber hatte eine gefahr glück- lich beseitigt, als er die private munificenz in ein ziemlich festes steuer- wesen verwandelt hatte: noch Peisianax und Kimon hatten den markt mit hallen und bäumen als private geschmückt; das haus des polemarchen trug den namen dessen, der es erbaut hatte, am giebel. so etwas ist in der perikleischen zeit abgestellt; weder er noch Nikias haben den staat beschenkt. das volk hat den Parthenon gebaut, und es wachte, wie auch in an sich unverbürgten anekdoten durchklingt, eifersüchtig darüber, daſs kein einzelner ihm die ehre dieser bauten entzöge. Der souverän war selbstverständlich unverantwortlich und gebunden nur an die gesetze, die er selbst festgestellt hatte, also wol zu ändern die macht hatte, aber nicht zu übertreten. der souverän besaſs aber schlechthin keine initiative. er stimmte in jedem einzelnen falle nur zu

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/114>, abgerufen am 23.11.2024.