Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.4. PATRIOS POLITEIA. Das volk der Athener, das seit dem frieden mit den PeloponnesiernDie ver- 1) Aus der notorischen zersplitterung des grundbesitzes folgt bewirtschaftung
durch unfreies gesinde. von den preisen und dem ertrage wissen wir zu wenig. aber lohnend war auch dieses gewerbe, und über die concurrenz des pontischen getreides hört man keine klage. 4. ΠΑΤΡΙΟΣ ΠΟΛΙΤΕΙΑ. Das volk der Athener, das seit dem frieden mit den PeloponnesiernDie ver- 1) Aus der notorischen zersplitterung des grundbesitzes folgt bewirtschaftung
durch unfreies gesinde. von den preisen und dem ertrage wissen wir zu wenig. aber lohnend war auch dieses gewerbe, und über die concurrenz des pontischen getreides hört man keine klage. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0113" n="[103]"/> <div n="2"> <head>4.<lb/><hi rendition="#b">ΠΑΤΡΙΟΣ ΠΟΛΙΤΕΙΑ.</hi></head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Das volk der Athener, das seit dem frieden mit den Peloponnesiern<note place="right">Die ver-<lb/> fassung der<lb/> blütezeit.</note><lb/> 445 ein zwar gegenüber den hoffnungen von 460 beschränktes, aber<lb/> dafür von den andern mächten anerkanntes reich beherrschte, konnte<lb/> mit fug und recht sagen, daſs die souveränetät bei ihm selbst stünde,<lb/> τὸ κϱάτος oder τὸ κῦϱος ἐπὶ τῷ δήμῳ. die vorstellung herrschte, daſs<lb/> alle Athener gleichberechtigt wären, und der wille der majorität der<lb/> wille der gesammtheit. ἐν γὰϱ τῷ πολλῷ ἔνι τὰ πάντα, wie Herodot<lb/> sagt. so wird τὸ πλῆϑος τὸ Ἀϑηναίων identisch mit ὁ δῆμος ὁ Ἀϑη-<lb/> ναίων. jeder Athener galt als zu allen regelmäſsigen ämtern befähigt;<lb/> er sollte es verstehn sowol zu gehorchen wie zu befehlen, und die gleich-<lb/> berechtigung aller forderte demnach einen turnus für die bekleidung<lb/> der ämter. δῆμος δ̕ ἀνάσσει διαδοχαῖσιν ἐν μέϱει ἐνιαυσίαισιν, wie<lb/> Theseus sagt. die classenbeschränkung galt zwar noch dem buchstaben<lb/> nach; an die finanzämter kamen nur leute aus der ersten classe, die<lb/> letzte hatte auf gar kein wirkliches amt anspruch. aber trotz den ver-<lb/> änderten besitzverhältnissen war der census der alte geblieben; was<lb/> wollten 500 scheffel sagen? die kleruchien machten immer mehr theten<lb/> zu grundbesitzern; giengen sie dorthin, so waren sie faktisch von der<lb/> staatsleitung ausgeschlossen; blieben sie zu hause, so machten die zinsen<lb/> ihres pächters sie wahlfähig. auſserdem verdienten sie bei dem dienste<lb/> auf der so gut wie stehenden flotte, als schützen, wächter und in ähn-<lb/> lichen stellungen, und zu den körperschaften, die gerade besonders ein-<lb/> fluſsreich waren, den 6000 geschworenen und dem rate, hatten sie recht-<lb/><note place="foot" n="1)">Aus der notorischen zersplitterung des grundbesitzes folgt bewirtschaftung<lb/> durch unfreies gesinde. von den preisen und dem ertrage wissen wir zu wenig.<lb/> aber lohnend war auch dieses gewerbe, und über die concurrenz des pontischen<lb/> getreides hört man keine klage.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[103]/0113]
4.
ΠΑΤΡΙΟΣ ΠΟΛΙΤΕΙΑ.
Das volk der Athener, das seit dem frieden mit den Peloponnesiern
445 ein zwar gegenüber den hoffnungen von 460 beschränktes, aber
dafür von den andern mächten anerkanntes reich beherrschte, konnte
mit fug und recht sagen, daſs die souveränetät bei ihm selbst stünde,
τὸ κϱάτος oder τὸ κῦϱος ἐπὶ τῷ δήμῳ. die vorstellung herrschte, daſs
alle Athener gleichberechtigt wären, und der wille der majorität der
wille der gesammtheit. ἐν γὰϱ τῷ πολλῷ ἔνι τὰ πάντα, wie Herodot
sagt. so wird τὸ πλῆϑος τὸ Ἀϑηναίων identisch mit ὁ δῆμος ὁ Ἀϑη-
ναίων. jeder Athener galt als zu allen regelmäſsigen ämtern befähigt;
er sollte es verstehn sowol zu gehorchen wie zu befehlen, und die gleich-
berechtigung aller forderte demnach einen turnus für die bekleidung
der ämter. δῆμος δ̕ ἀνάσσει διαδοχαῖσιν ἐν μέϱει ἐνιαυσίαισιν, wie
Theseus sagt. die classenbeschränkung galt zwar noch dem buchstaben
nach; an die finanzämter kamen nur leute aus der ersten classe, die
letzte hatte auf gar kein wirkliches amt anspruch. aber trotz den ver-
änderten besitzverhältnissen war der census der alte geblieben; was
wollten 500 scheffel sagen? die kleruchien machten immer mehr theten
zu grundbesitzern; giengen sie dorthin, so waren sie faktisch von der
staatsleitung ausgeschlossen; blieben sie zu hause, so machten die zinsen
ihres pächters sie wahlfähig. auſserdem verdienten sie bei dem dienste
auf der so gut wie stehenden flotte, als schützen, wächter und in ähn-
lichen stellungen, und zu den körperschaften, die gerade besonders ein-
fluſsreich waren, den 6000 geschworenen und dem rate, hatten sie recht-
1)
Die ver-
fassung der
blütezeit.
1) Aus der notorischen zersplitterung des grundbesitzes folgt bewirtschaftung
durch unfreies gesinde. von den preisen und dem ertrage wissen wir zu wenig.
aber lohnend war auch dieses gewerbe, und über die concurrenz des pontischen
getreides hört man keine klage.
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