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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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Die mythischen könige. Kodros.
den Poseidon Erekhtheus, und für diesen passt erikhthonios kaum. hin-
zutritt erusikhthon, das man in späterem griechisch mit sosipolis wieder-
geben kann. in anderen und zwar triopischen sagen ist Erysichthon in
der tat dem Poseidon verwandt; aber in Attika ist er nur dürftig an Kekrops
angeschlossen, eigentlich in Prasiai zu hause und mit Delos verbunden.
auf der burg dagegen lebt Erechtheus als schlange bei Athena fort, ist
also der heros, der geist des alten königsgeschlechtes, das in jenem
hause mit Athena wohnte. so durchdringen sich die eigentlich nicht ver-
einbaren vorstellungen des Poseidon erusikhthon und des eros ri-
khthonios, und sie lassen sich ohne gewalt nicht mehr scheiden. eine
descendenz hat auch Erechtheus nicht; Erekhtheidai sind nur die Athener.
aber es gibt doch ein geschlecht, das seinen cult pflegt und auf Po-
seidon zurückgeht, die Butaden, und dieses geschlecht, das den cult
des Poseidon mit dem Athenas vereinigt, erscheint dadurch mit den
alten königen Athens am nächsten verbunden.

Die Athener kennen keine könige aus dem geschlechte der Butaden.
sie kennen nur die urmenschen, die zugleich den anfang der welt und
Athens bedeuten, und pflegen dann den fremden Theseus einzuschieben,
der noch ein par söhne erhält, die an sich, aber nicht als Theseussöhne
bedeutung haben, denn Demophon stammt aus Eleusis, Thymoites ist
der eponymos des dorfes der Thymaitaden, vom thymian, Apheidas (der
'milde', der nicht knausert) ist der ahn eines fortlebenden geschlechts;
Oxyntes ist bisher nicht nachgewiesen. über Akamas mag ich noch
nicht aussprechen was ich vermute; der name ist im epos nicht selten.
in allen diesen stecken keine alten fürsten Athens. dagegen Menestheus
sammt seinem vater, die den homerischen dichtern Athen vertraten und
möglicherweise menschen und könige gewesen sein könnten, waren zu
hause vergessen und wurden erst durch Homer wieder bekannt.

Nun tritt Kodros ein, der sohn des Melanthos des sohnes des Andro-Kodros.
pompos des Neliden, und er wird der ahnherr des königlichen geschlechtes.
Melanthos als eponymos von Melainai scheidet aus; er sammt seiner
hübschen sage setzt die erwerbung des Drumos oberhalb der eleusini-
schen ebene voraus. 7) von den andern namen ist Andropompos 'der
die männer auf die fahrt bringt', am durchsichtigsten: diesen grossvater
hat Kodros als der vater der ionischen auswanderer. 8) Kodridai waren

7) Herm. 21, 112. 22, 244. wenn das local nicht bei Oinoe, sondern bei Pa-
nakton ist, kann die legende älter als 504 sein.
8) Dass Pausanias IX 5, 16 den vater statt des sohnes als den helden der
Apaturienlegende nennt, ist nur eine seiner gewöhnlichen flüchtigkeiten.
v. Wilamowitz, Aristoteles. II. 9

Die mythischen könige. Kodros.
den Ποσειδὼν Ἐϱεχϑεύς, und für diesen paſst ἐϱιχϑόνιος kaum. hin-
zutritt ἐϱυσίχϑων, das man in späterem griechisch mit σωσίπολις wieder-
geben kann. in anderen und zwar triopischen sagen ist Erysichthon in
der tat dem Poseidon verwandt; aber in Attika ist er nur dürftig an Kekrops
angeschlossen, eigentlich in Prasiai zu hause und mit Delos verbunden.
auf der burg dagegen lebt Erechtheus als schlange bei Athena fort, ist
also der heros, der geist des alten königsgeschlechtes, das in jenem
hause mit Athena wohnte. so durchdringen sich die eigentlich nicht ver-
einbaren vorstellungen des Ποσειδὼν ἐϱυσίχϑων und des ἥϱως ̕ϱι-
χϑόνιος, und sie lassen sich ohne gewalt nicht mehr scheiden. eine
descendenz hat auch Erechtheus nicht; Ἐϱεχϑεῖδαι sind nur die Athener.
aber es gibt doch ein geschlecht, das seinen cult pflegt und auf Po-
seidon zurückgeht, die Butaden, und dieses geschlecht, das den cult
des Poseidon mit dem Athenas vereinigt, erscheint dadurch mit den
alten königen Athens am nächsten verbunden.

Die Athener kennen keine könige aus dem geschlechte der Butaden.
sie kennen nur die urmenschen, die zugleich den anfang der welt und
Athens bedeuten, und pflegen dann den fremden Theseus einzuschieben,
der noch ein par söhne erhält, die an sich, aber nicht als Theseussöhne
bedeutung haben, denn Demophon stammt aus Eleusis, Thymoites ist
der eponymos des dorfes der Thymaitaden, vom thymian, Apheidas (der
‘milde’, der nicht knausert) ist der ahn eines fortlebenden geschlechts;
Oxyntes ist bisher nicht nachgewiesen. über Akamas mag ich noch
nicht aussprechen was ich vermute; der name ist im epos nicht selten.
in allen diesen stecken keine alten fürsten Athens. dagegen Menestheus
sammt seinem vater, die den homerischen dichtern Athen vertraten und
möglicherweise menschen und könige gewesen sein könnten, waren zu
hause vergessen und wurden erst durch Homer wieder bekannt.

Nun tritt Kodros ein, der sohn des Melanthos des sohnes des Andro-Kodros.
pompos des Neliden, und er wird der ahnherr des königlichen geschlechtes.
Melanthos als eponymos von Melainai scheidet aus; er sammt seiner
hübschen sage setzt die erwerbung des Δϱυμός oberhalb der eleusini-
schen ebene voraus. 7) von den andern namen ist Ἀνδϱόπομπος ‘der
die männer auf die fahrt bringt’, am durchsichtigsten: diesen groſsvater
hat Kodros als der vater der ionischen auswanderer. 8) Κοδϱίδαι waren

7) Herm. 21, 112. 22, 244. wenn das local nicht bei Oinoe, sondern bei Pa-
nakton ist, kann die legende älter als 504 sein.
8) Daſs Pausanias IX 5, 16 den vater statt des sohnes als den helden der
Apaturienlegende nennt, ist nur eine seiner gewöhnlichen flüchtigkeiten.
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[129/0139] Die mythischen könige. Kodros. den Ποσειδὼν Ἐϱεχϑεύς, und für diesen paſst ἐϱιχϑόνιος kaum. hin- zutritt ἐϱυσίχϑων, das man in späterem griechisch mit σωσίπολις wieder- geben kann. in anderen und zwar triopischen sagen ist Erysichthon in der tat dem Poseidon verwandt; aber in Attika ist er nur dürftig an Kekrops angeschlossen, eigentlich in Prasiai zu hause und mit Delos verbunden. auf der burg dagegen lebt Erechtheus als schlange bei Athena fort, ist also der heros, der geist des alten königsgeschlechtes, das in jenem hause mit Athena wohnte. so durchdringen sich die eigentlich nicht ver- einbaren vorstellungen des Ποσειδὼν ἐϱυσίχϑων und des ἥϱως ̕ϱι- χϑόνιος, und sie lassen sich ohne gewalt nicht mehr scheiden. eine descendenz hat auch Erechtheus nicht; Ἐϱεχϑεῖδαι sind nur die Athener. aber es gibt doch ein geschlecht, das seinen cult pflegt und auf Po- seidon zurückgeht, die Butaden, und dieses geschlecht, das den cult des Poseidon mit dem Athenas vereinigt, erscheint dadurch mit den alten königen Athens am nächsten verbunden. Die Athener kennen keine könige aus dem geschlechte der Butaden. sie kennen nur die urmenschen, die zugleich den anfang der welt und Athens bedeuten, und pflegen dann den fremden Theseus einzuschieben, der noch ein par söhne erhält, die an sich, aber nicht als Theseussöhne bedeutung haben, denn Demophon stammt aus Eleusis, Thymoites ist der eponymos des dorfes der Thymaitaden, vom thymian, Apheidas (der ‘milde’, der nicht knausert) ist der ahn eines fortlebenden geschlechts; Oxyntes ist bisher nicht nachgewiesen. über Akamas mag ich noch nicht aussprechen was ich vermute; der name ist im epos nicht selten. in allen diesen stecken keine alten fürsten Athens. dagegen Menestheus sammt seinem vater, die den homerischen dichtern Athen vertraten und möglicherweise menschen und könige gewesen sein könnten, waren zu hause vergessen und wurden erst durch Homer wieder bekannt. Nun tritt Kodros ein, der sohn des Melanthos des sohnes des Andro- pompos des Neliden, und er wird der ahnherr des königlichen geschlechtes. Melanthos als eponymos von Melainai scheidet aus; er sammt seiner hübschen sage setzt die erwerbung des Δϱυμός oberhalb der eleusini- schen ebene voraus. 7) von den andern namen ist Ἀνδϱόπομπος ‘der die männer auf die fahrt bringt’, am durchsichtigsten: diesen groſsvater hat Kodros als der vater der ionischen auswanderer. 8) Κοδϱίδαι waren Kodros. 7) Herm. 21, 112. 22, 244. wenn das local nicht bei Oinoe, sondern bei Pa- nakton ist, kann die legende älter als 504 sein. 8) Daſs Pausanias IX 5, 16 den vater statt des sohnes als den helden der Apaturienlegende nennt, ist nur eine seiner gewöhnlichen flüchtigkeiten. v. Wilamowitz, Aristoteles. II. 9

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/139>, abgerufen am 23.11.2024.