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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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II. 5. Die könige von Athen.
nach Athen kam, zog er den ahn nach sich, den man als vater fasste.
von einem geschlechte von Aegiden ist gleichwol keine spur. Aigeus
als sohn Pandions ist erst die späteste anknüpfung; als man ihm sein
haus in der unterstadt anwies, kann er nicht der sohn des königs auf
der burg gewesen sein. in der tat kennen wir noch die genealogie,
die ihn zum sohne des Aigikores macht, also zum enkel des Ion, und
eine andere, 475 in der Theseuslegende anerkannte 6), die seinen vater
Skyrios nennt. wie bei jener deutlich ein namensanklang gewirkt hat,
so dürfte der erfinder von dieser an die berühmten aiges Skuriai ge-
dacht haben. wertlos ist das alles, und an Aigeus in Athen nur wichtig,
dass er fremd ist und fremdes mitzubringen allein geeignet, wie den cult
der Urania.

Kekrops ist der name eines volksstammes; daher gibt nur Kekro-
pia einen landesnamen, wie Pelopia von Pelops, der genau ebenso
zu beurteilen ist. die Kropidai im nordwestwinkel der ebene gehören
offenbar zu den Kekropes. so ist uns der stammesnamen der ältesten
eingebornen bevölkerung erhalten. der attische urmensch ist als gegenes
ganz oder halb schlange und hat keine irdische descendenz ausser den
Kekropidai im allgemeinen.

Erekhtheus Erikhthonios sind wir längst gewohnt zu identificiren, die
form Erikhtheus auf der parischen chronik schlägt die brücke. man kann
den kürzeren namen als hypokoristikon des längeren fassen, und die
Erikhtho der Würzburger Phineusschale ist schwerlich etwas anderes als
Erikhthonie, die Khthonie von Mykonos und Syros. dann wäre auch Erekh-
theus nur der gegenes; so ist Erikhthonios überall gefasst, in Athen Sikyon
Ilios. aber auf der burg verehrt das geschlecht der Butaden vielmehr

6) Die abstammung von Aigikores, erhalten in einem scholion zu Demosthenes
24, 18 hat Maass (Gött. Anz. 1889, 806) hervorgezogen. das ist dankenswert; ebenso
seine sonderung der traditionen über den zweikampf des Melanthos mit Xanthos
und die intervention des Dionysos. aber alle seine folgerungen halte ich für phan-
tasmen. die abstammung von Skyrios (Apollodor bibl. III 15, 5) ist durch Aristo-
teles fgm. 4 gesichert. eine dritte, die die scholien zu Lykoph. 1324 geben, indem
sie dessen rätselwort o Phemiou pais = Theseus erklären, nennt den vater des Aigeus
Phemios, was Lykophron nicht notwendig gemeint haben muss. sie verstehe ich
nicht. auch die Atthis (Plut. Thes. 13) betrachtet Aigeus nur als adoptivsohn des
Pandion. Androtion hat ihn an die Aigeiden von Theben angeschlossen, da er ihn
einen Sparten nannte (Tzetzes zu Lyk. 495, aus den vollständigeren scholien): die leute,
die an deren existenz zweifeln, sind so mit einem weiteren zeugnisse geschlagen.
damit gab er eine ältere tradition wieder, denn sein eigener rationalismus sah in
den Sparten keine erdgebornen, sondern die zusammengelaufene gefolgschaft des
Kadmos.

II. 5. Die könige von Athen.
nach Athen kam, zog er den ahn nach sich, den man als vater faſste.
von einem geschlechte von Aegiden ist gleichwol keine spur. Aigeus
als sohn Pandions ist erst die späteste anknüpfung; als man ihm sein
haus in der unterstadt anwies, kann er nicht der sohn des königs auf
der burg gewesen sein. in der tat kennen wir noch die genealogie,
die ihn zum sohne des Aigikores macht, also zum enkel des Ion, und
eine andere, 475 in der Theseuslegende anerkannte 6), die seinen vater
Skyrios nennt. wie bei jener deutlich ein namensanklang gewirkt hat,
so dürfte der erfinder von dieser an die berühmten αἶγες Σκύϱιαι ge-
dacht haben. wertlos ist das alles, und an Aigeus in Athen nur wichtig,
daſs er fremd ist und fremdes mitzubringen allein geeignet, wie den cult
der Urania.

Κέκϱοψ ist der name eines volksstammes; daher gibt nur Κεκϱο-
πία einen landesnamen, wie Πελοπία von Πέλοψ, der genau ebenso
zu beurteilen ist. die Κϱωπίδαι im nordwestwinkel der ebene gehören
offenbar zu den Κέκϱοπες. so ist uns der stammesnamen der ältesten
eingebornen bevölkerung erhalten. der attische urmensch ist als γηγενής
ganz oder halb schlange und hat keine irdische descendenz auſser den
Κεκϱοπίδαι im allgemeinen.

Ἐϱεχϑεύς Ἐϱιχϑόνιος sind wir längst gewohnt zu identificiren, die
form Ἐϱιχϑεύς auf der parischen chronik schlägt die brücke. man kann
den kürzeren namen als hypokoristikon des längeren fassen, und die
Ἐϱιχϑῴ der Würzburger Phineusschale ist schwerlich etwas anderes als
Ἐϱιχϑονίη, die Χϑονίη von Mykonos und Syros. dann wäre auch Ἐϱεχ-
ϑεύς nur der γηγενής; so ist Ἐϱιχϑόνιος überall gefaſst, in Athen Sikyon
Ilios. aber auf der burg verehrt das geschlecht der Butaden vielmehr

6) Die abstammung von Aigikores, erhalten in einem scholion zu Demosthenes
24, 18 hat Maaſs (Gött. Anz. 1889, 806) hervorgezogen. das ist dankenswert; ebenso
seine sonderung der traditionen über den zweikampf des Melanthos mit Xanthos
und die intervention des Dionysos. aber alle seine folgerungen halte ich für phan-
tasmen. die abstammung von Skyrios (Apollodor bibl. III 15, 5) ist durch Aristo-
teles fgm. 4 gesichert. eine dritte, die die scholien zu Lykoph. 1324 geben, indem
sie dessen rätselwort ὁ Φημίου παῖς = Theseus erklären, nennt den vater des Aigeus
Phemios, was Lykophron nicht notwendig gemeint haben muſs. sie verstehe ich
nicht. auch die Atthis (Plut. Thes. 13) betrachtet Aigeus nur als adoptivsohn des
Pandion. Androtion hat ihn an die Aigeiden von Theben angeschlossen, da er ihn
einen Sparten nannte (Tzetzes zu Lyk. 495, aus den vollständigeren scholien): die leute,
die an deren existenz zweifeln, sind so mit einem weiteren zeugnisse geschlagen.
damit gab er eine ältere tradition wieder, denn sein eigener rationalismus sah in
den Sparten keine erdgebornen, sondern die zusammengelaufene gefolgschaft des
Kadmos.
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[128/0138] II. 5. Die könige von Athen. nach Athen kam, zog er den ahn nach sich, den man als vater faſste. von einem geschlechte von Aegiden ist gleichwol keine spur. Aigeus als sohn Pandions ist erst die späteste anknüpfung; als man ihm sein haus in der unterstadt anwies, kann er nicht der sohn des königs auf der burg gewesen sein. in der tat kennen wir noch die genealogie, die ihn zum sohne des Aigikores macht, also zum enkel des Ion, und eine andere, 475 in der Theseuslegende anerkannte 6), die seinen vater Skyrios nennt. wie bei jener deutlich ein namensanklang gewirkt hat, so dürfte der erfinder von dieser an die berühmten αἶγες Σκύϱιαι ge- dacht haben. wertlos ist das alles, und an Aigeus in Athen nur wichtig, daſs er fremd ist und fremdes mitzubringen allein geeignet, wie den cult der Urania. Κέκϱοψ ist der name eines volksstammes; daher gibt nur Κεκϱο- πία einen landesnamen, wie Πελοπία von Πέλοψ, der genau ebenso zu beurteilen ist. die Κϱωπίδαι im nordwestwinkel der ebene gehören offenbar zu den Κέκϱοπες. so ist uns der stammesnamen der ältesten eingebornen bevölkerung erhalten. der attische urmensch ist als γηγενής ganz oder halb schlange und hat keine irdische descendenz auſser den Κεκϱοπίδαι im allgemeinen. Ἐϱεχϑεύς Ἐϱιχϑόνιος sind wir längst gewohnt zu identificiren, die form Ἐϱιχϑεύς auf der parischen chronik schlägt die brücke. man kann den kürzeren namen als hypokoristikon des längeren fassen, und die Ἐϱιχϑῴ der Würzburger Phineusschale ist schwerlich etwas anderes als Ἐϱιχϑονίη, die Χϑονίη von Mykonos und Syros. dann wäre auch Ἐϱεχ- ϑεύς nur der γηγενής; so ist Ἐϱιχϑόνιος überall gefaſst, in Athen Sikyon Ilios. aber auf der burg verehrt das geschlecht der Butaden vielmehr 6) Die abstammung von Aigikores, erhalten in einem scholion zu Demosthenes 24, 18 hat Maaſs (Gött. Anz. 1889, 806) hervorgezogen. das ist dankenswert; ebenso seine sonderung der traditionen über den zweikampf des Melanthos mit Xanthos und die intervention des Dionysos. aber alle seine folgerungen halte ich für phan- tasmen. die abstammung von Skyrios (Apollodor bibl. III 15, 5) ist durch Aristo- teles fgm. 4 gesichert. eine dritte, die die scholien zu Lykoph. 1324 geben, indem sie dessen rätselwort ὁ Φημίου παῖς = Theseus erklären, nennt den vater des Aigeus Phemios, was Lykophron nicht notwendig gemeint haben muſs. sie verstehe ich nicht. auch die Atthis (Plut. Thes. 13) betrachtet Aigeus nur als adoptivsohn des Pandion. Androtion hat ihn an die Aigeiden von Theben angeschlossen, da er ihn einen Sparten nannte (Tzetzes zu Lyk. 495, aus den vollständigeren scholien): die leute, die an deren existenz zweifeln, sind so mit einem weiteren zeugnisse geschlagen. damit gab er eine ältere tradition wieder, denn sein eigener rationalismus sah in den Sparten keine erdgebornen, sondern die zusammengelaufene gefolgschaft des Kadmos.

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/138>, abgerufen am 23.11.2024.