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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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Der erste bericht des Herodotos.
eigentlich hätte losschlagen können, sobald die von Sparta drohende ge-
fahr verschwand. Herodot bedient sich derselben auch nur als eines
stilistischen mittels, um einen übergang zu jenen planen der Spartaner
zu finden.2) innerlich motiviren hat er die zurückhaltung der Athener
mit einem orakel wollen, das ihnen 30 jahre zu warten gebot, widrigen-
falls sie einen sehr langen wechselvollen krieg führen müssten. dies
orakel dient ihm auch dazu, seine aeginetischen abschnitte zu ver-
knüpfen.3) es gehört freilich zu dem was er überliefert erhalten hat, aber
dass es hier erscheint, ist auch nur Herodots anordnung, die für uns
nicht massgebend ist. und wir bedürfen keiner besonderen motivirung
dafür, dass Athen 506 die räubereien der Aegineten, so bitter es sie
empfindet, hinnehmen muss: Athen hat ja keine flotte. da das orakel
die überwindung Aeginas nach 30 jahren in sichere aussicht stellt, kann
man nicht bezweifeln, dass es nach seiner erfüllung entstanden ist. 457
ist Aegina wirklich nach einem heftigen aber kurzen kampfe überwunden;
damals musste man sich der früheren kriege, um so mehr falls sie nicht
bloss resultatlos, sondern unglücklich waren, in der form erinnern
"das hätten wir uns sparen sollen". damals kannte man aber auch die
zeit genau genug, um mit 30 jahren, mag die zahl auch rund sein,
nicht 50 zu meinen. Herodot hätte das orakel also an dieser stelle
noch nicht erwähnen dürfen, sondern erst an der späteren, und, wie
wir vorgreifend nun schon ermittelt haben: der krieg mit Aegina fällt
um 487.


2) Solche übergänge macht er oft, und es ist ein wichtiges prinzip für seine
exegese, dass man in ihnen nicht mehr als das stilistische motiv sucht. da gehört
bei dem prosaischen Homer wirklich die bemerkung hin, die im epos so oft nicht
den dichter, den sie entschuldigen soll, sondern den redactor trifft, oikonomikos
touto legei.
3) V 89 elthe manteon ek Delphon episkhontas -- triekonta etea to eni
kai triekosto
Aiako temenos apodexantas arkhesthai -- -- -- tauta os apeneikh-
thenta ekousan oi Athenaioi, to men Aiako temenos apedexan touto, to nun epi
tes agores idrutai, triekonta de etea ouk aneskhonto. VI 88 Athenaioi de pa-
thontes tauta ouketi aneballonto me ou to pan mekhanesasthai ep Aiginetesin.
das heiligtum wird auch erwähnt in einer der topographischen glossenreihen des
fünften Bekkerschen lexicons, 212 (= Hesych, nicht Diogenian), die auf Athen gehn,
so dass Aiakeion, topos ou phasin ton Aiakon oikesai den aeginetischen heros
allerdings annectirt, wie seine nachkommen Aias und Eurysakes, wie Theseus und
Neleus annectirt sind, und namentlich Nisos, der eponymos von Nisaia. auch be-
deutet diese gründung (die natürlich eine restitution sein wollte) den plan, Aegina
zu annectiren. also ist es eine gründung von 458: älter kann ein solcher gedanke
nicht sein, wol aber jünger, doch nur bis 404.

Der erste bericht des Herodotos.
eigentlich hätte losschlagen können, sobald die von Sparta drohende ge-
fahr verschwand. Herodot bedient sich derselben auch nur als eines
stilistischen mittels, um einen übergang zu jenen planen der Spartaner
zu finden.2) innerlich motiviren hat er die zurückhaltung der Athener
mit einem orakel wollen, das ihnen 30 jahre zu warten gebot, widrigen-
falls sie einen sehr langen wechselvollen krieg führen müſsten. dies
orakel dient ihm auch dazu, seine aeginetischen abschnitte zu ver-
knüpfen.3) es gehört freilich zu dem was er überliefert erhalten hat, aber
daſs es hier erscheint, ist auch nur Herodots anordnung, die für uns
nicht maſsgebend ist. und wir bedürfen keiner besonderen motivirung
dafür, daſs Athen 506 die räubereien der Aegineten, so bitter es sie
empfindet, hinnehmen muſs: Athen hat ja keine flotte. da das orakel
die überwindung Aeginas nach 30 jahren in sichere aussicht stellt, kann
man nicht bezweifeln, daſs es nach seiner erfüllung entstanden ist. 457
ist Aegina wirklich nach einem heftigen aber kurzen kampfe überwunden;
damals muſste man sich der früheren kriege, um so mehr falls sie nicht
bloſs resultatlos, sondern unglücklich waren, in der form erinnern
“das hätten wir uns sparen sollen”. damals kannte man aber auch die
zeit genau genug, um mit 30 jahren, mag die zahl auch rund sein,
nicht 50 zu meinen. Herodot hätte das orakel also an dieser stelle
noch nicht erwähnen dürfen, sondern erst an der späteren, und, wie
wir vorgreifend nun schon ermittelt haben: der krieg mit Aegina fällt
um 487.


2) Solche übergänge macht er oft, und es ist ein wichtiges prinzip für seine
exegese, daſs man in ihnen nicht mehr als das stilistische motiv sucht. da gehört
bei dem prosaischen Homer wirklich die bemerkung hin, die im epos so oft nicht
den dichter, den sie entschuldigen soll, sondern den redactor trifft, οἰκονομικῶς
τοῦτο λέγει.
3) V 89 ἦλϑε μαντῇον ἐκ Δελφῶν ἐπισχόντας — τϱιήκοντα ἔτεα τῷ ἑνὶ
καὶ τϱιηκοστῷ
Αἰακῷ τέμενος ἀποδέξαντας ἄϱχεσϑαι — — — ταῦτα ὡς ἀπενειχ-
ϑέντα ἤκουσαν οἱ Ἀϑηναῖοι, τῷ μὲν Αἰακῷ τέμενος ἀπέδεξαν τοῦτο, τὸ νῦν ἐπὶ
τῆς ἀγοϱῆς ἵδϱυται, τϱιήκοντα δὲ ἔτεα οὐκ ἀνέσχοντο. VI 88 Ἀϑηναῖοι δὲ πα-
ϑόντες ταῦτα οὐκέτι ἀνεβάλλοντο μὴ οὐ τὸ πᾶν μηχανήσασϑαι ἐπ̕ Αἰγινήτῃσιν.
das heiligtum wird auch erwähnt in einer der topographischen glossenreihen des
fünften Bekkerschen lexicons, 212 (= Hesych, nicht Diogenian), die auf Athen gehn,
so daſs Αἰάκειον, τόπος οὗ φασὶν τὸν Αἰακὸν οἰκῆσαι den aeginetischen heros
allerdings annectirt, wie seine nachkommen Aias und Eurysakes, wie Theseus und
Neleus annectirt sind, und namentlich Nisos, der eponymos von Nisaia. auch be-
deutet diese gründung (die natürlich eine restitution sein wollte) den plan, Aegina
zu annectiren. also ist es eine gründung von 458: älter kann ein solcher gedanke
nicht sein, wol aber jünger, doch nur bis 404.
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[281/0291] Der erste bericht des Herodotos. eigentlich hätte losschlagen können, sobald die von Sparta drohende ge- fahr verschwand. Herodot bedient sich derselben auch nur als eines stilistischen mittels, um einen übergang zu jenen planen der Spartaner zu finden. 2) innerlich motiviren hat er die zurückhaltung der Athener mit einem orakel wollen, das ihnen 30 jahre zu warten gebot, widrigen- falls sie einen sehr langen wechselvollen krieg führen müſsten. dies orakel dient ihm auch dazu, seine aeginetischen abschnitte zu ver- knüpfen. 3) es gehört freilich zu dem was er überliefert erhalten hat, aber daſs es hier erscheint, ist auch nur Herodots anordnung, die für uns nicht maſsgebend ist. und wir bedürfen keiner besonderen motivirung dafür, daſs Athen 506 die räubereien der Aegineten, so bitter es sie empfindet, hinnehmen muſs: Athen hat ja keine flotte. da das orakel die überwindung Aeginas nach 30 jahren in sichere aussicht stellt, kann man nicht bezweifeln, daſs es nach seiner erfüllung entstanden ist. 457 ist Aegina wirklich nach einem heftigen aber kurzen kampfe überwunden; damals muſste man sich der früheren kriege, um so mehr falls sie nicht bloſs resultatlos, sondern unglücklich waren, in der form erinnern “das hätten wir uns sparen sollen”. damals kannte man aber auch die zeit genau genug, um mit 30 jahren, mag die zahl auch rund sein, nicht 50 zu meinen. Herodot hätte das orakel also an dieser stelle noch nicht erwähnen dürfen, sondern erst an der späteren, und, wie wir vorgreifend nun schon ermittelt haben: der krieg mit Aegina fällt um 487. 2) Solche übergänge macht er oft, und es ist ein wichtiges prinzip für seine exegese, daſs man in ihnen nicht mehr als das stilistische motiv sucht. da gehört bei dem prosaischen Homer wirklich die bemerkung hin, die im epos so oft nicht den dichter, den sie entschuldigen soll, sondern den redactor trifft, οἰκονομικῶς τοῦτο λέγει. 3) V 89 ἦλϑε μαντῇον ἐκ Δελφῶν ἐπισχόντας — τϱιήκοντα ἔτεα τῷ ἑνὶ καὶ τϱιηκοστῷ Αἰακῷ τέμενος ἀποδέξαντας ἄϱχεσϑαι — — — ταῦτα ὡς ἀπενειχ- ϑέντα ἤκουσαν οἱ Ἀϑηναῖοι, τῷ μὲν Αἰακῷ τέμενος ἀπέδεξαν τοῦτο, τὸ νῦν ἐπὶ τῆς ἀγοϱῆς ἵδϱυται, τϱιήκοντα δὲ ἔτεα οὐκ ἀνέσχοντο. VI 88 Ἀϑηναῖοι δὲ πα- ϑόντες ταῦτα οὐκέτι ἀνεβάλλοντο μὴ οὐ τὸ πᾶν μηχανήσασϑαι ἐπ̕ Αἰγινήτῃσιν. das heiligtum wird auch erwähnt in einer der topographischen glossenreihen des fünften Bekkerschen lexicons, 212 (= Hesych, nicht Diogenian), die auf Athen gehn, so daſs Αἰάκειον, τόπος οὗ φασὶν τὸν Αἰακὸν οἰκῆσαι den aeginetischen heros allerdings annectirt, wie seine nachkommen Aias und Eurysakes, wie Theseus und Neleus annectirt sind, und namentlich Nisos, der eponymos von Nisaia. auch be- deutet diese gründung (die natürlich eine restitution sein wollte) den plan, Aegina zu annectiren. also ist es eine gründung von 458: älter kann ein solcher gedanke nicht sein, wol aber jünger, doch nur bis 404.

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/291>, abgerufen am 24.11.2024.