Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889.Aristophanes von Byzanz. upotheseis. ihm gibt es keine philologische beschäftigung mit ihnen; er eröffnet diereihe der grammatiker, welche sich ihrer erklärung widmen, und steht unter diesen selbst für unsere kenntnis in der vordersten reihe. die tragikerkritik setzt eben so gut wie die Pindars einen festen text voraus, über welchen hinaus die forschung kaum je geht, dann aber in völliger finsternis tappt 34). die einteilung nach kola ist auch im drama durch- geführt. also irgend jemand hat für dieses dasselbe geleistet wie Aristo- phanes für die lyrik: man kann an keinen andern als ihn denken. und eine deutliche spur ist auch erhalten geblieben, welche allein schon auf eine grundlegende ausgabe des Aristophanes führen würde, die upo-upothe- seis. theseis. dass Aristophanes den dramen eine kurze vorbemerkung vor- gesetzt hätte, vergass man bis in die späteste zeit nicht. sein name blieb diesen vorsatzstücken, die zu dem drama so notwendig gehörten, dass der verfertiger des Okypus seiner parodie auch eine hypothesis, zum teil in aristophanischen formeln, vorausgeschickt hat. selbst als man, wahrscheinlich im 2. jahrhundert n. Chr., wo die lateinische grammatik solche spielereien treibt 35), den inhalt der tragödien und komödien in schlechte verse fasste, hastete an diesen der alte berühmte name 36). mit einem commentar hängen die upotheseis nicht zusammen; das zeigt ausser Terenz und Plautus die reihe der scholienlos überlieferten euri- pideischen dramen, vor denen sich nicht nur upotheseis, sondern selbst reste aristophanischer gelehrsamkeit, allerdings ohne den namen, erhalten haben 37). hieraus und übrigens aus dem ganzen inhalte der gelehrten notizen ergibt sich, dass Aristophanes die ausgabe, welcher er sie beigab, für das publicum bestimmt hatte, nicht für die philologen. 34) Nur der tüchtige forscher Asklepiades (um 150) hat in Athen nach über- schenen handschriften gesucht, schol. Ar. Frö. 1344. wenn einer von der attischen schrift redet, so zeigt er nur, dass er von ihr überhaupt nichts weiss (schol. Phoen. 682). nicht besser ist meistens, was von den schauspielern ausgesagt wird. wo palaia, anagkaiotera antigrapha u. dgl. citirt werden, sind fast immer viel spätere zeiten gemeint, nirgend ist man veranlasst über Aristophanes zurückzugehen. 35) Die didaskalien, welche den römischen schauspielen im 1. jahrhundert v. Chr. vorgesetzt sind, sind natürlich nach dem vorbilde der aristophanischen vor- bemerkungen verfertigt, die damals in den griechischen texten standen. 36) Die letzte spur ist wol, dass in den Statiusscholien XII 510 der inhalt des Oid. Kol. dem Aristophanes zugeschrieben wird. denn in dieser gegend der litteratur ist eine vertauschung der dichternamen nicht wahrscheinlich. 37) Ausser formelhaften, also nicht für den aristophanischen ursprung beweisen- den, wendungen steht zu den Hiketiden die aesthetische kritik to drama egkomion Athenon. die Bakchen zeigen auch durch die erhaltung des aristophanischen namens, dass sie nicht in diese classe von tragödien gehören. v. Wilamowitz I. 10
Aristophanes von Byzanz. ὑποϑέσεις. ihm gibt es keine philologische beschäftigung mit ihnen; er eröffnet diereihe der grammatiker, welche sich ihrer erklärung widmen, und steht unter diesen selbst für unsere kenntnis in der vordersten reihe. die tragikerkritik setzt eben so gut wie die Pindars einen festen text voraus, über welchen hinaus die forschung kaum je geht, dann aber in völliger finsternis tappt 34). die einteilung nach κῶλα ist auch im drama durch- geführt. also irgend jemand hat für dieses dasselbe geleistet wie Aristo- phanes für die lyrik: man kann an keinen andern als ihn denken. und eine deutliche spur ist auch erhalten geblieben, welche allein schon auf eine grundlegende ausgabe des Aristophanes führen würde, die ὑπο-ὑποϑέ- σεις. ϑέσεις. daſs Aristophanes den dramen eine kurze vorbemerkung vor- gesetzt hätte, vergaſs man bis in die späteste zeit nicht. sein name blieb diesen vorsatzstücken, die zu dem drama so notwendig gehörten, daſs der verfertiger des Okypus seiner parodie auch eine hypothesis, zum teil in aristophanischen formeln, vorausgeschickt hat. selbst als man, wahrscheinlich im 2. jahrhundert n. Chr., wo die lateinische grammatik solche spielereien treibt 35), den inhalt der tragödien und komödien in schlechte verse faſste, hastete an diesen der alte berühmte name 36). mit einem commentar hängen die ὑποϑέσεις nicht zusammen; das zeigt auſser Terenz und Plautus die reihe der scholienlos überlieferten euri- pideischen dramen, vor denen sich nicht nur ὑποϑέσεις, sondern selbst reste aristophanischer gelehrsamkeit, allerdings ohne den namen, erhalten haben 37). hieraus und übrigens aus dem ganzen inhalte der gelehrten notizen ergibt sich, daſs Aristophanes die ausgabe, welcher er sie beigab, für das publicum bestimmt hatte, nicht für die philologen. 34) Nur der tüchtige forscher Asklepiades (um 150) hat in Athen nach über- schenen handschriften gesucht, schol. Ar. Frö. 1344. wenn einer von der attischen schrift redet, so zeigt er nur, daſs er von ihr überhaupt nichts weiſs (schol. Phoen. 682). nicht besser ist meistens, was von den schauspielern ausgesagt wird. wo παλαιά, ἀναγκαιότερα ἀντίγραφα u. dgl. citirt werden, sind fast immer viel spätere zeiten gemeint, nirgend ist man veranlaſst über Aristophanes zurückzugehen. 35) Die didaskalien, welche den römischen schauspielen im 1. jahrhundert v. Chr. vorgesetzt sind, sind natürlich nach dem vorbilde der aristophanischen vor- bemerkungen verfertigt, die damals in den griechischen texten standen. 36) Die letzte spur ist wol, daſs in den Statiusscholien XII 510 der inhalt des Oid. Kol. dem Aristophanes zugeschrieben wird. denn in dieser gegend der litteratur ist eine vertauschung der dichternamen nicht wahrscheinlich. 37) Auſser formelhaften, also nicht für den aristophanischen ursprung beweisen- den, wendungen steht zu den Hiketiden die aesthetische kritik τὸ δρᾶμα ἐγκώμιον Ἀϑηνῶν. die Bakchen zeigen auch durch die erhaltung des aristophanischen namens, daſs sie nicht in diese classe von tragödien gehören. v. Wilamowitz I. 10
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Aristophanes von Byzanz. ὑποϑέσεις.
ihm gibt es keine philologische beschäftigung mit ihnen; er eröffnet die
reihe der grammatiker, welche sich ihrer erklärung widmen, und steht
unter diesen selbst für unsere kenntnis in der vordersten reihe. die
tragikerkritik setzt eben so gut wie die Pindars einen festen text voraus,
über welchen hinaus die forschung kaum je geht, dann aber in völliger
finsternis tappt 34). die einteilung nach κῶλα ist auch im drama durch-
geführt. also irgend jemand hat für dieses dasselbe geleistet wie Aristo-
phanes für die lyrik: man kann an keinen andern als ihn denken. und
eine deutliche spur ist auch erhalten geblieben, welche allein schon auf
eine grundlegende ausgabe des Aristophanes führen würde, die ὑπο-
ϑέσεις. daſs Aristophanes den dramen eine kurze vorbemerkung vor-
gesetzt hätte, vergaſs man bis in die späteste zeit nicht. sein name
blieb diesen vorsatzstücken, die zu dem drama so notwendig gehörten,
daſs der verfertiger des Okypus seiner parodie auch eine hypothesis, zum
teil in aristophanischen formeln, vorausgeschickt hat. selbst als man,
wahrscheinlich im 2. jahrhundert n. Chr., wo die lateinische grammatik
solche spielereien treibt 35), den inhalt der tragödien und komödien in
schlechte verse faſste, hastete an diesen der alte berühmte name 36). mit
einem commentar hängen die ὑποϑέσεις nicht zusammen; das zeigt
auſser Terenz und Plautus die reihe der scholienlos überlieferten euri-
pideischen dramen, vor denen sich nicht nur ὑποϑέσεις, sondern selbst
reste aristophanischer gelehrsamkeit, allerdings ohne den namen, erhalten
haben 37). hieraus und übrigens aus dem ganzen inhalte der gelehrten
notizen ergibt sich, daſs Aristophanes die ausgabe, welcher er sie beigab,
für das publicum bestimmt hatte, nicht für die philologen.
ὑποϑέ-
σεις.
34) Nur der tüchtige forscher Asklepiades (um 150) hat in Athen nach über-
schenen handschriften gesucht, schol. Ar. Frö. 1344. wenn einer von der attischen
schrift redet, so zeigt er nur, daſs er von ihr überhaupt nichts weiſs (schol. Phoen. 682).
nicht besser ist meistens, was von den schauspielern ausgesagt wird. wo παλαιά,
ἀναγκαιότερα ἀντίγραφα u. dgl. citirt werden, sind fast immer viel spätere zeiten
gemeint, nirgend ist man veranlaſst über Aristophanes zurückzugehen.
35) Die didaskalien, welche den römischen schauspielen im 1. jahrhundert
v. Chr. vorgesetzt sind, sind natürlich nach dem vorbilde der aristophanischen vor-
bemerkungen verfertigt, die damals in den griechischen texten standen.
36) Die letzte spur ist wol, daſs in den Statiusscholien XII 510 der inhalt des
Oid. Kol. dem Aristophanes zugeschrieben wird. denn in dieser gegend der litteratur
ist eine vertauschung der dichternamen nicht wahrscheinlich.
37) Auſser formelhaften, also nicht für den aristophanischen ursprung beweisen-
den, wendungen steht zu den Hiketiden die aesthetische kritik τὸ δρᾶμα ἐγκώμιον
Ἀϑηνῶν. die Bakchen zeigen auch durch die erhaltung des aristophanischen namens,
daſs sie nicht in diese classe von tragödien gehören.
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