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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889.

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Aristophanes von Byzanz. textkritik.
publicirten texte fanden: schon Ovid hat unsere erhaltene hypothesis
der Medeia, welche den Rhodier Timachidas 41) citirt, in seinem Euripides-
exemplar gelesen 42). um so deutlicher wird die macht des aristophanischen
vorbildes und die weite geltung dieser grammatischen sitte.

Von den hilfsmitteln und der methode, welche Aristophanes für dieTextkritik.
recensio der tragiker zu gebote standen, wissen wir so gut wie nichts.
texte der meisten dramen mussten in grosser zahl in der bibliothek liegen,
und die könige setzten ihr geld und ihre diplomatie dafür ein, dass wert-
volle handschriften, z. b. das lykurgische exemplar aus Athen, für Alexan-
dreia gewonnen wurden 43). wenn wir bedenken, dass Aristophanes in
seinen Homertext sehr viele verse aufgenommen hat, die Zenodotos gar
nicht geschrieben hatte und er selbst für unecht hielt, so dürfen wir uns
nicht wundern, dass so viel unechte verse in den dramen stehen, dürfen
aber zugleich keinesweges glauben, dass Aristophanes sich über dieselben
immer getäuscht hätte 44). auch doppelte recensionen, die nicht selten sind,
hat er erweislich zuweilen trotz richtiger einsicht aufgenommen 45). wir

bekämpfte grammatiker geschrieben hatte, der den Rhesos verwarf. dieser erst hat
den Aristophanes benutzt.
41) Timachidas war noch dichter, verfasser eines vielbändigen epischen deipnon,
glossograph und verfasser von commentaren zur Medeia, den Fröschen und dem Kolax
des Menandros (Et. M. [Sorb.] karadoko). seine zeit steht nicht fest; man möchte
ihn in das 2. jahrhundert setzen.
42) Das hat Robert (Bild und Lied 231) sehr schön aus Metam. VII 159--296
ermittelt.
43) Galen XVII 607.
44) Z. b. Vög. 1343, ein vers, den andere mit recht gar nicht schrieben. in ganz
interpolirter gestalt ist die letzte scene der Frösche überliefert, wo Aristophanes den
trug, wie es scheint, gar nicht, Aristarch zum teil durchschaut hat. man wundert sich
in der tat, dass so üble dittographien und zusätze sich haben halten können; leider
finden sie jetzt sogar verteidiger. zu streichen sind 1429, 1432, 1437--41, 1446--48,
1452. 53 (1455. 6 ist abzuteilen DIO. pothen; misei kakista. AIS. tois ponerois
d edetai; DIO. ou det ekeine g, alla khretai pros bian. AIS.) 1462--66, 1478.
45) Frö. 153; anders wird er es mit den sinnlos wiederholten versen in Eur.
Medeia und Phoenissen auch nicht gehalten haben. gerade die existenz von ditto-
graphien beweist in der griechischen wie in der römischen dramatischen poesie, dass
unsere überlieferung auf die ausgabe von gelehrten zurückgeht, welche die ver-
schiedenen fassungen, die sie in den handschriften einzeln vorfanden, neben einander
gerückt haben. denn nur das zusammenarbeiten der vorher gesonderten fassungen
kann sie vereinigt haben. sehr oft wird ein kritisches zeichen zuerst gesetzt ge-
wesen sein. hätten diese herausgeber die anmerkung als eine berechtigte eigentüm-
lichkeit wissenschaftlicher schriftstellerei gekannt, so würde der gang der textge-
schichte ein ganz anderer geworden sein, würden übrigens z. b. auch Aristoteles ethik,
10*

Aristophanes von Byzanz. textkritik.
publicirten texte fanden: schon Ovid hat unsere erhaltene hypothesis
der Medeia, welche den Rhodier Timachidas 41) citirt, in seinem Euripides-
exemplar gelesen 42). um so deutlicher wird die macht des aristophanischen
vorbildes und die weite geltung dieser grammatischen sitte.

Von den hilfsmitteln und der methode, welche Aristophanes für dieTextkritik.
recensio der tragiker zu gebote standen, wissen wir so gut wie nichts.
texte der meisten dramen muſsten in groſser zahl in der bibliothek liegen,
und die könige setzten ihr geld und ihre diplomatie dafür ein, daſs wert-
volle handschriften, z. b. das lykurgische exemplar aus Athen, für Alexan-
dreia gewonnen wurden 43). wenn wir bedenken, daſs Aristophanes in
seinen Homertext sehr viele verse aufgenommen hat, die Zenodotos gar
nicht geschrieben hatte und er selbst für unecht hielt, so dürfen wir uns
nicht wundern, daſs so viel unechte verse in den dramen stehen, dürfen
aber zugleich keinesweges glauben, daſs Aristophanes sich über dieselben
immer getäuscht hätte 44). auch doppelte recensionen, die nicht selten sind,
hat er erweislich zuweilen trotz richtiger einsicht aufgenommen 45). wir

bekämpfte grammatiker geschrieben hatte, der den Rhesos verwarf. dieser erst hat
den Aristophanes benutzt.
41) Timachidas war noch dichter, verfasser eines vielbändigen epischen δεῖπνον,
glossograph und verfasser von commentaren zur Medeia, den Fröschen und dem Κόλαξ
des Menandros (Et. M. [Sorb.] καραδοκῶ). seine zeit steht nicht fest; man möchte
ihn in das 2. jahrhundert setzen.
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ermittelt.
43) Galen XVII 607.
44) Z. b. Vög. 1343, ein vers, den andere mit recht gar nicht schrieben. in ganz
interpolirter gestalt ist die letzte scene der Frösche überliefert, wo Aristophanes den
trug, wie es scheint, gar nicht, Aristarch zum teil durchschaut hat. man wundert sich
in der tat, daſs so üble dittographien und zusätze sich haben halten können; leider
finden sie jetzt sogar verteidiger. zu streichen sind 1429, 1432, 1437—41, 1446—48,
1452. 53 (1455. 6 ist abzuteilen ΔΙΟ. πόϑεν; μισεῖ κάκιστα. ΑΙΣ. τοῖς πονηροῖς
δ̕ ἥδεται; ΔΙΟ. οὐ δῆτ̕ ἐκείνη γ̕, ἀλλὰ χρῆται πρὸς βίαν. ΑΙΣ.) 1462—66, 1478.
45) Frö. 153; anders wird er es mit den sinnlos wiederholten versen in Eur.
Medeia und Phoenissen auch nicht gehalten haben. gerade die existenz von ditto-
graphien beweist in der griechischen wie in der römischen dramatischen poesie, daſs
unsere überlieferung auf die ausgabe von gelehrten zurückgeht, welche die ver-
schiedenen fassungen, die sie in den handschriften einzeln vorfanden, neben einander
gerückt haben. denn nur das zusammenarbeiten der vorher gesonderten fassungen
kann sie vereinigt haben. sehr oft wird ein kritisches zeichen zuerst gesetzt ge-
wesen sein. hätten diese herausgeber die anmerkung als eine berechtigte eigentüm-
lichkeit wissenschaftlicher schriftstellerei gekannt, so würde der gang der textge-
schichte ein ganz anderer geworden sein, würden übrigens z. b. auch Aristoteles ethik,
10*
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[147/0167] Aristophanes von Byzanz. textkritik. publicirten texte fanden: schon Ovid hat unsere erhaltene hypothesis der Medeia, welche den Rhodier Timachidas 41) citirt, in seinem Euripides- exemplar gelesen 42). um so deutlicher wird die macht des aristophanischen vorbildes und die weite geltung dieser grammatischen sitte. Von den hilfsmitteln und der methode, welche Aristophanes für die recensio der tragiker zu gebote standen, wissen wir so gut wie nichts. texte der meisten dramen muſsten in groſser zahl in der bibliothek liegen, und die könige setzten ihr geld und ihre diplomatie dafür ein, daſs wert- volle handschriften, z. b. das lykurgische exemplar aus Athen, für Alexan- dreia gewonnen wurden 43). wenn wir bedenken, daſs Aristophanes in seinen Homertext sehr viele verse aufgenommen hat, die Zenodotos gar nicht geschrieben hatte und er selbst für unecht hielt, so dürfen wir uns nicht wundern, daſs so viel unechte verse in den dramen stehen, dürfen aber zugleich keinesweges glauben, daſs Aristophanes sich über dieselben immer getäuscht hätte 44). auch doppelte recensionen, die nicht selten sind, hat er erweislich zuweilen trotz richtiger einsicht aufgenommen 45). wir 40) Textkritik. 41) Timachidas war noch dichter, verfasser eines vielbändigen epischen δεῖπνον, glossograph und verfasser von commentaren zur Medeia, den Fröschen und dem Κόλαξ des Menandros (Et. M. [Sorb.] καραδοκῶ). seine zeit steht nicht fest; man möchte ihn in das 2. jahrhundert setzen. 42) Das hat Robert (Bild und Lied 231) sehr schön aus Metam. VII 159—296 ermittelt. 43) Galen XVII 607. 44) Z. b. Vög. 1343, ein vers, den andere mit recht gar nicht schrieben. in ganz interpolirter gestalt ist die letzte scene der Frösche überliefert, wo Aristophanes den trug, wie es scheint, gar nicht, Aristarch zum teil durchschaut hat. man wundert sich in der tat, daſs so üble dittographien und zusätze sich haben halten können; leider finden sie jetzt sogar verteidiger. zu streichen sind 1429, 1432, 1437—41, 1446—48, 1452. 53 (1455. 6 ist abzuteilen ΔΙΟ. πόϑεν; μισεῖ κάκιστα. ΑΙΣ. τοῖς πονηροῖς δ̕ ἥδεται; ΔΙΟ. οὐ δῆτ̕ ἐκείνη γ̕, ἀλλὰ χρῆται πρὸς βίαν. ΑΙΣ.) 1462—66, 1478. 45) Frö. 153; anders wird er es mit den sinnlos wiederholten versen in Eur. Medeia und Phoenissen auch nicht gehalten haben. gerade die existenz von ditto- graphien beweist in der griechischen wie in der römischen dramatischen poesie, daſs unsere überlieferung auf die ausgabe von gelehrten zurückgeht, welche die ver- schiedenen fassungen, die sie in den handschriften einzeln vorfanden, neben einander gerückt haben. denn nur das zusammenarbeiten der vorher gesonderten fassungen kann sie vereinigt haben. sehr oft wird ein kritisches zeichen zuerst gesetzt ge- wesen sein. hätten diese herausgeber die anmerkung als eine berechtigte eigentüm- lichkeit wissenschaftlicher schriftstellerei gekannt, so würde der gang der textge- schichte ein ganz anderer geworden sein, würden übrigens z. b. auch Aristoteles ethik, 40) bekämpfte grammatiker geschrieben hatte, der den Rhesos verwarf. dieser erst hat den Aristophanes benutzt. 10*

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_tragoedie_1889/167>, abgerufen am 21.11.2024.