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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889.

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Der Herakles der sage.
nach vollendung der arbeiten auf dem wolkigen Olympos die Hebe gefreit

olbios os mega ergon en athanatoisin anussas
naiei apemantos kai ageraos emata panta 117).

ihm ist das grosse werk gelungen: so lebt er nun in ewiger seligkeit. und
mit reichstem schmucke seines anspruchsvollen stiles, aber in demselben
tone wiederholt dasselbe Pindar. "in den Olymp ist er eingetreten,
nachdem er das ende von erde und meer gefunden und der schiffahrt
die bahn befriedet. so wohnet er jetzt in der höchsten seligkeit bei
Zeus, aufgenommen in die göttliche familie, vermählt der Heba, ein herr
des güldenen hauses und eidam Heras" 118). und das erste nemeische gedicht
hat Pindar eigentlich dem Herakles mehr als dem Chromios gewidmet,
für den es bestimmt war. denn die aufgabe, das lob des siegers und
seiner heimat, macht er würdig aber kurz ab und bahnt sich gewaltsam,
wie er pflegt, den übergang "wir menschen leben allzumal in mühsal
und furcht und hoffnung: ich aber halte mich gern an Herakles und
will von ihm bei gelegenheit dieser trefflichen tat eines trefflichen mannes
eine alte geschichte erzählen". und nun folgt, offenbar im anschluss an
ein altes gedicht, die schlangenwürgung des kindes, und wie Teiresias
den eltern alles vorherverkündet hat,

aber in der descendenz des Zeus den stoff dieser hesiodischen partie erkannt, so ist
damit gesagt, dass 930--37, 945. 6 und alles was auf 955 folgt fremdartig ist,
und zu dem kitte gehört, welcher die Theogonie mit den Katalogen verband, aus
welchen ja 987 schon citirt wird (Herm. 18, 416). an die letzte göttin, mit welcher
Zeus göttliche kinder gezeugt hat, schliessen sich die sterblichen oder doch des
götternamens unwürdigen, welche ihm auch götter geboren haben, Maia den Hermes,
Semele den Dionysos, dessen gattin auch gott geworden ist, und Herakles: der war
bekanntlich der letzte Zeussohn, und seine göttlichkeit ist in seiner ehe ausgesprochen.
hier endet, was wir von Hesiods Theogonie haben; was folgte und wie viel, weiss
niemand.
117) Es ist ein arger sachlicher verstoss, wenn man an die gigantomachie
gedacht hat, um en athanatoisi mit dem nächsten verbum zu verbinden. die gigan-
tomachie ist gar nicht die haupttat, Hesiodos hat auch die beteiligung des Herakles
schwerlich gekannt; bei Pindar Nem. 1 sind die giganten nur ein exempel für die
andres sun plagio koro steikhontes, und jedes andere könnte ebenso gut stehen,
wie denn Isthm. 3 Antaios steht. das mega ergon ist sein lebenswerk. aber en
athanatoisi zu ändern ist auch falsch, es liegt ja das hauptgewicht auf der apotheose,
deshalb ist eine etwas verschränkte wortstellung gewählt, die aber die recitation
jeder zweideutigkeit überheben kann.
118) Hier ist ganz deutlich noch der unmittelbare übergang von der fahrt in
den äussersten westen, wo die sonne zu rüste geht und Atlas den himmel hält, in
den himmelsgarten, vgl. zu v. 394.

Der Herakles der sage.
nach vollendung der arbeiten auf dem wolkigen Olympos die Hebe gefreit

ὄλβιος ὅς μέγα ἔργον ἐν ἀϑανάτοισιν ἀνύσσας
ναίει ἀπήμαντος καὶ ἀγήραος ἤματα πάντα 117).

ihm ist das groſse werk gelungen: so lebt er nun in ewiger seligkeit. und
mit reichstem schmucke seines anspruchsvollen stiles, aber in demselben
tone wiederholt dasselbe Pindar. “in den Olymp ist er eingetreten,
nachdem er das ende von erde und meer gefunden und der schiffahrt
die bahn befriedet. so wohnet er jetzt in der höchsten seligkeit bei
Zeus, aufgenommen in die göttliche familie, vermählt der Heba, ein herr
des güldenen hauses und eidam Heras” 118). und das erste nemeische gedicht
hat Pindar eigentlich dem Herakles mehr als dem Chromios gewidmet,
für den es bestimmt war. denn die aufgabe, das lob des siegers und
seiner heimat, macht er würdig aber kurz ab und bahnt sich gewaltsam,
wie er pflegt, den übergang “wir menschen leben allzumal in mühsal
und furcht und hoffnung: ich aber halte mich gern an Herakles und
will von ihm bei gelegenheit dieser trefflichen tat eines trefflichen mannes
eine alte geschichte erzählen”. und nun folgt, offenbar im anschluſs an
ein altes gedicht, die schlangenwürgung des kindes, und wie Teiresias
den eltern alles vorherverkündet hat,

aber in der descendenz des Zeus den stoff dieser hesiodischen partie erkannt, so ist
damit gesagt, daſs 930—37, 945. 6 und alles was auf 955 folgt fremdartig ist,
und zu dem kitte gehört, welcher die Theogonie mit den Katalogen verband, aus
welchen ja 987 schon citirt wird (Herm. 18, 416). an die letzte göttin, mit welcher
Zeus göttliche kinder gezeugt hat, schlieſsen sich die sterblichen oder doch des
götternamens unwürdigen, welche ihm auch götter geboren haben, Maia den Hermes,
Semele den Dionysos, dessen gattin auch gott geworden ist, und Herakles: der war
bekanntlich der letzte Zeussohn, und seine göttlichkeit ist in seiner ehe ausgesprochen.
hier endet, was wir von Hesiods Theogonie haben; was folgte und wie viel, weiſs
niemand.
117) Es ist ein arger sachlicher verstoſs, wenn man an die gigantomachie
gedacht hat, um ἐν ἀϑανάτοισι mit dem nächsten verbum zu verbinden. die gigan-
tomachie ist gar nicht die haupttat, Hesiodos hat auch die beteiligung des Herakles
schwerlich gekannt; bei Pindar Nem. 1 sind die giganten nur ein exempel für die
ἄνδρες σὺν πλαγίῳ κόρῳ στείχοντες, und jedes andere könnte ebenso gut stehen,
wie denn Isthm. 3 Antaios steht. das μέγα ἔργον ist sein lebenswerk. aber ἐν
ἀϑανάτοισι zu ändern ist auch falsch, es liegt ja das hauptgewicht auf der apotheose,
deshalb ist eine etwas verschränkte wortstellung gewählt, die aber die recitation
jeder zweideutigkeit überheben kann.
118) Hier ist ganz deutlich noch der unmittelbare übergang von der fahrt in
den äuſsersten westen, wo die sonne zu rüste geht und Atlas den himmel hält, in
den himmelsgarten, vgl. zu v. 394.
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[328/0348] Der Herakles der sage. nach vollendung der arbeiten auf dem wolkigen Olympos die Hebe gefreit ὄλβιος ὅς μέγα ἔργον ἐν ἀϑανάτοισιν ἀνύσσας ναίει ἀπήμαντος καὶ ἀγήραος ἤματα πάντα 117). ihm ist das groſse werk gelungen: so lebt er nun in ewiger seligkeit. und mit reichstem schmucke seines anspruchsvollen stiles, aber in demselben tone wiederholt dasselbe Pindar. “in den Olymp ist er eingetreten, nachdem er das ende von erde und meer gefunden und der schiffahrt die bahn befriedet. so wohnet er jetzt in der höchsten seligkeit bei Zeus, aufgenommen in die göttliche familie, vermählt der Heba, ein herr des güldenen hauses und eidam Heras” 118). und das erste nemeische gedicht hat Pindar eigentlich dem Herakles mehr als dem Chromios gewidmet, für den es bestimmt war. denn die aufgabe, das lob des siegers und seiner heimat, macht er würdig aber kurz ab und bahnt sich gewaltsam, wie er pflegt, den übergang “wir menschen leben allzumal in mühsal und furcht und hoffnung: ich aber halte mich gern an Herakles und will von ihm bei gelegenheit dieser trefflichen tat eines trefflichen mannes eine alte geschichte erzählen”. und nun folgt, offenbar im anschluſs an ein altes gedicht, die schlangenwürgung des kindes, und wie Teiresias den eltern alles vorherverkündet hat, 116) 117) Es ist ein arger sachlicher verstoſs, wenn man an die gigantomachie gedacht hat, um ἐν ἀϑανάτοισι mit dem nächsten verbum zu verbinden. die gigan- tomachie ist gar nicht die haupttat, Hesiodos hat auch die beteiligung des Herakles schwerlich gekannt; bei Pindar Nem. 1 sind die giganten nur ein exempel für die ἄνδρες σὺν πλαγίῳ κόρῳ στείχοντες, und jedes andere könnte ebenso gut stehen, wie denn Isthm. 3 Antaios steht. das μέγα ἔργον ist sein lebenswerk. aber ἐν ἀϑανάτοισι zu ändern ist auch falsch, es liegt ja das hauptgewicht auf der apotheose, deshalb ist eine etwas verschränkte wortstellung gewählt, die aber die recitation jeder zweideutigkeit überheben kann. 118) Hier ist ganz deutlich noch der unmittelbare übergang von der fahrt in den äuſsersten westen, wo die sonne zu rüste geht und Atlas den himmel hält, in den himmelsgarten, vgl. zu v. 394. 116) aber in der descendenz des Zeus den stoff dieser hesiodischen partie erkannt, so ist damit gesagt, daſs 930—37, 945. 6 und alles was auf 955 folgt fremdartig ist, und zu dem kitte gehört, welcher die Theogonie mit den Katalogen verband, aus welchen ja 987 schon citirt wird (Herm. 18, 416). an die letzte göttin, mit welcher Zeus göttliche kinder gezeugt hat, schlieſsen sich die sterblichen oder doch des götternamens unwürdigen, welche ihm auch götter geboren haben, Maia den Hermes, Semele den Dionysos, dessen gattin auch gott geworden ist, und Herakles: der war bekanntlich der letzte Zeussohn, und seine göttlichkeit ist in seiner ehe ausgesprochen. hier endet, was wir von Hesiods Theogonie haben; was folgte und wie viel, weiſs niemand.

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_tragoedie_1889/348>, abgerufen am 22.11.2024.