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Wildermuth, Ottilie: Streit in der Liebe und Liebe im Streit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 175–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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du fortgegangen bist; ich bleib' dabei. -- So thu ich's auch, sagte Georg, und ging. Er blieb bei seinem Vater, der ein elendes Kämmerlein bewohnte; Liesbeth fürchtete sich und schlief die Nacht bei der Schwägerin.

Nach drei Tagen war Liesbeth vor Oberamtsgericht beschieden, sie machte sich früh am Tage auf, das Körbchen am Arm, ohne das eine Bäuerin nie über Feld geht, wenn auch die Zeiten längs vorüber sind, wo "eine Schmierale" für den Beamten darin lag. Wer sie seit ihrem Hochzeitsmorgen nicht mehr gesehen, hätte sie kaum mehr gekannt: schlaflose Nächte, kummervolle Tage und ein friedloses Gemüth hatten tiefe Furchen in dem noch jungen Gesicht gezogen; doch aber war sie mit ihrer aufrechten Haltung, ihrem sauberen, wohlgeordneten Anzug noch eine stattliche Bauersfrau zu nennen; sie sprach mit niemand, und ihr Gesicht verrieth keine Art von Bewegung, wie sie so geradeaus in stetem Schritt ihres Weges ging. Noch war sie nicht weit gegangen, als sie hinter sich fragen hörte: Wo 'naus so früh? Die Stimme war ihr nur zu wohl bekannt, sie brauchte sich nicht umzusehen, zumal da auch der Sultan an ihr in die Höhe sprang. -- Nach Senzheim, erwiederte sie kurz. -- Ist's auch erlaubt, daß man mitgeht? frug Georg, der sie eingeholt hatte. -- Der Weg ist breit, ich hab' ihn nicht im B'stand (gepachtet), sagte sie kurz angebunden. So gingen sie des Wegs zusammen, sie hüben und Georg drüben, aber wie das so ging, vor Verlauf einer Viertelstunde wandelten sie

du fortgegangen bist; ich bleib' dabei. — So thu ich's auch, sagte Georg, und ging. Er blieb bei seinem Vater, der ein elendes Kämmerlein bewohnte; Liesbeth fürchtete sich und schlief die Nacht bei der Schwägerin.

Nach drei Tagen war Liesbeth vor Oberamtsgericht beschieden, sie machte sich früh am Tage auf, das Körbchen am Arm, ohne das eine Bäuerin nie über Feld geht, wenn auch die Zeiten längs vorüber sind, wo „eine Schmierale“ für den Beamten darin lag. Wer sie seit ihrem Hochzeitsmorgen nicht mehr gesehen, hätte sie kaum mehr gekannt: schlaflose Nächte, kummervolle Tage und ein friedloses Gemüth hatten tiefe Furchen in dem noch jungen Gesicht gezogen; doch aber war sie mit ihrer aufrechten Haltung, ihrem sauberen, wohlgeordneten Anzug noch eine stattliche Bauersfrau zu nennen; sie sprach mit niemand, und ihr Gesicht verrieth keine Art von Bewegung, wie sie so geradeaus in stetem Schritt ihres Weges ging. Noch war sie nicht weit gegangen, als sie hinter sich fragen hörte: Wo 'naus so früh? Die Stimme war ihr nur zu wohl bekannt, sie brauchte sich nicht umzusehen, zumal da auch der Sultan an ihr in die Höhe sprang. — Nach Senzheim, erwiederte sie kurz. — Ist's auch erlaubt, daß man mitgeht? frug Georg, der sie eingeholt hatte. — Der Weg ist breit, ich hab' ihn nicht im B'stand (gepachtet), sagte sie kurz angebunden. So gingen sie des Wegs zusammen, sie hüben und Georg drüben, aber wie das so ging, vor Verlauf einer Viertelstunde wandelten sie

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[0034] du fortgegangen bist; ich bleib' dabei. — So thu ich's auch, sagte Georg, und ging. Er blieb bei seinem Vater, der ein elendes Kämmerlein bewohnte; Liesbeth fürchtete sich und schlief die Nacht bei der Schwägerin. Nach drei Tagen war Liesbeth vor Oberamtsgericht beschieden, sie machte sich früh am Tage auf, das Körbchen am Arm, ohne das eine Bäuerin nie über Feld geht, wenn auch die Zeiten längs vorüber sind, wo „eine Schmierale“ für den Beamten darin lag. Wer sie seit ihrem Hochzeitsmorgen nicht mehr gesehen, hätte sie kaum mehr gekannt: schlaflose Nächte, kummervolle Tage und ein friedloses Gemüth hatten tiefe Furchen in dem noch jungen Gesicht gezogen; doch aber war sie mit ihrer aufrechten Haltung, ihrem sauberen, wohlgeordneten Anzug noch eine stattliche Bauersfrau zu nennen; sie sprach mit niemand, und ihr Gesicht verrieth keine Art von Bewegung, wie sie so geradeaus in stetem Schritt ihres Weges ging. Noch war sie nicht weit gegangen, als sie hinter sich fragen hörte: Wo 'naus so früh? Die Stimme war ihr nur zu wohl bekannt, sie brauchte sich nicht umzusehen, zumal da auch der Sultan an ihr in die Höhe sprang. — Nach Senzheim, erwiederte sie kurz. — Ist's auch erlaubt, daß man mitgeht? frug Georg, der sie eingeholt hatte. — Der Weg ist breit, ich hab' ihn nicht im B'stand (gepachtet), sagte sie kurz angebunden. So gingen sie des Wegs zusammen, sie hüben und Georg drüben, aber wie das so ging, vor Verlauf einer Viertelstunde wandelten sie

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:35:23Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:35:23Z)

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Zitationshilfe: Wildermuth, Ottilie: Streit in der Liebe und Liebe im Streit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 175–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wildermuth_streit_1910/34>, abgerufen am 21.11.2024.