thümer des Hauses Barberini, welche vor einiger Zeit verkauft worden sind.
Es fällt mir ein, daß ein anderer Franzos, Martin, ein Mensch, welcher sich erkühnen können zu sagen, Grotius habe die Siebenzig Dolmetscher nicht verstanden, entscheidend und kühn vorgiebt 1), die beyden Genii an den alten Urnen können nicht den Schlaf und den Tod bedeuten; und der Altar, an welchem sie in dieser Bedeutung mit der alten Ueberschrift des Schlafs und des Todes stehen, ist öffentlich in dem Hofe des Pallastes Albani auf- gestellet 2). Ein anderer von seinen Landesleuten straft den Jün- geren Plinius Lügen, über die Beschreibung seiner Villa 3), von deren Wahrheit uns die Trümmer derselben überzeugen.
Gewisse Vergehungen der Scribenten über die Alterthümer, haben sich durch den Beyfall und durch die Länge der Zeit gleich- sam sicher vor der Widerlegung gemacht. Ein rundes Werk von Marmor in der Villa Giustiniani, dem man durch Zusätze die Form einer Vase gegeben, mit einem Bacchanale in erhobener Arbeit, ist, nachdem es Spon zuerst bekannt gemachet hat 4), in vielen Büchern in Kupfer erschienen, und zu Erläuterungen gebraucht worden. Ja man hat aus einer Eydexe, die an einem Baume hinauf kriechet, muthmaßen wollen, daß dieses Werk von der Hand des Sauros seyn könne 5), welcher mit einem Ba- trachus den Portico des Metellus gebauet hat: gleichwohl ist es eine neue Arbeit. Man sehe, was ich in den Anmerkungen über die Baukunst von diesen beyden Baumeistern gesagt
habe.
1)Explic. des Monum. qui ont rapport a la relig. p. 36.
2)conf. Spanh. Obs. in Callim. Hymn. in Del. p. 459.
3)conf. Lancis. Animadv. in Vil. Plin. p. 22.
4)Miscell. ant. p. 28.
5)Stosch Pref. Pier. gr. p. 8.
Vorrede.
thuͤmer des Hauſes Barberini, welche vor einiger Zeit verkauft worden ſind.
Es faͤllt mir ein, daß ein anderer Franzos, Martin, ein Menſch, welcher ſich erkuͤhnen koͤnnen zu ſagen, Grotius habe die Siebenzig Dolmetſcher nicht verſtanden, entſcheidend und kuͤhn vorgiebt 1), die beyden Genii an den alten Urnen koͤnnen nicht den Schlaf und den Tod bedeuten; und der Altar, an welchem ſie in dieſer Bedeutung mit der alten Ueberſchrift des Schlafs und des Todes ſtehen, iſt oͤffentlich in dem Hofe des Pallaſtes Albani auf- geſtellet 2). Ein anderer von ſeinen Landesleuten ſtraft den Juͤn- geren Plinius Luͤgen, uͤber die Beſchreibung ſeiner Villa 3), von deren Wahrheit uns die Truͤmmer derſelben uͤberzeugen.
Gewiſſe Vergehungen der Scribenten uͤber die Alterthuͤmer, haben ſich durch den Beyfall und durch die Laͤnge der Zeit gleich- ſam ſicher vor der Widerlegung gemacht. Ein rundes Werk von Marmor in der Villa Giuſtiniani, dem man durch Zuſaͤtze die Form einer Vaſe gegeben, mit einem Bacchanale in erhobener Arbeit, iſt, nachdem es Spon zuerſt bekannt gemachet hat 4), in vielen Buͤchern in Kupfer erſchienen, und zu Erlaͤuterungen gebraucht worden. Ja man hat aus einer Eydexe, die an einem Baume hinauf kriechet, muthmaßen wollen, daß dieſes Werk von der Hand des Sauros ſeyn koͤnne 5), welcher mit einem Ba- trachus den Portico des Metellus gebauet hat: gleichwohl iſt es eine neue Arbeit. Man ſehe, was ich in den Anmerkungen uͤber die Baukunſt von dieſen beyden Baumeiſtern geſagt
habe.
1)Explic. des Monum. qui ont rapport à la relig. p. 36.
2)conf. Spanh. Obſ. in Callim. Hymn. in Del. p. 459.
3)conf. Lanciſ. Animadv. in Vil. Plin. p. 22.
4)Miſcell. ant. p. 28.
5)Stoſch Pref. Pier. gr. p. 8.
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[XVI/0014]
Vorrede.
thuͤmer des Hauſes Barberini, welche vor einiger Zeit verkauft
worden ſind.
Es faͤllt mir ein, daß ein anderer Franzos, Martin, ein
Menſch, welcher ſich erkuͤhnen koͤnnen zu ſagen, Grotius habe
die Siebenzig Dolmetſcher nicht verſtanden, entſcheidend und kuͤhn
vorgiebt 1), die beyden Genii an den alten Urnen koͤnnen nicht
den Schlaf und den Tod bedeuten; und der Altar, an welchem ſie
in dieſer Bedeutung mit der alten Ueberſchrift des Schlafs und des
Todes ſtehen, iſt oͤffentlich in dem Hofe des Pallaſtes Albani auf-
geſtellet 2). Ein anderer von ſeinen Landesleuten ſtraft den Juͤn-
geren Plinius Luͤgen, uͤber die Beſchreibung ſeiner Villa 3), von
deren Wahrheit uns die Truͤmmer derſelben uͤberzeugen.
Gewiſſe Vergehungen der Scribenten uͤber die Alterthuͤmer,
haben ſich durch den Beyfall und durch die Laͤnge der Zeit gleich-
ſam ſicher vor der Widerlegung gemacht. Ein rundes Werk von
Marmor in der Villa Giuſtiniani, dem man durch Zuſaͤtze die
Form einer Vaſe gegeben, mit einem Bacchanale in erhobener
Arbeit, iſt, nachdem es Spon zuerſt bekannt gemachet hat 4),
in vielen Buͤchern in Kupfer erſchienen, und zu Erlaͤuterungen
gebraucht worden. Ja man hat aus einer Eydexe, die an einem
Baume hinauf kriechet, muthmaßen wollen, daß dieſes Werk von
der Hand des Sauros ſeyn koͤnne 5), welcher mit einem Ba-
trachus den Portico des Metellus gebauet hat: gleichwohl iſt es
eine neue Arbeit. Man ſehe, was ich in den Anmerkungen
uͤber die Baukunſt von dieſen beyden Baumeiſtern geſagt
habe.
1) Explic. des Monum. qui ont rapport à la relig. p. 36.
2) conf. Spanh. Obſ. in Callim. Hymn. in Del. p. 459.
3) conf. Lanciſ. Animadv. in Vil. Plin. p. 22.
4) Miſcell. ant. p. 28.
5) Stoſch Pref. Pier. gr. p. 8.
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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764, S. XVI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/14>, abgerufen am 16.07.2024.
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