Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.Vorrede. Ceres getauft 1). Wright hält 2) eine neue Violin, die maneinem Apollo in der Villa Negroni in die Hand gegeben, für wahrhaftig alt, und berufet sich auf eine andere neue Violin, an einer kleinen Figur von Erzt, zu Florenz, die auch Addison anführet 3). Jener glaubet Raphaels Ehre zu vertheidigen, weil dieser große Künstler, nach seiner Meynung, die Form der Violin, welche er dem Apollo auf dem Parnasso im Vatican in die Hand gegeben, von besagter Statue werde genommen haben, die allererst über anderthalb hundert Jahre nachher vom Bernini ist ergänzet worden; man hätte mit eben so viel Grunde einen Orpheus mit einer Violin, auf einem geschnittenen Steine, anfüh- ren können 4). Eben so hat man an dem ehemaligen gemalten Gewölbe in dem alten Tempel des Bacchus vor Rom, eine kleine Figur mit einer neuen Violin zu sehen vermeynet 5): hierüber aber hat sich Santes Bartoli, welcher dieselbe gezeichnet, nachher besser belehren lassen, und aus seiner Kupferplatte das Instrument weggenommen, wie ich aus dem Abdrucke desselben sehe, welchen er seinen ausgemalten Zeichnungen von alten Ge- mälden, in dem Museo des Herrn Cardinals Alexander Al- bani, beygefüget hat. Durch die Kugel in der Hand der Sta- tue des Cäsars im Campidoglio 6) hat der alte Meister derselben, nach der Auslegung eines neuern Römischen Dichters 7), die Begierde desselben nach einer unumschränkten Herrschaft andeu- ten 1) v. Hist. de l'Acad. des Inscr. T. 3. p. 300. 2) Observ. made in Travels through France Ital. p. 265. 3) Remarks, p. 241. 4) Maffei Gemme, T. 4. p. 96. 5) Ciampini vet. Monum. T. 2. tab. 1. p. 2. 6) Maffei Stat. ant. tav. 15. 7) Concorso dell'Acad. di S. Luca, a. 1738.
Vorrede. Ceres getauft 1). Wright haͤlt 2) eine neue Violin, die maneinem Apollo in der Villa Negroni in die Hand gegeben, fuͤr wahrhaftig alt, und berufet ſich auf eine andere neue Violin, an einer kleinen Figur von Erzt, zu Florenz, die auch Addiſon anfuͤhret 3). Jener glaubet Raphaels Ehre zu vertheidigen, weil dieſer große Kuͤnſtler, nach ſeiner Meynung, die Form der Violin, welche er dem Apollo auf dem Parnaſſo im Vatican in die Hand gegeben, von beſagter Statue werde genommen haben, die allererſt uͤber anderthalb hundert Jahre nachher vom Bernini iſt ergaͤnzet worden; man haͤtte mit eben ſo viel Grunde einen Orpheus mit einer Violin, auf einem geſchnittenen Steine, anfuͤh- ren koͤnnen 4). Eben ſo hat man an dem ehemaligen gemalten Gewoͤlbe in dem alten Tempel des Bacchus vor Rom, eine kleine Figur mit einer neuen Violin zu ſehen vermeynet 5): hieruͤber aber hat ſich Santes Bartoli, welcher dieſelbe gezeichnet, nachher beſſer belehren laſſen, und aus ſeiner Kupferplatte das Inſtrument weggenommen, wie ich aus dem Abdrucke deſſelben ſehe, welchen er ſeinen ausgemalten Zeichnungen von alten Ge- maͤlden, in dem Muſeo des Herrn Cardinals Alexander Al- bani, beygefuͤget hat. Durch die Kugel in der Hand der Sta- tue des Caͤſars im Campidoglio 6) hat der alte Meiſter derſelben, nach der Auslegung eines neuern Roͤmiſchen Dichters 7), die Begierde deſſelben nach einer unumſchraͤnkten Herrſchaft andeu- ten 1) v. Hiſt. de l’Acad. des Inſcr. T. 3. p. 300. 2) Obſerv. made in Travels through France Ital. p. 265. 3) Remarks, p. 241. 4) Maffei Gemme, T. 4. p. 96. 5) Ciampini vet. Monum. T. 2. tab. 1. p. 2. 6) Maffei Stat. ant. tav. 15. 7) Concorſo dell’Acad. di S. Luca, a. 1738.
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Vorrede.
Ceres getauft 1). Wright haͤlt 2) eine neue Violin, die man
einem Apollo in der Villa Negroni in die Hand gegeben, fuͤr
wahrhaftig alt, und berufet ſich auf eine andere neue Violin, an
einer kleinen Figur von Erzt, zu Florenz, die auch Addiſon
anfuͤhret 3). Jener glaubet Raphaels Ehre zu vertheidigen, weil
dieſer große Kuͤnſtler, nach ſeiner Meynung, die Form der
Violin, welche er dem Apollo auf dem Parnaſſo im Vatican in
die Hand gegeben, von beſagter Statue werde genommen haben,
die allererſt uͤber anderthalb hundert Jahre nachher vom Bernini
iſt ergaͤnzet worden; man haͤtte mit eben ſo viel Grunde einen
Orpheus mit einer Violin, auf einem geſchnittenen Steine, anfuͤh-
ren koͤnnen 4). Eben ſo hat man an dem ehemaligen gemalten
Gewoͤlbe in dem alten Tempel des Bacchus vor Rom, eine kleine
Figur mit einer neuen Violin zu ſehen vermeynet 5): hieruͤber
aber hat ſich Santes Bartoli, welcher dieſelbe gezeichnet,
nachher beſſer belehren laſſen, und aus ſeiner Kupferplatte das
Inſtrument weggenommen, wie ich aus dem Abdrucke deſſelben
ſehe, welchen er ſeinen ausgemalten Zeichnungen von alten Ge-
maͤlden, in dem Muſeo des Herrn Cardinals Alexander Al-
bani, beygefuͤget hat. Durch die Kugel in der Hand der Sta-
tue des Caͤſars im Campidoglio 6) hat der alte Meiſter derſelben,
nach der Auslegung eines neuern Roͤmiſchen Dichters 7), die
Begierde deſſelben nach einer unumſchraͤnkten Herrſchaft andeu-
ten
1) v. Hiſt. de l’Acad. des Inſcr. T. 3. p. 300.
2) Obſerv. made in Travels through France Ital. p. 265.
3) Remarks, p. 241.
4) Maffei Gemme, T. 4. p. 96.
5) Ciampini vet. Monum. T. 2. tab. 1. p. 2.
6) Maffei Stat. ant. tav. 15.
7) Concorſo dell’Acad. di S. Luca, a. 1738.
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