Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.I Theil. Viertes Capitel. Zeitfolge derselben: da aber das Ende derselben außer die Gränzen derKunst gehet, so sind hier eigentlich nur vier Zeiten derselben zu betrachten. Der ältere Stil hat bis auf den Phidias gedauret; durch ihn und durch die Künstler seiner Zeit erreichete die Kunst ihre Größe, und man kann diesen Stil den Großen und Hohen nennen; von dem Praxiteles an bis auf den Lysippus und Apelles erlangete die Kunst mehr Gratie und Gefällig- keit, und dieser Stil würde der Schöne zu benennen seyn. Einige Zeit nach diesen Künstlern und ihrer Schule fing die Kunst an zu sinken in den Nachahmern derselben, und wir könnten einen dritten Stil der Nachahmer setzen, bis sie sich endlich nach und nach gegen ihren Fall neigete. Der ältere Stil. Bey dem älteren Stile sind erstlich die übrig gebliebenen vorzüglichen Die Inschrift gehet auf diesen Münzen so wohl, als auf dem Steine, die 1) L. 2. p. 65. l. 13. 2) L. 5. p. 444. l. 24.
I Theil. Viertes Capitel. Zeitfolge derſelben: da aber das Ende derſelben außer die Graͤnzen derKunſt gehet, ſo ſind hier eigentlich nur vier Zeiten derſelben zu betrachten. Der aͤltere Stil hat bis auf den Phidias gedauret; durch ihn und durch die Kuͤnſtler ſeiner Zeit erreichete die Kunſt ihre Groͤße, und man kann dieſen Stil den Großen und Hohen nennen; von dem Praxiteles an bis auf den Lyſippus und Apelles erlangete die Kunſt mehr Gratie und Gefaͤllig- keit, und dieſer Stil wuͤrde der Schoͤne zu benennen ſeyn. Einige Zeit nach dieſen Kuͤnſtlern und ihrer Schule fing die Kunſt an zu ſinken in den Nachahmern derſelben, und wir koͤnnten einen dritten Stil der Nachahmer ſetzen, bis ſie ſich endlich nach und nach gegen ihren Fall neigete. Der aͤltere Stil. Bey dem aͤlteren Stile ſind erſtlich die uͤbrig gebliebenen vorzuͤglichen Die Inſchrift gehet auf dieſen Muͤnzen ſo wohl, als auf dem Steine, die 1) L. 2. p. 65. l. 13. 2) L. 5. p. 444. l. 24.
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I Theil. Viertes Capitel.
Zeitfolge derſelben: da aber das Ende derſelben außer die Graͤnzen der
Kunſt gehet, ſo ſind hier eigentlich nur vier Zeiten derſelben zu betrachten.
Der aͤltere Stil hat bis auf den Phidias gedauret; durch ihn und durch
die Kuͤnſtler ſeiner Zeit erreichete die Kunſt ihre Groͤße, und man kann
dieſen Stil den Großen und Hohen nennen; von dem Praxiteles an bis auf
den Lyſippus und Apelles erlangete die Kunſt mehr Gratie und Gefaͤllig-
keit, und dieſer Stil wuͤrde der Schoͤne zu benennen ſeyn. Einige Zeit
nach dieſen Kuͤnſtlern und ihrer Schule fing die Kunſt an zu ſinken in den
Nachahmern derſelben, und wir koͤnnten einen dritten Stil der Nachahmer
ſetzen, bis ſie ſich endlich nach und nach gegen ihren Fall neigete.
Bey dem aͤlteren Stile ſind erſtlich die uͤbrig gebliebenen vorzuͤglichen
Denkmaale in demſelben, ferner die aus denſelben gezogenen Eigenſchaften,
und endlich der Uebergang zu dem großen Stil zu betrachten. Man kann
keine aͤltere und zuverlaͤßigere Denkmaale des aͤltern Stils, als einige Muͤn-
zen, anfuͤhren, von deren hohem Alter das Gepraͤge und ihre Inſchrift Zeug-
niß geben, und denſelben fuͤge ich einen Carniol des Stoßiſchen Muſei bey,
welcher zu Ende des erſten Stuͤcks dieſes Capitels geſetzet iſt.
A.
Denkmaale
deſſelben.
a Auf Muͤn-
zen.
Die Inſchrift gehet auf dieſen Muͤnzen ſo wohl, als auf dem Steine,
ruͤckwerts, das iſt, von der Rechten zur Linken; dieſe Art zu ſchreiben aber
muß geraumere Zeit vor dem Herodotus aufgehoͤret haben. Denn da
dieſer Geſchichtſchreiber einen Gegenſatz der Sitten und Gebraͤuche der
Aegypter gegen die Griechen machet, fuͤhret er an, daß jene auch im Schrei-
ben das Gegentheil von dieſen gethan, und von der Rechten zur Linken ge-
ſchrieben haben 1); eine Nachricht, welche zu einiger Beſtimmung der Zeit
in der Axt zu ſchreiben unter den Griechen, ſo viel ich weis, noch nicht
bemerket iſt. Es fuͤhret Pauſanias an 2), daß unter der Statue des
Agamemnons zu Elis (welche eine von den acht Figuren des Onatas war,
die
1) L. 2. p. 65. l. 13.
2) L. 5. p. 444. l. 24.
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