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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.

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I Theil. Viertes Capitel.
als irgend eine andere daselbst. Es wird auch im zweyten Theile angefüh-
ret werden, daß Nero seinen goldenen Pallast durch einen Römischen Ma-
ler auszieren lassen.

V.
Von der Art
und Weise der
Malerey auf
der Mauer
insbesondere.

Von dem dritten Puncte dieser Betrachtung, nemlich von der Art
der alten Malerey, sind verschiedene besondere Anmerkungen zu machen,
welche theils die Anlage zu Gemälden, oder die Bekleidung und Uebertün-
chung der Mauer, theils die Art und Weise der Malerey selbst betreffen.
Die Bekleidung der Mauer zu Gemälden ist verschieden nach den Orten,
sonderlich in Absicht der Puzzolana, und es unterscheidet sich diejenige,
welche in alten Gebäuden nahe um Rom und nahe um Neapel gefunden
wird, von der an alten Gebäuden, entfernt von beyden Orten. Denn weil
nur allein an beyden Orten diese Erde gegraben wird, so ist die erste und
unmittelbare Bekleidung der Mauern, von Kalk mit Puzzolana durchge-
schlagen, und daher gräulich: an anderen Orten ist diese Bekleidung von
gestoßenem Travertino, oder Marmor, und es findet sich auch dieselbe an
statt anderer Steine mit gestoßenem Alabaster vermischet, welches man an
der Durchsichtigkeit der kleinen Stücke erkennet. Die Gemälde in Grie-
chenland hatten also keine Anlage von Puzzolana, welche daselbst
nicht war.

Es ist diese erste Bekleidung der Mauer insgemein einen guten Finger
dick. Der zweyte Auftrag ist Kalk, mit Sand oder mit fein gestoßenem
Marmor vermischt und durchgeschlagen, und diese Lage ist beynahe das
Dritttheil so dick, als jene. Solche Bekleidung war gewöhnlich in ausge-
malten Grabmälern, und auf dieser Art Mauer stehen die Herculanischen

Gemälde.

I Theil. Viertes Capitel.
als irgend eine andere daſelbſt. Es wird auch im zweyten Theile angefuͤh-
ret werden, daß Nero ſeinen goldenen Pallaſt durch einen Roͤmiſchen Ma-
ler auszieren laſſen.

V.
Von der Art
und Weiſe der
Malerey auf
der Mauer
insbeſondere.

Von dem dritten Puncte dieſer Betrachtung, nemlich von der Art
der alten Malerey, ſind verſchiedene beſondere Anmerkungen zu machen,
welche theils die Anlage zu Gemaͤlden, oder die Bekleidung und Uebertuͤn-
chung der Mauer, theils die Art und Weiſe der Malerey ſelbſt betreffen.
Die Bekleidung der Mauer zu Gemaͤlden iſt verſchieden nach den Orten,
ſonderlich in Abſicht der Puzzolana, und es unterſcheidet ſich diejenige,
welche in alten Gebaͤuden nahe um Rom und nahe um Neapel gefunden
wird, von der an alten Gebaͤuden, entfernt von beyden Orten. Denn weil
nur allein an beyden Orten dieſe Erde gegraben wird, ſo iſt die erſte und
unmittelbare Bekleidung der Mauern, von Kalk mit Puzzolana durchge-
ſchlagen, und daher graͤulich: an anderen Orten iſt dieſe Bekleidung von
geſtoßenem Travertino, oder Marmor, und es findet ſich auch dieſelbe an
ſtatt anderer Steine mit geſtoßenem Alabaſter vermiſchet, welches man an
der Durchſichtigkeit der kleinen Stuͤcke erkennet. Die Gemaͤlde in Grie-
chenland hatten alſo keine Anlage von Puzzolana, welche daſelbſt
nicht war.

Es iſt dieſe erſte Bekleidung der Mauer insgemein einen guten Finger
dick. Der zweyte Auftrag iſt Kalk, mit Sand oder mit fein geſtoßenem
Marmor vermiſcht und durchgeſchlagen, und dieſe Lage iſt beynahe das
Dritttheil ſo dick, als jene. Solche Bekleidung war gewoͤhnlich in ausge-
malten Grabmaͤlern, und auf dieſer Art Mauer ſtehen die Herculaniſchen

Gemaͤlde.
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[282/0332] I Theil. Viertes Capitel. als irgend eine andere daſelbſt. Es wird auch im zweyten Theile angefuͤh- ret werden, daß Nero ſeinen goldenen Pallaſt durch einen Roͤmiſchen Ma- ler auszieren laſſen. Von dem dritten Puncte dieſer Betrachtung, nemlich von der Art der alten Malerey, ſind verſchiedene beſondere Anmerkungen zu machen, welche theils die Anlage zu Gemaͤlden, oder die Bekleidung und Uebertuͤn- chung der Mauer, theils die Art und Weiſe der Malerey ſelbſt betreffen. Die Bekleidung der Mauer zu Gemaͤlden iſt verſchieden nach den Orten, ſonderlich in Abſicht der Puzzolana, und es unterſcheidet ſich diejenige, welche in alten Gebaͤuden nahe um Rom und nahe um Neapel gefunden wird, von der an alten Gebaͤuden, entfernt von beyden Orten. Denn weil nur allein an beyden Orten dieſe Erde gegraben wird, ſo iſt die erſte und unmittelbare Bekleidung der Mauern, von Kalk mit Puzzolana durchge- ſchlagen, und daher graͤulich: an anderen Orten iſt dieſe Bekleidung von geſtoßenem Travertino, oder Marmor, und es findet ſich auch dieſelbe an ſtatt anderer Steine mit geſtoßenem Alabaſter vermiſchet, welches man an der Durchſichtigkeit der kleinen Stuͤcke erkennet. Die Gemaͤlde in Grie- chenland hatten alſo keine Anlage von Puzzolana, welche daſelbſt nicht war. Es iſt dieſe erſte Bekleidung der Mauer insgemein einen guten Finger dick. Der zweyte Auftrag iſt Kalk, mit Sand oder mit fein geſtoßenem Marmor vermiſcht und durchgeſchlagen, und dieſe Lage iſt beynahe das Dritttheil ſo dick, als jene. Solche Bekleidung war gewoͤhnlich in ausge- malten Grabmaͤlern, und auf dieſer Art Mauer ſtehen die Herculaniſchen Gemaͤlde.

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/332>, abgerufen am 24.11.2024.