Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

I Theil. Fünftes Capitel.
eingegrabner Arbeit mit einem Grabstichel, die Geschichte der Argonauten,
ihre Anländung, der Kampf und der Sieg des Pollux über den Amycus
u. s. f. vorgestellet: und aus diesem letzten Stücke habe ich die drey Figu-
ren, den Pollux, den Amycus, und die Minerva, herausgenommen und
gewählet, einen Begriff von der Zeichnung auf diesem Gefäße zu geben,
und dieses Stück ist zu Anfang dieses Capitels in Kupfer gestochen. Rund
herum auf dem Deckel ist eine Jagd vorgestellet, und oben auf demselben
stehen aufrecht befestiget drey von Metalle gegossene Figuren, von einer
halben Spanne hoch, nemlich die verstorbene Person, welcher zu Ehren
und zum Gedächtniß dieses Gefäß etwa in ihr Grab gesetzet war, und diese
hält umfasset zween Faune mit Menschenfüßen, nach dem Begriffe der He-
trurier, welche diese Halbgötter entweder so, oder mit Pferdefüßen und
Schwänzen (und diese sind auch hier) bildeten. Unter diesen Figuren
stehet die angeführte Schrift; auf der einen Seite der Name der Tochter
ihrer verstorbenen Mutter 1):

[Abbildung]

Auf der andern Seite der Name des Künstlers:

[Abbildung]

Die drey Füße, auf welchen das Gefäß ruhet, haben ein jeder ihre beson-
dere Vorstellung in Metall gegossen, und auf dem einen stehet Hercules
mit der Tugend und der Wollust, welche aber nicht Weiblich, wie bey den
Griechen, sondern hier Männlich persönlich gemacht sind.

Das
1) DINDIA MACOLNIA FILIA DEDIT NOVIOS PLAVTIOS ME ROMAI FECIT
MED,
an statt ME, und ROMAI, ROMAE. Diese Inschrift zeiget die allerälteste
Form Römischer Buchstaben, und sie scheinen noch älter, wenigstens mehr Hetrurisch,
als die auf der Inschrift des L. Corn. Scipio Barbatus, in der Barberinischen Bi-
bliothek, welches die älteste Römische Inschrift in Stein ist, von welcher ich in den
Anmerkungen über die Baukunst der Alten geredet habe, p. 5.

I Theil. Fuͤnftes Capitel.
eingegrabner Arbeit mit einem Grabſtichel, die Geſchichte der Argonauten,
ihre Anlaͤndung, der Kampf und der Sieg des Pollux uͤber den Amycus
u. ſ. f. vorgeſtellet: und aus dieſem letzten Stuͤcke habe ich die drey Figu-
ren, den Pollux, den Amycus, und die Minerva, herausgenommen und
gewaͤhlet, einen Begriff von der Zeichnung auf dieſem Gefaͤße zu geben,
und dieſes Stuͤck iſt zu Anfang dieſes Capitels in Kupfer geſtochen. Rund
herum auf dem Deckel iſt eine Jagd vorgeſtellet, und oben auf demſelben
ſtehen aufrecht befeſtiget drey von Metalle gegoſſene Figuren, von einer
halben Spanne hoch, nemlich die verſtorbene Perſon, welcher zu Ehren
und zum Gedaͤchtniß dieſes Gefaͤß etwa in ihr Grab geſetzet war, und dieſe
haͤlt umfaſſet zween Faune mit Menſchenfuͤßen, nach dem Begriffe der He-
trurier, welche dieſe Halbgoͤtter entweder ſo, oder mit Pferdefuͤßen und
Schwaͤnzen (und dieſe ſind auch hier) bildeten. Unter dieſen Figuren
ſtehet die angefuͤhrte Schrift; auf der einen Seite der Name der Tochter
ihrer verſtorbenen Mutter 1):

[Abbildung]

Auf der andern Seite der Name des Kuͤnſtlers:

[Abbildung]

Die drey Fuͤße, auf welchen das Gefaͤß ruhet, haben ein jeder ihre beſon-
dere Vorſtellung in Metall gegoſſen, und auf dem einen ſtehet Hercules
mit der Tugend und der Wolluſt, welche aber nicht Weiblich, wie bey den
Griechen, ſondern hier Maͤnnlich perſoͤnlich gemacht ſind.

Das
1) DINDIA͘ MACOLNIA͘ FILIA͘ DEDIT NOVIOS͘ PLAVTIOS͘ ME͘ ROMAI͘ FECIT͘
MED,
an ſtatt ME, und ROMAI, ROMAE. Dieſe Inſchrift zeiget die alleraͤlteſte
Form Roͤmiſcher Buchſtaben, und ſie ſcheinen noch aͤlter, wenigſtens mehr Hetruriſch,
als die auf der Inſchrift des L. Corn. Scipio Barbatus, in der Barberiniſchen Bi-
bliothek, welches die aͤlteſte Roͤmiſche Inſchrift in Stein iſt, von welcher ich in den
Anmerkungen uͤber die Baukunſt der Alten geredet habe, p. 5.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0342" n="292"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I</hi> Theil. Fu&#x0364;nftes Capitel.</hi></fw><lb/>
eingegrabner Arbeit mit einem Grab&#x017F;tichel, die Ge&#x017F;chichte der Argonauten,<lb/>
ihre Anla&#x0364;ndung, der Kampf und der Sieg des Pollux u&#x0364;ber den Amycus<lb/>
u. &#x017F;. f. vorge&#x017F;tellet: und aus die&#x017F;em letzten Stu&#x0364;cke habe ich die drey Figu-<lb/>
ren, den Pollux, den Amycus, und die Minerva, herausgenommen und<lb/>
gewa&#x0364;hlet, einen Begriff von der Zeichnung auf die&#x017F;em Gefa&#x0364;ße zu geben,<lb/>
und die&#x017F;es Stu&#x0364;ck i&#x017F;t zu Anfang die&#x017F;es Capitels in Kupfer ge&#x017F;tochen. Rund<lb/>
herum auf dem Deckel i&#x017F;t eine Jagd vorge&#x017F;tellet, und oben auf dem&#x017F;elben<lb/>
&#x017F;tehen aufrecht befe&#x017F;tiget drey von Metalle gego&#x017F;&#x017F;ene Figuren, von einer<lb/>
halben Spanne hoch, nemlich die ver&#x017F;torbene Per&#x017F;on, welcher zu Ehren<lb/>
und zum Geda&#x0364;chtniß die&#x017F;es Gefa&#x0364;ß etwa in ihr Grab ge&#x017F;etzet war, und die&#x017F;e<lb/>
ha&#x0364;lt umfa&#x017F;&#x017F;et zween Faune mit Men&#x017F;chenfu&#x0364;ßen, nach dem Begriffe der He-<lb/>
trurier, welche die&#x017F;e Halbgo&#x0364;tter entweder &#x017F;o, oder mit Pferdefu&#x0364;ßen und<lb/>
Schwa&#x0364;nzen (und die&#x017F;e &#x017F;ind auch hier) bildeten. Unter die&#x017F;en Figuren<lb/>
&#x017F;tehet die angefu&#x0364;hrte Schrift; auf der einen Seite der Name der Tochter<lb/>
ihrer ver&#x017F;torbenen Mutter <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">DINDIA&#x0358; MACOLNIA&#x0358; FILIA&#x0358; DEDIT NOVIOS&#x0358; PLAVTIOS&#x0358; ME&#x0358; ROMAI&#x0358; FECIT&#x0358;<lb/>
MED,</hi> an &#x017F;tatt <hi rendition="#aq">ME,</hi> und <hi rendition="#aq">ROMAI, ROMAE.</hi> Die&#x017F;e In&#x017F;chrift zeiget die allera&#x0364;lte&#x017F;te<lb/>
Form Ro&#x0364;mi&#x017F;cher Buch&#x017F;taben, und &#x017F;ie &#x017F;cheinen noch a&#x0364;lter, wenig&#x017F;tens mehr Hetruri&#x017F;ch,<lb/>
als die auf der In&#x017F;chrift des L. Corn. Scipio Barbatus, in der Barberini&#x017F;chen Bi-<lb/>
bliothek, welches die a&#x0364;lte&#x017F;te Ro&#x0364;mi&#x017F;che In&#x017F;chrift in Stein i&#x017F;t, von welcher ich in den<lb/>
Anmerkungen u&#x0364;ber die Baukun&#x017F;t der Alten geredet habe, <hi rendition="#aq">p.</hi> 5.</note>:</p><lb/>
              <cit>
                <quote>
                  <figure/>
                </quote>
                <bibl/>
              </cit><lb/>
              <p>Auf der andern Seite der Name des Ku&#x0364;n&#x017F;tlers:</p><lb/>
              <cit>
                <quote>
                  <figure/>
                </quote>
                <bibl/>
              </cit><lb/>
              <p>Die drey Fu&#x0364;ße, auf welchen das Gefa&#x0364;ß ruhet, haben ein jeder ihre be&#x017F;on-<lb/>
dere Vor&#x017F;tellung in Metall gego&#x017F;&#x017F;en, und auf dem einen &#x017F;tehet Hercules<lb/>
mit der Tugend und der Wollu&#x017F;t, welche aber nicht Weiblich, wie bey den<lb/>
Griechen, &#x017F;ondern hier Ma&#x0364;nnlich per&#x017F;o&#x0364;nlich gemacht &#x017F;ind.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[292/0342] I Theil. Fuͤnftes Capitel. eingegrabner Arbeit mit einem Grabſtichel, die Geſchichte der Argonauten, ihre Anlaͤndung, der Kampf und der Sieg des Pollux uͤber den Amycus u. ſ. f. vorgeſtellet: und aus dieſem letzten Stuͤcke habe ich die drey Figu- ren, den Pollux, den Amycus, und die Minerva, herausgenommen und gewaͤhlet, einen Begriff von der Zeichnung auf dieſem Gefaͤße zu geben, und dieſes Stuͤck iſt zu Anfang dieſes Capitels in Kupfer geſtochen. Rund herum auf dem Deckel iſt eine Jagd vorgeſtellet, und oben auf demſelben ſtehen aufrecht befeſtiget drey von Metalle gegoſſene Figuren, von einer halben Spanne hoch, nemlich die verſtorbene Perſon, welcher zu Ehren und zum Gedaͤchtniß dieſes Gefaͤß etwa in ihr Grab geſetzet war, und dieſe haͤlt umfaſſet zween Faune mit Menſchenfuͤßen, nach dem Begriffe der He- trurier, welche dieſe Halbgoͤtter entweder ſo, oder mit Pferdefuͤßen und Schwaͤnzen (und dieſe ſind auch hier) bildeten. Unter dieſen Figuren ſtehet die angefuͤhrte Schrift; auf der einen Seite der Name der Tochter ihrer verſtorbenen Mutter 1): [Abbildung] Auf der andern Seite der Name des Kuͤnſtlers: [Abbildung] Die drey Fuͤße, auf welchen das Gefaͤß ruhet, haben ein jeder ihre beſon- dere Vorſtellung in Metall gegoſſen, und auf dem einen ſtehet Hercules mit der Tugend und der Wolluſt, welche aber nicht Weiblich, wie bey den Griechen, ſondern hier Maͤnnlich perſoͤnlich gemacht ſind. Das 1) DINDIA͘ MACOLNIA͘ FILIA͘ DEDIT NOVIOS͘ PLAVTIOS͘ ME͘ ROMAI͘ FECIT͘ MED, an ſtatt ME, und ROMAI, ROMAE. Dieſe Inſchrift zeiget die alleraͤlteſte Form Roͤmiſcher Buchſtaben, und ſie ſcheinen noch aͤlter, wenigſtens mehr Hetruriſch, als die auf der Inſchrift des L. Corn. Scipio Barbatus, in der Barberiniſchen Bi- bliothek, welches die aͤlteſte Roͤmiſche Inſchrift in Stein iſt, von welcher ich in den Anmerkungen uͤber die Baukunſt der Alten geredet habe, p. 5.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/342
Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/342>, abgerufen am 24.11.2024.