Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.I Theil. Erstes Capitel. lungen und Handlungen standen. In dieser Absicht werden 1) die Statueeines Ringers, mit Namen Arrachion, aus der 54. Olympias, und 2) eine andere im Campidoglio, aus schwarzem Marmor, angeführet, weil an jener, so wie an dieser, die Arme längst an den Hüften herunter hiengen. An jener Statue aber kan dieser Stand, wie an einer, die dem berühmten Milo von Croton gesetzet war, seine besondere Bedeutung gehabt haben; und überdem war dieselbe in Arcadien gearbeitet, wo die Kunst nicht ge- blühet hat. Die andere scheinet eine Isis vorzustellen, und ist eine von den Figuren, welche Kaiser Hadrian, in dessen Villa bey Tivoli dieselbe ge- funden worden, als eine Nachahmung Aegyptischer Werke machen lassen, und von welcher im folgenden Capitel geredet wird. Eigenschaft des ältesten Stils der Zeichnung. Aus den geraden Linien der ersten Bildungen, bey welchen die Aegypter Das 1) Pausan. L. 8. p. 682. 2) Caylus Rec. d'Ant. T. 2. pl. 39. 3) Diod. Sic. & Strabo ll. cc. 4) Herodot. L. 8. p. 301. l. 39.
I Theil. Erſtes Capitel. lungen und Handlungen ſtanden. In dieſer Abſicht werden 1) die Statueeines Ringers, mit Namen Arrachion, aus der 54. Olympias, und 2) eine andere im Campidoglio, aus ſchwarzem Marmor, angefuͤhret, weil an jener, ſo wie an dieſer, die Arme laͤngſt an den Huͤften herunter hiengen. An jener Statue aber kan dieſer Stand, wie an einer, die dem beruͤhmten Milo von Croton geſetzet war, ſeine beſondere Bedeutung gehabt haben; und uͤberdem war dieſelbe in Arcadien gearbeitet, wo die Kunſt nicht ge- bluͤhet hat. Die andere ſcheinet eine Iſis vorzuſtellen, und iſt eine von den Figuren, welche Kaiſer Hadrian, in deſſen Villa bey Tivoli dieſelbe ge- funden worden, als eine Nachahmung Aegyptiſcher Werke machen laſſen, und von welcher im folgenden Capitel geredet wird. Eigenſchaft des aͤlteſten Stils der Zeichnung. Aus den geraden Linien der erſten Bildungen, bey welchen die Aegypter Das 1) Pauſan. L. 8. p. 682. 2) Caylus Rec. d’Ant. T. 2. pl. 39. 3) Diod. Sic. & Strabo ll. cc. 4) Herodot. L. 8. p. 301. l. 39.
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I Theil. Erſtes Capitel.
lungen und Handlungen ſtanden. In dieſer Abſicht werden 1) die Statue
eines Ringers, mit Namen Arrachion, aus der 54. Olympias, und 2)
eine andere im Campidoglio, aus ſchwarzem Marmor, angefuͤhret, weil
an jener, ſo wie an dieſer, die Arme laͤngſt an den Huͤften herunter hiengen.
An jener Statue aber kan dieſer Stand, wie an einer, die dem beruͤhmten
Milo von Croton geſetzet war, ſeine beſondere Bedeutung gehabt haben;
und uͤberdem war dieſelbe in Arcadien gearbeitet, wo die Kunſt nicht ge-
bluͤhet hat. Die andere ſcheinet eine Iſis vorzuſtellen, und iſt eine von
den Figuren, welche Kaiſer Hadrian, in deſſen Villa bey Tivoli dieſelbe ge-
funden worden, als eine Nachahmung Aegyptiſcher Werke machen laſſen,
und von welcher im folgenden Capitel geredet wird.
Aus den geraden Linien der erſten Bildungen, bey welchen die Aegypter
blieben, lehrete die Wiſſenſchaft die Hetruriſchen und Griechiſchen Kuͤnſtler
herausgehen. Da aber die Wiſſenſchaft in der Kunſt vor der Schoͤnheit
vorausgehet, und als auf richtige ſtrenge Regeln gebauet, mit einer ge-
nauen und nachdruͤcklichen Beſtimmung zu lehren anfangen muß, ſo wurde
die Zeichnung regelmaͤßig, aber eckigt, bedeutend, aber hart, und vielmahls
uͤbertrieben; auf eben die Art, wie ſich die Bildhauerey in neuern Zeiten
durch Michael Angelo verbeſſert hat. Arbeiten in dieſem Stil haben ſich
auf erhabenen Werken in Marmor, und auf geſchnittenen Steinen erhal-
ten, welche an ihrem Orte angezeiget werden; und dieſes war der Stil,
welchen 3) die angefuͤhrten Scribenten mit dem Hetruriſchen vergleichen,
und welcher, wie es ſcheinet, der Aeginetiſchen Schule eigen blieb: denn
die Kuͤnſtler dieſer Inſel, welche 4) von Doriern bewohnet war, ſcheinen
bey dem aͤlteſten Stil am laͤngſten geblieben zu ſeyn.
Das
1) Pauſan. L. 8. p. 682.
2) Caylus Rec. d’Ant. T. 2. pl. 39.
3) Diod. Sic. & Strabo ll. cc.
4) Herodot. L. 8. p. 301. l. 39.
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