Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

II Theil. Von der Kunst, nach den äußern Umständen
Stadt, wurde noch nach sieben Menschenaltern, als das Haupt einer Schu-
le angesehen, welche in Sicyon eine lange Zeit gedauert hatte. Vom
Democritus 1), einem andern Bildhauer aus Sicyon, werden seine Mei-
ster, bis auf den fünften von ihm zurück, namhaft gemachet. Polemon
schrieb eine Abhandlung 2) von den Gemälden zu Sicyon, und von ei-
nem Porticus daselbst, wo viele Werke der Kunst waren. Eupompus,
der Meister des Pamphilus, dessen Schüler Apelles war, brachte es
durch sein Ansehen dahin, daß sich die seit einiger Zeit unter dem Namen
der helladischen vereinigte Schulen in Griechenland, von neuem 3) theile-
ten, also daß nebst der Jonischen Schule, unter den Asiatischen Griechen,
der zu Athen und zu Sicyon, eine jede besonders vor sich bestand. Pam-
philus
und Polycletus, Lysippus und Apelles, welcher nach Sicyon
zu dem Pamphilus gieng, sich in seiner Kunst vollkommener zu machen, ga-
ben dieser Schule ihren letzten Glanz, und zur Zeit Königs Ptolemäus
Philadelphus in Aegypten, scheint die berühmteste und beste Schule der
Malerey in dieser Stadt gewesen zu seyn. Denn es werden in dem präch-
tigen Aufzuge, welchen dieser König anstellete, vornehmlich und allein 4)
Gemälde der Künstler von Sicyon namhaft gemachet.

b.
Zu Corinth.

Corinth war wegen der herrlichen Lage schon in den ältesten Zeiten 5)
eine der mächtigsten Städte in Griechenland, und diese Stadt wird daher
von den ersten Dichtern die Wohlhabende genennet. Cleanthes soll da-
selbst der erste gewesen seyn, welcher, außer dem bloßen Umrisse einer Fi-
gur 6), einige Theile in derselben andeutete. Strabo aber 7) redet schon
von Gemälden des Cleanthes mit vielen Figuren, die noch zu seiner Zeit
übrig waren. Cleophantus von Corinth kam mit dem Tarquinius

Priscus,
1) Pausan. L. 6. p. 457.
2) Athen. Deipn. L. 13.
3) Plin. L. 35. c. 36.
4) Athen. Deipn. L. 5. p. 196. F.
5) Thucyd. L. 1. p. 6. l. 1. seq.
6) Plin. L. 35. c. 5.
7) L. 8. p. 529. l. 17. ad. Almel.

II Theil. Von der Kunſt, nach den aͤußern Umſtaͤnden
Stadt, wurde noch nach ſieben Menſchenaltern, als das Haupt einer Schu-
le angeſehen, welche in Sicyon eine lange Zeit gedauert hatte. Vom
Democritus 1), einem andern Bildhauer aus Sicyon, werden ſeine Mei-
ſter, bis auf den fuͤnften von ihm zuruͤck, namhaft gemachet. Polemon
ſchrieb eine Abhandlung 2) von den Gemaͤlden zu Sicyon, und von ei-
nem Porticus daſelbſt, wo viele Werke der Kunſt waren. Eupompus,
der Meiſter des Pamphilus, deſſen Schuͤler Apelles war, brachte es
durch ſein Anſehen dahin, daß ſich die ſeit einiger Zeit unter dem Namen
der helladiſchen vereinigte Schulen in Griechenland, von neuem 3) theile-
ten, alſo daß nebſt der Joniſchen Schule, unter den Aſiatiſchen Griechen,
der zu Athen und zu Sicyon, eine jede beſonders vor ſich beſtand. Pam-
philus
und Polycletus, Lyſippus und Apelles, welcher nach Sicyon
zu dem Pamphilus gieng, ſich in ſeiner Kunſt vollkommener zu machen, ga-
ben dieſer Schule ihren letzten Glanz, und zur Zeit Koͤnigs Ptolemaͤus
Philadelphus in Aegypten, ſcheint die beruͤhmteſte und beſte Schule der
Malerey in dieſer Stadt geweſen zu ſeyn. Denn es werden in dem praͤch-
tigen Aufzuge, welchen dieſer Koͤnig anſtellete, vornehmlich und allein 4)
Gemaͤlde der Kuͤnſtler von Sicyon namhaft gemachet.

b.
Zu Corinth.

Corinth war wegen der herrlichen Lage ſchon in den aͤlteſten Zeiten 5)
eine der maͤchtigſten Staͤdte in Griechenland, und dieſe Stadt wird daher
von den erſten Dichtern die Wohlhabende genennet. Cleanthes ſoll da-
ſelbſt der erſte geweſen ſeyn, welcher, außer dem bloßen Umriſſe einer Fi-
gur 6), einige Theile in derſelben andeutete. Strabo aber 7) redet ſchon
von Gemaͤlden des Cleanthes mit vielen Figuren, die noch zu ſeiner Zeit
uͤbrig waren. Cleophantus von Corinth kam mit dem Tarquinius

Priſcus,
1) Pauſan. L. 6. p. 457.
2) Athen. Deipn. L. 13.
3) Plin. L. 35. c. 36.
4) Athen. Deipn. L. 5. p. 196. F.
5) Thucyd. L. 1. p. 6. l. 1. ſeq.
6) Plin. L. 35. c. 5.
7) L. 8. p. 529. l. 17. ad. Almel.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0008" n="320"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II</hi> Theil. Von der Kun&#x017F;t, nach den a&#x0364;ußern Um&#x017F;ta&#x0364;nden</hi></fw><lb/>
Stadt, wurde noch nach &#x017F;ieben Men&#x017F;chenaltern, als das Haupt einer Schu-<lb/>
le ange&#x017F;ehen, welche in Sicyon eine lange Zeit gedauert hatte. Vom<lb/><hi rendition="#fr">Democritus</hi> <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Pau&#x017F;an. L. 6. p.</hi> 457.</note>, einem andern Bildhauer aus Sicyon, werden &#x017F;eine Mei-<lb/>
&#x017F;ter, bis auf den fu&#x0364;nften von ihm zuru&#x0364;ck, namhaft gemachet. <hi rendition="#fr">Polemon</hi><lb/>
&#x017F;chrieb eine Abhandlung <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Athen. Deipn. L.</hi> 13.</note> von den Gema&#x0364;lden zu Sicyon, und von ei-<lb/>
nem Porticus da&#x017F;elb&#x017F;t, wo viele Werke der Kun&#x017F;t waren. <hi rendition="#fr">Eupompus,</hi><lb/>
der Mei&#x017F;ter des <hi rendition="#fr">Pamphilus,</hi> de&#x017F;&#x017F;en Schu&#x0364;ler <hi rendition="#fr">Apelles</hi> war, brachte es<lb/>
durch &#x017F;ein An&#x017F;ehen dahin, daß &#x017F;ich die &#x017F;eit einiger Zeit unter dem Namen<lb/>
der helladi&#x017F;chen vereinigte Schulen in Griechenland, von neuem <note place="foot" n="3)"><hi rendition="#aq">Plin. L. 35. c.</hi> 36.</note> theile-<lb/>
ten, al&#x017F;o daß neb&#x017F;t der Joni&#x017F;chen Schule, unter den A&#x017F;iati&#x017F;chen Griechen,<lb/>
der zu Athen und zu Sicyon, eine jede be&#x017F;onders vor &#x017F;ich be&#x017F;tand. <hi rendition="#fr">Pam-<lb/>
philus</hi> und <hi rendition="#fr">Polycletus, Ly&#x017F;ippus</hi> und <hi rendition="#fr">Apelles,</hi> welcher nach Sicyon<lb/>
zu dem Pamphilus gieng, &#x017F;ich in &#x017F;einer Kun&#x017F;t vollkommener zu machen, ga-<lb/>
ben die&#x017F;er Schule ihren letzten Glanz, und zur Zeit Ko&#x0364;nigs Ptolema&#x0364;us<lb/>
Philadelphus in Aegypten, &#x017F;cheint die beru&#x0364;hmte&#x017F;te und be&#x017F;te Schule der<lb/>
Malerey in die&#x017F;er Stadt gewe&#x017F;en zu &#x017F;eyn. Denn es werden in dem pra&#x0364;ch-<lb/>
tigen Aufzuge, welchen die&#x017F;er Ko&#x0364;nig an&#x017F;tellete, vornehmlich und allein <note place="foot" n="4)"><hi rendition="#aq">Athen. Deipn. L. 5. p. 196. F.</hi></note><lb/>
Gema&#x0364;lde der Ku&#x0364;n&#x017F;tler von Sicyon namhaft gemachet.</p><lb/>
          <note place="left"><hi rendition="#aq">b.</hi><lb/>
Zu Corinth.</note>
          <p>Corinth war wegen der herrlichen Lage &#x017F;chon in den a&#x0364;lte&#x017F;ten Zeiten <note place="foot" n="5)"><hi rendition="#aq">Thucyd. L. 1. p. 6. l. 1. &#x017F;eq.</hi></note><lb/>
eine der ma&#x0364;chtig&#x017F;ten Sta&#x0364;dte in Griechenland, und die&#x017F;e Stadt wird daher<lb/>
von den er&#x017F;ten Dichtern die Wohlhabende genennet. <hi rendition="#fr">Cleanthes</hi> &#x017F;oll da-<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t der er&#x017F;te gewe&#x017F;en &#x017F;eyn, welcher, außer dem bloßen Umri&#x017F;&#x017F;e einer Fi-<lb/>
gur <note place="foot" n="6)"><hi rendition="#aq">Plin. L. 35. c.</hi> 5.</note>, einige Theile in der&#x017F;elben andeutete. Strabo aber <note place="foot" n="7)"><hi rendition="#aq">L. 8. p. 529. l. 17. ad. Almel.</hi></note> redet &#x017F;chon<lb/>
von Gema&#x0364;lden des <hi rendition="#fr">Cleanthes</hi> mit vielen Figuren, die noch zu &#x017F;einer Zeit<lb/>
u&#x0364;brig waren. <hi rendition="#fr">Cleophantus</hi> von Corinth kam mit dem Tarquinius<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Pri&#x017F;cus,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[320/0008] II Theil. Von der Kunſt, nach den aͤußern Umſtaͤnden Stadt, wurde noch nach ſieben Menſchenaltern, als das Haupt einer Schu- le angeſehen, welche in Sicyon eine lange Zeit gedauert hatte. Vom Democritus 1), einem andern Bildhauer aus Sicyon, werden ſeine Mei- ſter, bis auf den fuͤnften von ihm zuruͤck, namhaft gemachet. Polemon ſchrieb eine Abhandlung 2) von den Gemaͤlden zu Sicyon, und von ei- nem Porticus daſelbſt, wo viele Werke der Kunſt waren. Eupompus, der Meiſter des Pamphilus, deſſen Schuͤler Apelles war, brachte es durch ſein Anſehen dahin, daß ſich die ſeit einiger Zeit unter dem Namen der helladiſchen vereinigte Schulen in Griechenland, von neuem 3) theile- ten, alſo daß nebſt der Joniſchen Schule, unter den Aſiatiſchen Griechen, der zu Athen und zu Sicyon, eine jede beſonders vor ſich beſtand. Pam- philus und Polycletus, Lyſippus und Apelles, welcher nach Sicyon zu dem Pamphilus gieng, ſich in ſeiner Kunſt vollkommener zu machen, ga- ben dieſer Schule ihren letzten Glanz, und zur Zeit Koͤnigs Ptolemaͤus Philadelphus in Aegypten, ſcheint die beruͤhmteſte und beſte Schule der Malerey in dieſer Stadt geweſen zu ſeyn. Denn es werden in dem praͤch- tigen Aufzuge, welchen dieſer Koͤnig anſtellete, vornehmlich und allein 4) Gemaͤlde der Kuͤnſtler von Sicyon namhaft gemachet. Corinth war wegen der herrlichen Lage ſchon in den aͤlteſten Zeiten 5) eine der maͤchtigſten Staͤdte in Griechenland, und dieſe Stadt wird daher von den erſten Dichtern die Wohlhabende genennet. Cleanthes ſoll da- ſelbſt der erſte geweſen ſeyn, welcher, außer dem bloßen Umriſſe einer Fi- gur 6), einige Theile in derſelben andeutete. Strabo aber 7) redet ſchon von Gemaͤlden des Cleanthes mit vielen Figuren, die noch zu ſeiner Zeit uͤbrig waren. Cleophantus von Corinth kam mit dem Tarquinius Priſcus, 1) Pauſan. L. 6. p. 457. 2) Athen. Deipn. L. 13. 3) Plin. L. 35. c. 36. 4) Athen. Deipn. L. 5. p. 196. F. 5) Thucyd. L. 1. p. 6. l. 1. ſeq. 6) Plin. L. 35. c. 5. 7) L. 8. p. 529. l. 17. ad. Almel.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte02_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte02_1764/8
Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte02_1764/8>, abgerufen am 24.11.2024.