Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 1. Neustadt, 1832.tion, wie sie vorher in diesem Lande noch nie gesehen worden war. tion, wie ſie vorher in dieſem Lande noch nie geſehen worden war. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0011" n="3"/> tion, wie ſie vorher in dieſem Lande noch nie geſehen worden war.<lb/> Dazu kam der günſtige Umſtand, daß einige Monate nach der letzten<lb/> Staatsumwälzung in Frankreich zwei deutſche Volkskammern gleichzeitig<lb/> verſammelt waren, gleichzeitig auf Emancipation des Volkes zu wirken<lb/> ſtrebten und durch Entwicklung einer vorher nicht erkannten Kraft unter<lb/> einem großen Theile der deutſchen Völker auf einmal den regſten Sinn<lb/> für das öffentliche Leben und die bürgerliche Freiheit hervorriefen. Nun<lb/> trat auch die Preſſe entſchiedener auf. Neue Organe derſelben entſtan-<lb/> den. Nicht blos einzelnen Stämmen, ſondern dem geſammten deut-<lb/> ſchen Vaterlande galt ihr Wirken. Bald war ein treues Bündniß ver-<lb/> ſchiedener Journale ſtillſchweigend geſchloſſen, das Ziel des vereinigten<lb/> Strebens ward nun kühn und frei ausgeſprochen — <hi rendition="#g">die Befreiung<lb/> und Wiedervereinigung Deutſchlands</hi>. Wie ein electriſcher<lb/> Funke wirkte das Zauberwort der Einheit Deutſchlands auf alle Gauen<lb/> unſeres Landes. Das Volk war in kurzer Zeit wie umgewandelt.<lb/> Nur eine Idee, nur eine Sympathie bewegte alles: <hi rendition="#g">die Wiederge-<lb/> burt des Vaterlandes</hi>. Immer zahlreicher, immer dichter wurde<lb/> die Phalanx der deutſchen Patrioten, in jedem Bruderſtamme ſtiegen glän-<lb/> zende Talente auf und traten in die Reihen der Kämpfer für <hi rendition="#g">die</hi> große<lb/> Sache ein. Es waren nicht mehr die Litteraten und gelehrten Autori-<lb/> täten allein, welche die Oppoſition bildeten; die Bürger, die Geſchäfts-<lb/> und Gewerbsmänner, dieſer Kern der Nationalkraft, erklärten ſich feu-<lb/> rig für die Reform des Vaterlandes und gaben der Sache noch mehr<lb/> Gewicht und Bedeutung. Die Unterhaltung mit Tagesneuigkeiten ver-<lb/> ſchwand aus den Geſellſchafts- und Erholungsörtern; Beſprechung über<lb/> die Bedürfniſſe des Landes und Berathung über die Mittel zur Wie-<lb/> dergeburt Deutſchlands war an die Stelle getreten. Bald gieng man<lb/> einen Schritt weiter und veranſtaltete politiſche Feſte, die durch reine<lb/> Begeiſterung für die Sache der Völker und die Reform des Landes ei-<lb/> nen tiefen Eindruck in den Anweſenden zurückließen und allgemeinen<lb/> Enthuſiasmus weithin über alle deutſche Gauen verbreiteten. Da zogen<lb/> endlich die Trümmer des polniſchen Heldenheeres durch das ſüdliche und<lb/> weſtliche Deutſchland und bezauberten alle Herzen durch ritterliche Hal-<lb/> tung, hohe Geiſtesbildung, reine Sitten und vor allem durch die un-<lb/> ſchätzbare Tugend der Beſcheidenheit. Die Anſchauung ſolcher Eigen-<lb/> ſchaften ſteigerte die Theilnahme an dem Unglücke der edlen Nation zur<lb/> äußerſten Enträſtung über den ruſſiſchen Despoten und deſſen deutſche<lb/> Helfershelfer, und mit Windeseile durchdrang alle ſüddeutſchen Patrio-<lb/> ten der Gedanke, daß Polen durch Deutſchland wieder hergeſtellt werden<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [3/0011]
tion, wie ſie vorher in dieſem Lande noch nie geſehen worden war.
Dazu kam der günſtige Umſtand, daß einige Monate nach der letzten
Staatsumwälzung in Frankreich zwei deutſche Volkskammern gleichzeitig
verſammelt waren, gleichzeitig auf Emancipation des Volkes zu wirken
ſtrebten und durch Entwicklung einer vorher nicht erkannten Kraft unter
einem großen Theile der deutſchen Völker auf einmal den regſten Sinn
für das öffentliche Leben und die bürgerliche Freiheit hervorriefen. Nun
trat auch die Preſſe entſchiedener auf. Neue Organe derſelben entſtan-
den. Nicht blos einzelnen Stämmen, ſondern dem geſammten deut-
ſchen Vaterlande galt ihr Wirken. Bald war ein treues Bündniß ver-
ſchiedener Journale ſtillſchweigend geſchloſſen, das Ziel des vereinigten
Strebens ward nun kühn und frei ausgeſprochen — die Befreiung
und Wiedervereinigung Deutſchlands. Wie ein electriſcher
Funke wirkte das Zauberwort der Einheit Deutſchlands auf alle Gauen
unſeres Landes. Das Volk war in kurzer Zeit wie umgewandelt.
Nur eine Idee, nur eine Sympathie bewegte alles: die Wiederge-
burt des Vaterlandes. Immer zahlreicher, immer dichter wurde
die Phalanx der deutſchen Patrioten, in jedem Bruderſtamme ſtiegen glän-
zende Talente auf und traten in die Reihen der Kämpfer für die große
Sache ein. Es waren nicht mehr die Litteraten und gelehrten Autori-
täten allein, welche die Oppoſition bildeten; die Bürger, die Geſchäfts-
und Gewerbsmänner, dieſer Kern der Nationalkraft, erklärten ſich feu-
rig für die Reform des Vaterlandes und gaben der Sache noch mehr
Gewicht und Bedeutung. Die Unterhaltung mit Tagesneuigkeiten ver-
ſchwand aus den Geſellſchafts- und Erholungsörtern; Beſprechung über
die Bedürfniſſe des Landes und Berathung über die Mittel zur Wie-
dergeburt Deutſchlands war an die Stelle getreten. Bald gieng man
einen Schritt weiter und veranſtaltete politiſche Feſte, die durch reine
Begeiſterung für die Sache der Völker und die Reform des Landes ei-
nen tiefen Eindruck in den Anweſenden zurückließen und allgemeinen
Enthuſiasmus weithin über alle deutſche Gauen verbreiteten. Da zogen
endlich die Trümmer des polniſchen Heldenheeres durch das ſüdliche und
weſtliche Deutſchland und bezauberten alle Herzen durch ritterliche Hal-
tung, hohe Geiſtesbildung, reine Sitten und vor allem durch die un-
ſchätzbare Tugend der Beſcheidenheit. Die Anſchauung ſolcher Eigen-
ſchaften ſteigerte die Theilnahme an dem Unglücke der edlen Nation zur
äußerſten Enträſtung über den ruſſiſchen Despoten und deſſen deutſche
Helfershelfer, und mit Windeseile durchdrang alle ſüddeutſchen Patrio-
ten der Gedanke, daß Polen durch Deutſchland wieder hergeſtellt werden
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