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Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832.

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freiung Polens zu opfern, und wenn ihre Zahl groß genug geworden,
dann einen unsrer Fürsten bitten, sich an unsre Spitze zu stellen zu dem
Kampfe für die Rechte einer vor den Augen der civilisirten Welt grenzen-
los elend gemachten Nation. -- Und die Fürsten müssen es zulassen, wenn
noch ein Funke von Menschlichkeit in ihrer Brust lodert, -- ja, ich hoffe,
zu ihrem eignen Besten, sie werden es thun. -- Denn sorgen wir nicht in
Zeiten dafür, daß dem Vergrößerungs-System des nordischen Colosses gegen
Westen hin ein Damm entgegen gesetzt werde, so haben wir früher oder
später gleiches Loos mit Polen zu erwarten. Und wie könnten wir einen
stärkeren Damm errichten, als wenn wir Polen wieder herzustellen suchen!
Daher frisch zur That! -- Lasset Adressen an alle deutsche Volkstämme
und an alle andere Nationen ergehen, worinnen sie zur Theilnahme an
diesem heiligen Kampfe aufgefordert werden, und kein Fürst wird euch
hierin hindern können, noch wollen. Denn -- ohne Polens Freiheit, keine
deutsche Freiheit! ohne Polens Freiheit kein dauernder Friede, kein Heil
für alle andern europäischen Völker! -- Drum fodert auf zum Kampfe
für Polens Wiederherstellung, es ist der Kampf des guten gegen das böse
Princip! -- es ist der Kampf für die edle Sache der ganzen Menschheit! --
Es ist das Sühn-Opfer welches die civilisirten Völker jetziger Zeit, den
Enkeln der großen polnischen Nation bringen müssen, -- um den Schand-
fleck wieder abzuwaschen, welchen die scheußliche Politik des vorigen Jahr-
hunderts durch die Theilung Polens dem deutschen Namen aufgedrückt hat!"

Der Versammlung ward nun die Freude zu Theil, einen edlen Po-
len, Franz Grzymala, auf der Rednerbühne begrüßen zu können, der
über den Zustand Europa's und das grausame Unterdrückungssystem
der Könige mit ergreifender Wahrheit sprach. Die Rede dieses eben
so thätigen als einsichtsvollen Polen, welche uns leider bei dem Ab-
druck dieses Heftes noch nicht mitgetheilt war, machte großen Eindruck
auf die ganze Versammlung, insbefondere tief empfunden wurde die ge-
wiß wahre Behauptung: daß kein Volk reifer sey, die freieste Verfas-
sung dauerhaft bei sich zu begründen, als das deutsche Volk. Veranlaßt
durch die hohe ehrenvolle Erwartung eines Polen von unserem deut-
schen Vaterlande sprach jetzt Christ. Scharpff aus Homburg, der
tapfre Mitarbeiter an der deutschen Tribüne:

Deutsche Männer!

Unser Vaterland war in Schmach und politische Ohnmacht versun-
ken; es hat die Schmach von sich geworfen, es ist aus dem unwürdigen
Schlafe erwacht, die Blicke Europa's sind wieder auf dasselbe gerichtet. --
Die Begeisterung, mit welcher das deutsche Volk die Revolution des

freiung Polens zu opfern, und wenn ihre Zahl groß genug geworden,
dann einen unſrer Fuͤrſten bitten, ſich an unſre Spitze zu ſtellen zu dem
Kampfe fuͤr die Rechte einer vor den Augen der civiliſirten Welt grenzen-
los elend gemachten Nation. — Und die Fuͤrſten muͤſſen es zulaſſen, wenn
noch ein Funke von Menſchlichkeit in ihrer Bruſt lodert, — ja, ich hoffe,
zu ihrem eignen Beſten, ſie werden es thun. — Denn ſorgen wir nicht in
Zeiten dafuͤr, daß dem Vergroͤßerungs-Syſtem des nordiſchen Coloſſes gegen
Weſten hin ein Damm entgegen geſetzt werde, ſo haben wir fruͤher oder
ſpaͤter gleiches Loos mit Polen zu erwarten. Und wie koͤnnten wir einen
ſtaͤrkeren Damm errichten, als wenn wir Polen wieder herzuſtellen ſuchen!
Daher friſch zur That! — Laſſet Adreſſen an alle deutſche Volkſtaͤmme
und an alle andere Nationen ergehen, worinnen ſie zur Theilnahme an
dieſem heiligen Kampfe aufgefordert werden, und kein Fuͤrſt wird euch
hierin hindern koͤnnen, noch wollen. Denn — ohne Polens Freiheit, keine
deutſche Freiheit! ohne Polens Freiheit kein dauernder Friede, kein Heil
fuͤr alle andern europaͤiſchen Voͤlker! — Drum fodert auf zum Kampfe
fuͤr Polens Wiederherſtellung, es iſt der Kampf des guten gegen das boͤſe
Princip! — es iſt der Kampf fuͤr die edle Sache der ganzen Menſchheit! —
Es iſt das Suͤhn-Opfer welches die civiliſirten Voͤlker jetziger Zeit, den
Enkeln der großen polniſchen Nation bringen muͤſſen, — um den Schand-
fleck wieder abzuwaſchen, welchen die ſcheußliche Politik des vorigen Jahr-
hunderts durch die Theilung Polens dem deutſchen Namen aufgedruͤckt hat!«

Der Verſammlung ward nun die Freude zu Theil, einen edlen Po-
len, Franz Grzymala, auf der Rednerbühne begrüßen zu können, der
über den Zuſtand Europa’s und das grauſame Unterdrückungsſyſtem
der Könige mit ergreifender Wahrheit ſprach. Die Rede dieſes eben
ſo thätigen als einſichtsvollen Polen, welche uns leider bei dem Ab-
druck dieſes Heftes noch nicht mitgetheilt war, machte großen Eindruck
auf die ganze Verſammlung, insbefondere tief empfunden wurde die ge-
wiß wahre Behauptung: daß kein Volk reifer ſey, die freieſte Verfaſ-
ſung dauerhaft bei ſich zu begründen, als das deutſche Volk. Veranlaßt
durch die hohe ehrenvolle Erwartung eines Polen von unſerem deut-
ſchen Vaterlande ſprach jetzt Chriſt. Scharpff aus Homburg, der
tapfre Mitarbeiter an der deutſchen Tribüne:

Deutſche Männer!

Unſer Vaterland war in Schmach und politiſche Ohnmacht verſun-
ken; es hat die Schmach von ſich geworfen, es iſt aus dem unwürdigen
Schlafe erwacht, die Blicke Europa’s ſind wieder auf daſſelbe gerichtet. —
Die Begeiſterung, mit welcher das deutſche Volk die Revolution des

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[68/0010] freiung Polens zu opfern, und wenn ihre Zahl groß genug geworden, dann einen unſrer Fuͤrſten bitten, ſich an unſre Spitze zu ſtellen zu dem Kampfe fuͤr die Rechte einer vor den Augen der civiliſirten Welt grenzen- los elend gemachten Nation. — Und die Fuͤrſten muͤſſen es zulaſſen, wenn noch ein Funke von Menſchlichkeit in ihrer Bruſt lodert, — ja, ich hoffe, zu ihrem eignen Beſten, ſie werden es thun. — Denn ſorgen wir nicht in Zeiten dafuͤr, daß dem Vergroͤßerungs-Syſtem des nordiſchen Coloſſes gegen Weſten hin ein Damm entgegen geſetzt werde, ſo haben wir fruͤher oder ſpaͤter gleiches Loos mit Polen zu erwarten. Und wie koͤnnten wir einen ſtaͤrkeren Damm errichten, als wenn wir Polen wieder herzuſtellen ſuchen! Daher friſch zur That! — Laſſet Adreſſen an alle deutſche Volkſtaͤmme und an alle andere Nationen ergehen, worinnen ſie zur Theilnahme an dieſem heiligen Kampfe aufgefordert werden, und kein Fuͤrſt wird euch hierin hindern koͤnnen, noch wollen. Denn — ohne Polens Freiheit, keine deutſche Freiheit! ohne Polens Freiheit kein dauernder Friede, kein Heil fuͤr alle andern europaͤiſchen Voͤlker! — Drum fodert auf zum Kampfe fuͤr Polens Wiederherſtellung, es iſt der Kampf des guten gegen das boͤſe Princip! — es iſt der Kampf fuͤr die edle Sache der ganzen Menſchheit! — Es iſt das Suͤhn-Opfer welches die civiliſirten Voͤlker jetziger Zeit, den Enkeln der großen polniſchen Nation bringen muͤſſen, — um den Schand- fleck wieder abzuwaſchen, welchen die ſcheußliche Politik des vorigen Jahr- hunderts durch die Theilung Polens dem deutſchen Namen aufgedruͤckt hat!« Der Verſammlung ward nun die Freude zu Theil, einen edlen Po- len, Franz Grzymala, auf der Rednerbühne begrüßen zu können, der über den Zuſtand Europa’s und das grauſame Unterdrückungsſyſtem der Könige mit ergreifender Wahrheit ſprach. Die Rede dieſes eben ſo thätigen als einſichtsvollen Polen, welche uns leider bei dem Ab- druck dieſes Heftes noch nicht mitgetheilt war, machte großen Eindruck auf die ganze Verſammlung, insbefondere tief empfunden wurde die ge- wiß wahre Behauptung: daß kein Volk reifer ſey, die freieſte Verfaſ- ſung dauerhaft bei ſich zu begründen, als das deutſche Volk. Veranlaßt durch die hohe ehrenvolle Erwartung eines Polen von unſerem deut- ſchen Vaterlande ſprach jetzt Chriſt. Scharpff aus Homburg, der tapfre Mitarbeiter an der deutſchen Tribüne: Deutſche Männer! Unſer Vaterland war in Schmach und politiſche Ohnmacht verſun- ken; es hat die Schmach von ſich geworfen, es iſt aus dem unwürdigen Schlafe erwacht, die Blicke Europa’s ſind wieder auf daſſelbe gerichtet. — Die Begeiſterung, mit welcher das deutſche Volk die Revolution des

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Zitationshilfe: Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wirth_nationalfest02_1832/10>, abgerufen am 29.04.2024.