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Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832.

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entquollen einer Zeit, reich an Druck, Muth und vernichtenden Kämpfen! --
"Vor uns liegt ein glücklich Hoffen!" so ruft der gigantische Geist der Zeit,
der mit erschütterndem Tritte über die Erde schreitet, an den Hütten,
an den Pallästen, an den Thronen! und der warme Menschenfreund jaucht
ihm trunken entgegen, und der knirschende Despotismus hüllet sich dichter
in den blutigen Purpur und mit schielendem, zitterndem Blicke, mit angstlich
stockendem Herzen, dem Schritt des erhabnen Geistes folgend lauert die
verschrumpfte Politik: ob durch Waffenschall und marklose Drohungen der
Gewaltige nicht betäubt werden könnte! Und er steht, das glühende Auge
in die Ferne gerichtet, den nervigen Arm emporgehoben, er steht harrend,
ob ihr ihm folget, aus dieser trüben, drückenden Dämmerung, in den lachen-
den Tag, dem er euch entgegen führen will. Mitbürger! Männer! Söhne
des Vaterlands! raffet euch auf mit lautern, starken Herzen, prüfet die
heiligen Momente, die gewichtig in ihren Folgen wie Jahrtausende sind, --
und dann weihet euch, weihet euch auf Tod und Leben, den heiligsten
Interessen der Menschheit! -- Erkennet die Würde, den Adel eurer Be-
stimmung, der Himmel rief euch zu großen Zwecken ins Leben, er
erschuf euch für diese Zeit! Und vor Allen du rüstige, edle, begeisterte
vaterländische Jugend, auf deren Muth, deren Thatkraft die verkündete
glückliche Zukunft gebaut ist, mit frohen, von kühnen Entschlüssen geschwell-
ten Herzen trete zusammen, mit unbrechbarem diamantnem Muthe rüste
dich! siehe schon bricht es über die dunklen Berge, das Morgenroth eines
neuen Jahrtausends, -- das Morgenroth einer glücklichen, freien, veredelten
Zeit, aber finstere Wolken drücken sich über das aufströmende Licht, und
der Männer-prüfende Sturm bricht in den anbrechenden Morgen. Dränge
deine ehernen Reihen um den heiligen Altar der Freiheit, und schütze die
auflodernde Flamme, und wenn sie nahen die finstern Verbündete des Ab-
grunds, dann leuchte, ein verderbender Wetterstrahl, in ihre kalte Massen,
und siege mit deinem reinen Blute, in deinem menschenbeglückenden geheiligten
Unternehmen --"

Und ihr, die ihr mit Wort und That, die heiligsten Empfindungen
des Menschen erweckt; die ihr dem aufstrebenden Volke die hilfreiche Hand
bietet, die ihr es mit seinen Menschen- und Staatsbürgerrechten bekannt
und vertraut macht; würdige, edle Volks- und Menschenfreunde, er-
hebt eure belehrende, anfeuernde Rede, stärker und wärmer, rufet auf
mit der Stimme der Zeit, erhaltet veredelt die erweckten Gesinnungen,
macht den Menschen reif für die Opferungen, welche der große Moment
von ihnen fordert; -- nicht mit der Sprache der Verachtung, mit der un-
geschmückten energischen Rede der Wahrheit rufet sie hinauf in eure Rei-

entquollen einer Zeit, reich an Druck, Muth und vernichtenden Kaͤmpfen! —
„Vor uns liegt ein gluͤcklich Hoffen!“ ſo ruft der gigantiſche Geiſt der Zeit,
der mit erſchuͤtterndem Tritte uͤber die Erde ſchreitet, an den Huͤtten,
an den Pallaͤſten, an den Thronen! und der warme Menſchenfreund jaucht
ihm trunken entgegen, und der knirſchende Despotismus huͤllet ſich dichter
in den blutigen Purpur und mit ſchielendem, zitterndem Blicke, mit angſtlich
ſtockendem Herzen, dem Schritt des erhabnen Geiſtes folgend lauert die
verſchrumpfte Politik: ob durch Waffenſchall und markloſe Drohungen der
Gewaltige nicht betaͤubt werden koͤnnte! Und er ſteht, das gluͤhende Auge
in die Ferne gerichtet, den nervigen Arm emporgehoben, er ſteht harrend,
ob ihr ihm folget, aus dieſer truͤben, druͤckenden Daͤmmerung, in den lachen-
den Tag, dem er euch entgegen fuͤhren will. Mitbuͤrger! Maͤnner! Soͤhne
des Vaterlands! raffet euch auf mit lautern, ſtarken Herzen, pruͤfet die
heiligen Momente, die gewichtig in ihren Folgen wie Jahrtauſende ſind, —
und dann weihet euch, weihet euch auf Tod und Leben, den heiligſten
Intereſſen der Menſchheit! — Erkennet die Wuͤrde, den Adel eurer Be-
ſtimmung, der Himmel rief euch zu großen Zwecken ins Leben, er
erſchuf euch fuͤr dieſe Zeit! Und vor Allen du ruͤſtige, edle, begeiſterte
vaterlaͤndiſche Jugend, auf deren Muth, deren Thatkraft die verkuͤndete
gluͤckliche Zukunft gebaut iſt, mit frohen, von kuͤhnen Entſchluͤſſen geſchwell-
ten Herzen trete zuſammen, mit unbrechbarem diamantnem Muthe ruͤſte
dich! ſiehe ſchon bricht es uͤber die dunklen Berge, das Morgenroth eines
neuen Jahrtauſends, — das Morgenroth einer gluͤcklichen, freien, veredelten
Zeit, aber finſtere Wolken druͤcken ſich uͤber das aufſtroͤmende Licht, und
der Maͤnner-pruͤfende Sturm bricht in den anbrechenden Morgen. Dränge
deine ehernen Reihen um den heiligen Altar der Freiheit, und ſchuͤtze die
auflodernde Flamme, und wenn ſie nahen die finſtern Verbuͤndete des Ab-
grunds, dann leuchte, ein verderbender Wetterſtrahl, in ihre kalte Maſſen,
und ſiege mit deinem reinen Blute, in deinem menſchenbegluͤckenden geheiligten
Unternehmen —“

Und ihr, die ihr mit Wort und That, die heiligſten Empfindungen
des Menſchen erweckt; die ihr dem aufſtrebenden Volke die hilfreiche Hand
bietet, die ihr es mit ſeinen Menſchen- und Staatsbuͤrgerrechten bekannt
und vertraut macht; wuͤrdige, edle Volks- und Menſchenfreunde, er-
hebt eure belehrende, anfeuernde Rede, ſtärker und waͤrmer, rufet auf
mit der Stimme der Zeit, erhaltet veredelt die erweckten Geſinnungen,
macht den Menſchen reif fuͤr die Opferungen, welche der große Moment
von ihnen fordert; — nicht mit der Sprache der Verachtung, mit der un-
geſchmuͤckten energiſchen Rede der Wahrheit rufet ſie hinauf in eure Rei-

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Zitationshilfe: Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wirth_nationalfest02_1832/17>, abgerufen am 29.04.2024.