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Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832.

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hen, sie hören, sie folgen euch gerne. -- Freiheit und Vaterland -- ja sehet
Kleingläubige, wie die Welt bei diesen Worten aufhorcht, wie die Herzen
lodern in den Hütten, hinter dem Pfluge. -- Von dem feurigen Gallien
bis zum ernsten kräftigen Norden schon durchwärmen diese großen Ideen
alle Gemüther, Aller Brust! --

Und auch euch gilt dieser Ruf, Brüder in Preußen, die ihr lange
schon stolz darauf, ein besonderes Volk zu heißen, mit dem deutschen In-
tressen nichts mehr gemein zu haben scheint, auch euch gilt er, euch,
die ihr glücklich und zufrieden in einem Staate hin lebt, der euch keine
andre Gewähr für persönliche Freiheit leistet, als die, welche der blinde
Zufall in der Person eines guten Fürsten gibt. -- Auf denn, wer unter
euch in königlicher Demuth noch nicht vertrocknet, und in fürstlicher Gnade
noch nicht abgestorben ist!

Die Menschheit schließt einen hohen, heiligen Bund, eine Gewähr
für Licht und Freiheit, einen Vernichtungs-Bund gegen Despotismus und
Bonzenthum, einen Bund auf Tod und Leben, segnend den der die
heilige Zeit ergreifend, dem leidenden Volke aufhilft, verfluchend und
zerschmetternd die Werke und Gebäude der Willkühr, der blinden Unter-
würfigkeit, der Sclaverei und des Pfaffenthums. --

Und du Geber der lichten Vernunft, der sittlichen und vernünftigen
Freiheit, des stählernen, männlichen Muthes, siehe herab auf deine
Menschheit, laß hervorwachsen aus unsern Handlungen, unsern Gräbern,
Segen, Freiheit, Veredlung für die Folgezeit, für Jahrhunderte, Jahr-
tausende, und verleih uns Kraft, auszuringen den großen heiligen Kampf,
bis die ersterbende Hand sinkt, und das Auge bricht unterm Sieges-
Donner! --

Und du erhabene, eindringende Wahrheit, du Stimme des mahnen-
den, sich erhebenden Volkes, noch einmal dränge dich mit deinem erschüt-
ternden Donner, an die purpurnen Ruhestellen, an die üppigen Polster
der schwelgenden Großen, in die finstern Zellen der gleißenden Pfaffen,
noch einmal rufe sie auf -- im Namen der zürnenden Menschheit --
wegzuwenden die frevelnde Hand von den heiligsten Gütern des Bürgers,
einzutreten in den erhabenen Verband gegen die verruchten Waffen des
Despotismus und des blinden Aberglaubens. --

Rede von Brüggemann aus Preußen.
Deutsche Mitbürger
!

Vielleicht erregt es euer Mißfallen, daß ein Jüngling sich zur Tri-
büne drängt, wo ergraute Männer im Kreise sitzen. -- Verzeihet mir! --

hen, ſie hoͤren, ſie folgen euch gerne. — Freiheit und Vaterland — ja ſehet
Kleinglaͤubige, wie die Welt bei dieſen Worten aufhorcht, wie die Herzen
lodern in den Huͤtten, hinter dem Pfluge. — Von dem feurigen Gallien
bis zum ernſten kraͤftigen Norden ſchon durchwaͤrmen dieſe großen Ideen
alle Gemuͤther, Aller Bruſt! —

Und auch euch gilt dieſer Ruf, Bruͤder in Preußen, die ihr lange
ſchon ſtolz darauf, ein beſonderes Volk zu heißen, mit dem deutſchen In-
treſſen nichts mehr gemein zu haben ſcheint, auch euch gilt er, euch,
die ihr gluͤcklich und zufrieden in einem Staate hin lebt, der euch keine
andre Gewaͤhr fuͤr perſoͤnliche Freiheit leiſtet, als die, welche der blinde
Zufall in der Perſon eines guten Fuͤrſten gibt. — Auf denn, wer unter
euch in koͤniglicher Demuth noch nicht vertrocknet, und in fuͤrſtlicher Gnade
noch nicht abgeſtorben iſt!

Die Menſchheit ſchließt einen hohen, heiligen Bund, eine Gewaͤhr
fuͤr Licht und Freiheit, einen Vernichtungs-Bund gegen Despotismus und
Bonzenthum, einen Bund auf Tod und Leben, ſegnend den der die
heilige Zeit ergreifend, dem leidenden Volke aufhilft, verfluchend und
zerſchmetternd die Werke und Gebaͤude der Willkuͤhr, der blinden Unter-
wuͤrfigkeit, der Sclaverei und des Pfaffenthums. —

Und du Geber der lichten Vernunft, der ſittlichen und vernuͤnftigen
Freiheit, des ſtaͤhlernen, maͤnnlichen Muthes, ſiehe herab auf deine
Menſchheit, laß hervorwachſen aus unſern Handlungen, unſern Graͤbern,
Segen, Freiheit, Veredlung fuͤr die Folgezeit, fuͤr Jahrhunderte, Jahr-
tauſende, und verleih uns Kraft, auszuringen den großen heiligen Kampf,
bis die erſterbende Hand ſinkt, und das Auge bricht unterm Sieges-
Donner! —

Und du erhabene, eindringende Wahrheit, du Stimme des mahnen-
den, ſich erhebenden Volkes, noch einmal draͤnge dich mit deinem erſchuͤt-
ternden Donner, an die purpurnen Ruheſtellen, an die uͤppigen Polſter
der ſchwelgenden Großen, in die finſtern Zellen der gleißenden Pfaffen,
noch einmal rufe ſie auf — im Namen der zuͤrnenden Menſchheit —
wegzuwenden die frevelnde Hand von den heiligſten Guͤtern des Buͤrgers,
einzutreten in den erhabenen Verband gegen die verruchten Waffen des
Despotismus und des blinden Aberglaubens. —

Rede von Brüggemann aus Preußen.
Deutſche Mitbürger
!

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büne drängt, wo ergraute Männer im Kreiſe ſitzen. — Verzeihet mir! —

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[76/0018] hen, ſie hoͤren, ſie folgen euch gerne. — Freiheit und Vaterland — ja ſehet Kleinglaͤubige, wie die Welt bei dieſen Worten aufhorcht, wie die Herzen lodern in den Huͤtten, hinter dem Pfluge. — Von dem feurigen Gallien bis zum ernſten kraͤftigen Norden ſchon durchwaͤrmen dieſe großen Ideen alle Gemuͤther, Aller Bruſt! — Und auch euch gilt dieſer Ruf, Bruͤder in Preußen, die ihr lange ſchon ſtolz darauf, ein beſonderes Volk zu heißen, mit dem deutſchen In- treſſen nichts mehr gemein zu haben ſcheint, auch euch gilt er, euch, die ihr gluͤcklich und zufrieden in einem Staate hin lebt, der euch keine andre Gewaͤhr fuͤr perſoͤnliche Freiheit leiſtet, als die, welche der blinde Zufall in der Perſon eines guten Fuͤrſten gibt. — Auf denn, wer unter euch in koͤniglicher Demuth noch nicht vertrocknet, und in fuͤrſtlicher Gnade noch nicht abgeſtorben iſt! Die Menſchheit ſchließt einen hohen, heiligen Bund, eine Gewaͤhr fuͤr Licht und Freiheit, einen Vernichtungs-Bund gegen Despotismus und Bonzenthum, einen Bund auf Tod und Leben, ſegnend den der die heilige Zeit ergreifend, dem leidenden Volke aufhilft, verfluchend und zerſchmetternd die Werke und Gebaͤude der Willkuͤhr, der blinden Unter- wuͤrfigkeit, der Sclaverei und des Pfaffenthums. — Und du Geber der lichten Vernunft, der ſittlichen und vernuͤnftigen Freiheit, des ſtaͤhlernen, maͤnnlichen Muthes, ſiehe herab auf deine Menſchheit, laß hervorwachſen aus unſern Handlungen, unſern Graͤbern, Segen, Freiheit, Veredlung fuͤr die Folgezeit, fuͤr Jahrhunderte, Jahr- tauſende, und verleih uns Kraft, auszuringen den großen heiligen Kampf, bis die erſterbende Hand ſinkt, und das Auge bricht unterm Sieges- Donner! — Und du erhabene, eindringende Wahrheit, du Stimme des mahnen- den, ſich erhebenden Volkes, noch einmal draͤnge dich mit deinem erſchuͤt- ternden Donner, an die purpurnen Ruheſtellen, an die uͤppigen Polſter der ſchwelgenden Großen, in die finſtern Zellen der gleißenden Pfaffen, noch einmal rufe ſie auf — im Namen der zuͤrnenden Menſchheit — wegzuwenden die frevelnde Hand von den heiligſten Guͤtern des Buͤrgers, einzutreten in den erhabenen Verband gegen die verruchten Waffen des Despotismus und des blinden Aberglaubens. — Rede von Brüggemann aus Preußen. Deutſche Mitbürger! Vielleicht erregt es euer Mißfallen, daß ein Jüngling ſich zur Tri- büne drängt, wo ergraute Männer im Kreiſe ſitzen. — Verzeihet mir! —

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Zitationshilfe: Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wirth_nationalfest02_1832/18>, abgerufen am 29.04.2024.