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Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832.

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letzt, der ist meineidig, der sey unser gemeinschaftlicher Feind; entstehe
dann auch daraus was da wolle.

Der Sieg muß uns werden, schließen uns auch Feinde von allen
Seiten ein, blitzen auch Lanzen und Schwerter fern und nah und über-
all. Freunde ihr kämpft dann für Eltern, Weiber, Kinder, für euere
Nachkommenschaft, und schützet und bewahret Euer Heiligstes, während
Ihr zugleich euere Güter, euere Habe vertheidiget; euere Gegner treibt
nur ein hohles Wort des Herrschers und die Knute ihrer Herrn, nicht
ihr Gemüth. Ja noch mehr, selbst aus den Reihen unserer vermeinten
Gegner würden Streiter für die heilige Sache hervorgehen, denn auch
dort sind viele, deren Herz bessern Gefühlen huldigt.

Vor allem aber befleißen wir uns der festesten Eintracht und Ord-
nung; diese zu erhalten muß unser Streben seyn, um so mehr, da viel-
leicht so mancher es gerne sähe, wenn Unordnung entstände, um seine
Gespenster- und Gewissensfurcht alsdann rechtfertigen zu können.

Darum sey jetzt schon und bleibe immer unser Wahlspruch:
"Es lebe die Freiheit"
"Es lebe die Ordnung!"

Rede von Becker, Bürger aus Frankenthal.

Deutsche Mitbürger!

Volksbelehrung, gegenseitige Aufklärung, Ermun-
terung zur Einigkeit
sind unsere Aufgaben; diese zu lösen, müssen
wir fest und entschieden wirken. Wir müssen wachen, daß alle Versuche,
die Erringung eines großen freien Deutschlands zu hindern, vereitelt
werden. Wir wissen, daß die Umtriebe der Regierungen auf die Unter-
[d]rückung der Völker hinzielen; wir wissen, daß die Regierungen um
[s]o thätiger sind, je dringender die Völker zeitgemäße, ihrer Würde
entsprechende Reformen verlangen; wir wissen, daß sie in der Unter-
drückung und Entwürdigung der Menschheit gehen so weit sie können,
ich sage so weit sie können. Fragen wir: wie weit können sie
(die Regierungen) gehen? so müssen wir alle einstimmig antworten
so lange die Regierungen die Gesetze ungestraft verhöhnen, sie ungehindert
mit Füßen treten können, so lange unsere Forderungen unbeachtet bleiben
dürfen: so lange können die Regierungen gehen so weit sie
wollen, und aus uns machen was sie wollen
. Millionen sind
auf dem Wege zur Entwicklung bürgerlicher Freiheit, eine Handvoll
Junker wagt es, entgegen zu treten, und während die Handvoll Jun-
ker Gewalt über Gewalt übt, dulden es Millionen. O Schande unserer

letzt, der iſt meineidig, der ſey unſer gemeinſchaftlicher Feind; entſtehe
dann auch daraus was da wolle.

Der Sieg muß uns werden, ſchließen uns auch Feinde von allen
Seiten ein, blitzen auch Lanzen und Schwerter fern und nah und über-
all. Freunde ihr kämpft dann für Eltern, Weiber, Kinder, für euere
Nachkommenſchaft, und ſchützet und bewahret Euer Heiligſtes, während
Ihr zugleich euere Güter, euere Habe vertheidiget; euere Gegner treibt
nur ein hohles Wort des Herrſchers und die Knute ihrer Herrn, nicht
ihr Gemüth. Ja noch mehr, ſelbſt aus den Reihen unſerer vermeinten
Gegner würden Streiter für die heilige Sache hervorgehen, denn auch
dort ſind viele, deren Herz beſſern Gefühlen huldigt.

Vor allem aber befleißen wir uns der feſteſten Eintracht und Ord-
nung; dieſe zu erhalten muß unſer Streben ſeyn, um ſo mehr, da viel-
leicht ſo mancher es gerne ſähe, wenn Unordnung entſtände, um ſeine
Geſpenſter- und Gewiſſensfurcht alsdann rechtfertigen zu können.

Darum ſey jetzt ſchon und bleibe immer unſer Wahlſpruch:
»Es lebe die Freiheit«
»Es lebe die Ordnung!«

Rede von Becker, Bürger aus Frankenthal.

Deutſche Mitbürger!

Volksbelehrung, gegenſeitige Aufklärung, Ermun-
terung zur Einigkeit
ſind unſere Aufgaben; dieſe zu löſen, müſſen
wir feſt und entſchieden wirken. Wir müſſen wachen, daß alle Verſuche,
die Erringung eines großen freien Deutſchlands zu hindern, vereitelt
werden. Wir wiſſen, daß die Umtriebe der Regierungen auf die Unter-
[d]rückung der Völker hinzielen; wir wiſſen, daß die Regierungen um
[ſ]o thätiger ſind, je dringender die Völker zeitgemäße, ihrer Würde
entſprechende Reformen verlangen; wir wiſſen, daß ſie in der Unter-
drückung und Entwürdigung der Menſchheit gehen ſo weit ſie können,
ich ſage ſo weit ſie können. Fragen wir: wie weit können ſie
(die Regierungen) gehen? ſo müſſen wir alle einſtimmig antworten
ſo lange die Regierungen die Geſetze ungeſtraft verhöhnen, ſie ungehindert
mit Füßen treten können, ſo lange unſere Forderungen unbeachtet bleiben
dürfen: ſo lange können die Regierungen gehen ſo weit ſie
wollen, und aus uns machen was ſie wollen
. Millionen ſind
auf dem Wege zur Entwicklung bürgerlicher Freiheit, eine Handvoll
Junker wagt es, entgegen zu treten, und während die Handvoll Jun-
ker Gewalt über Gewalt übt, dulden es Millionen. O Schande unſerer

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[85/0027] letzt, der iſt meineidig, der ſey unſer gemeinſchaftlicher Feind; entſtehe dann auch daraus was da wolle. Der Sieg muß uns werden, ſchließen uns auch Feinde von allen Seiten ein, blitzen auch Lanzen und Schwerter fern und nah und über- all. Freunde ihr kämpft dann für Eltern, Weiber, Kinder, für euere Nachkommenſchaft, und ſchützet und bewahret Euer Heiligſtes, während Ihr zugleich euere Güter, euere Habe vertheidiget; euere Gegner treibt nur ein hohles Wort des Herrſchers und die Knute ihrer Herrn, nicht ihr Gemüth. Ja noch mehr, ſelbſt aus den Reihen unſerer vermeinten Gegner würden Streiter für die heilige Sache hervorgehen, denn auch dort ſind viele, deren Herz beſſern Gefühlen huldigt. Vor allem aber befleißen wir uns der feſteſten Eintracht und Ord- nung; dieſe zu erhalten muß unſer Streben ſeyn, um ſo mehr, da viel- leicht ſo mancher es gerne ſähe, wenn Unordnung entſtände, um ſeine Geſpenſter- und Gewiſſensfurcht alsdann rechtfertigen zu können. Darum ſey jetzt ſchon und bleibe immer unſer Wahlſpruch: »Es lebe die Freiheit« »Es lebe die Ordnung!« Rede von Becker, Bürger aus Frankenthal. Deutſche Mitbürger! Volksbelehrung, gegenſeitige Aufklärung, Ermun- terung zur Einigkeit ſind unſere Aufgaben; dieſe zu löſen, müſſen wir feſt und entſchieden wirken. Wir müſſen wachen, daß alle Verſuche, die Erringung eines großen freien Deutſchlands zu hindern, vereitelt werden. Wir wiſſen, daß die Umtriebe der Regierungen auf die Unter- drückung der Völker hinzielen; wir wiſſen, daß die Regierungen um ſo thätiger ſind, je dringender die Völker zeitgemäße, ihrer Würde entſprechende Reformen verlangen; wir wiſſen, daß ſie in der Unter- drückung und Entwürdigung der Menſchheit gehen ſo weit ſie können, ich ſage ſo weit ſie können. Fragen wir: wie weit können ſie (die Regierungen) gehen? ſo müſſen wir alle einſtimmig antworten ſo lange die Regierungen die Geſetze ungeſtraft verhöhnen, ſie ungehindert mit Füßen treten können, ſo lange unſere Forderungen unbeachtet bleiben dürfen: ſo lange können die Regierungen gehen ſo weit ſie wollen, und aus uns machen was ſie wollen. Millionen ſind auf dem Wege zur Entwicklung bürgerlicher Freiheit, eine Handvoll Junker wagt es, entgegen zu treten, und während die Handvoll Jun- ker Gewalt über Gewalt übt, dulden es Millionen. O Schande unſerer

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Zitationshilfe: Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wirth_nationalfest02_1832/27>, abgerufen am 29.04.2024.