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Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832.

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Ja nur von dieser Seite haben wir alles zu fürchten, dieses be-
weis't Geschichte und Erfahrung.

Sandte nicht jener kindesmörderische Philipp von Spanien den
ruhigen aber aufgeklärten Holländern und jenen feuerigen Flanderern
zuerst einen verschmitzten freiheitsmörderischen Pfaffen, den verhaßten
Granvella, und zuletzt den blutigen Alba, jenes Scheusal der
Menschheit?

Hetzte nicht in unsern Tagen der erbärmliche Pfaffen-Karl von
Frankreich den nichtswürdigen, Vaterland und Wohlthäter verrathen-
den Marschall, auf sein tapferes, nur seine Rechte vertheidigendes
Volk? Darum sehen wir uns vor, auch bei uns würden sich bei ähn-
lichen Gelegenheiten, ähnliche Werkzeuge finden; auch wir könnten viel-
leicht Granvella's, Alba's und Ragusa's gegen uns wüthen
sehen. --

Wohl steht mancher unserer Fürsten weit über jenen Tyrannen, von
Gottes-Gnaden mit ihren feilen Knechten; mancher mag viel-
leicht, ich will es glauben, daß Beste seines Volkes wollen; allein die
Mißgriffe, die einem Fürsten die Bahn des Ruhmes geschlossen, könnten
ihn leicht bei der Mißkennung des Volkscharakters, und den Herz und
Gemüth vergiftenden Einflüsterungen jener schädlichen Schmeißfliegen
des Hofs, jener unwürdigen Büdgetfresser, zu immer Argerem ver-
[l]eiten, und so am Ende eine Katastrophe herbeiführen, durch welche die
Perlen seiner Krone wahrscheinlich auf immer erlöschen würden. --

Wie gesagt, es könnte leicht dahin kommen, auch ohne absolut bösen
Willen, durch bloße Mißkennung des Volkscharakters und Mißgriffe in
der Regierungsweise. -- Leicht kann man eine Heerde Schafe vor sich
hertreiben, der Stier zieht seinen Pflug ohne Widerstand, aber mit
dem Menschen muß man menschlich, mit einem Volke rechtlich und sittlich
verfahren.

Wir wünschen unsere Verfassung zu erhalten, die uns Freiheit der
Rede und der Presse sichert, und auch wohl zu Freiheit des Handels
und Vernichtung der Wohlstand und Sitten verderbenden Zwischen-
Mauthen führen muß. --

Darum Freunde laßt uns fest aneinanderhalten; wird Einer in seinen
Rechten gekränket, so seyen wir es alle! --

Wir wollen keine Revolution, wir wollen aber unsere Rechte --
unsere Freiheiten, die uns gesetzlich garantirt sind, die auch unser Fürst
feierlich und freiwillig beschworen hat, die wollen wir erhalten, in ihrer
ganzen Ausdehnung erhalten. -- Wer auch nur das Kleinste davon ver-

Ja nur von dieſer Seite haben wir alles zu fürchten, dieſes be-
weiſ’t Geſchichte und Erfahrung.

Sandte nicht jener kindesmörderiſche Philipp von Spanien den
ruhigen aber aufgeklärten Holländern und jenen feuerigen Flanderern
zuerſt einen verſchmitzten freiheitsmörderiſchen Pfaffen, den verhaßten
Granvella, und zuletzt den blutigen Alba, jenes Scheuſal der
Menſchheit?

Hetzte nicht in unſern Tagen der erbärmliche Pfaffen-Karl von
Frankreich den nichtswürdigen, Vaterland und Wohlthäter verrathen-
den Marſchall, auf ſein tapferes, nur ſeine Rechte vertheidigendes
Volk? Darum ſehen wir uns vor, auch bei uns würden ſich bei ähn-
lichen Gelegenheiten, ähnliche Werkzeuge finden; auch wir könnten viel-
leicht Granvella’s, Alba’s und Raguſa’s gegen uns wüthen
ſehen. —

Wohl ſteht mancher unſerer Fürſten weit über jenen Tyrannen, von
Gottes-Gnaden mit ihren feilen Knechten; mancher mag viel-
leicht, ich will es glauben, daß Beſte ſeines Volkes wollen; allein die
Mißgriffe, die einem Fürſten die Bahn des Ruhmes geſchloſſen, könnten
ihn leicht bei der Mißkennung des Volkscharakters, und den Herz und
Gemüth vergiftenden Einflüſterungen jener ſchädlichen Schmeißfliegen
des Hofs, jener unwürdigen Büdgetfreſſer, zu immer Argerem ver-
[l]eiten, und ſo am Ende eine Kataſtrophe herbeiführen, durch welche die
Perlen ſeiner Krone wahrſcheinlich auf immer erlöſchen würden. —

Wie geſagt, es könnte leicht dahin kommen, auch ohne abſolut böſen
Willen, durch bloße Mißkennung des Volkscharakters und Mißgriffe in
der Regierungsweiſe. — Leicht kann man eine Heerde Schafe vor ſich
hertreiben, der Stier zieht ſeinen Pflug ohne Widerſtand, aber mit
dem Menſchen muß man menſchlich, mit einem Volke rechtlich und ſittlich
verfahren.

Wir wünſchen unſere Verfaſſung zu erhalten, die uns Freiheit der
Rede und der Preſſe ſichert, und auch wohl zu Freiheit des Handels
und Vernichtung der Wohlſtand und Sitten verderbenden Zwiſchen-
Mauthen führen muß. —

Darum Freunde laßt uns feſt aneinanderhalten; wird Einer in ſeinen
Rechten gekränket, ſo ſeyen wir es alle! —

Wir wollen keine Revolution, wir wollen aber unſere Rechte —
unſere Freiheiten, die uns geſetzlich garantirt ſind, die auch unſer Fürſt
feierlich und freiwillig beſchworen hat, die wollen wir erhalten, in ihrer
ganzen Ausdehnung erhalten. — Wer auch nur das Kleinſte davon ver-

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[84/0026] Ja nur von dieſer Seite haben wir alles zu fürchten, dieſes be- weiſ’t Geſchichte und Erfahrung. Sandte nicht jener kindesmörderiſche Philipp von Spanien den ruhigen aber aufgeklärten Holländern und jenen feuerigen Flanderern zuerſt einen verſchmitzten freiheitsmörderiſchen Pfaffen, den verhaßten Granvella, und zuletzt den blutigen Alba, jenes Scheuſal der Menſchheit? Hetzte nicht in unſern Tagen der erbärmliche Pfaffen-Karl von Frankreich den nichtswürdigen, Vaterland und Wohlthäter verrathen- den Marſchall, auf ſein tapferes, nur ſeine Rechte vertheidigendes Volk? Darum ſehen wir uns vor, auch bei uns würden ſich bei ähn- lichen Gelegenheiten, ähnliche Werkzeuge finden; auch wir könnten viel- leicht Granvella’s, Alba’s und Raguſa’s gegen uns wüthen ſehen. — Wohl ſteht mancher unſerer Fürſten weit über jenen Tyrannen, von Gottes-Gnaden mit ihren feilen Knechten; mancher mag viel- leicht, ich will es glauben, daß Beſte ſeines Volkes wollen; allein die Mißgriffe, die einem Fürſten die Bahn des Ruhmes geſchloſſen, könnten ihn leicht bei der Mißkennung des Volkscharakters, und den Herz und Gemüth vergiftenden Einflüſterungen jener ſchädlichen Schmeißfliegen des Hofs, jener unwürdigen Büdgetfreſſer, zu immer Argerem ver- leiten, und ſo am Ende eine Kataſtrophe herbeiführen, durch welche die Perlen ſeiner Krone wahrſcheinlich auf immer erlöſchen würden. — Wie geſagt, es könnte leicht dahin kommen, auch ohne abſolut böſen Willen, durch bloße Mißkennung des Volkscharakters und Mißgriffe in der Regierungsweiſe. — Leicht kann man eine Heerde Schafe vor ſich hertreiben, der Stier zieht ſeinen Pflug ohne Widerſtand, aber mit dem Menſchen muß man menſchlich, mit einem Volke rechtlich und ſittlich verfahren. Wir wünſchen unſere Verfaſſung zu erhalten, die uns Freiheit der Rede und der Preſſe ſichert, und auch wohl zu Freiheit des Handels und Vernichtung der Wohlſtand und Sitten verderbenden Zwiſchen- Mauthen führen muß. — Darum Freunde laßt uns feſt aneinanderhalten; wird Einer in ſeinen Rechten gekränket, ſo ſeyen wir es alle! — Wir wollen keine Revolution, wir wollen aber unſere Rechte — unſere Freiheiten, die uns geſetzlich garantirt ſind, die auch unſer Fürſt feierlich und freiwillig beſchworen hat, die wollen wir erhalten, in ihrer ganzen Ausdehnung erhalten. — Wer auch nur das Kleinſte davon ver-

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Zitationshilfe: Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wirth_nationalfest02_1832/26>, abgerufen am 29.04.2024.