Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832.Dank dir, freiheitglühender Bürger Frankenthals! Denken und Noch andere Redner hatten bald da, bald dort zahlreiche Gruppen Was berechtigte auch zu dem Mißtrauen in unsre eigne Kraft, und zu dem Unser deutsches Volk, obgleich zersplittert, zeichnete sich stets aus Dank dir, freiheitglühender Bürger Frankenthals! Denken und Noch andere Redner hatten bald da, bald dort zahlreiche Gruppen Was berechtigte auch zu dem Mißtrauen in unſre eigne Kraft, und zu dem Unſer deutſches Volk, obgleich zerſplittert, zeichnete ſich ſtets aus <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0030" n="88"/> <p>Dank dir, freiheitglühender Bürger Frankenthals! Denken und<lb/> ſprechen, nur einmal Tauſende wie du, dann iſt die Wiedergeburt<lb/> Deutſchlands vollendet, ein freies deutſches Vaterland errungen.</p><lb/> <p>Noch andere Redner hatten bald da, bald dort zahlreiche Gruppen<lb/> um ſich verſammelt. Man ſprach vielfach von dem jetzt lebhaft erwach-<lb/> ten Vertrauen auf die Kraft des deutſchen Volkes. Unter andern be-<lb/> merkte <hi rendition="#g">Eduard Müller</hi> aus Mainz:</p><lb/> <p>Was berechtigte auch zu dem Mißtrauen in unſre eigne Kraft, und zu dem<lb/> uͤbertriebenen Vertrauen auf ein Volk, das nach ſeinen glaͤnzenden 3<lb/> Juli-Tagen zuruͤck ſank, ſo ſchnell tiefer zuruͤckſank als je? Die Helden<lb/> des Juli, die Patrioten ſind verfolgt, in Gefaͤngniſſen vergraben; Karliſten,<lb/> Ariſtokraten aller Farben, unverfolgt, ſogar <choice><sic>nuterſtuͤtzt</sic><corr>unterſtuͤtzt</corr></choice>; die auffallendſten<lb/> Verſchwoͤrungen der Abſolutiſten ungeſtraft! Zu welchen Hoffnungen<lb/> berechtigen dieſe Erſcheinungen in Frankreich? Belgien, Italien, Spanien<lb/> ſind getaͤuſcht; Polen, das edle, ungluͤckliche Polen, das in hundert Schlach-<lb/> ten das Blut ſeiner Heldenſoͤhne fuͤr Frankreich vergoſſen, von Frankreichs<lb/> Miniſter Sebaſtiani verrathen, kann zur Lehre dienen, daß man nicht<lb/> feſter ſtehe, als auf eigner Kraft. Das jetzige Frankreich hat ſeine Ehre<lb/> im Auslande gebrandmarkt, es rette ſeine Ehre wieder, das Volk erhebe<lb/> aufs Neue ſeinen ſtarken Arm, ſeine Feinde zu zerſchmettern, und das Zutrauen<lb/> wird wiederkehren. Fern ſei von mir, daß ich eine Nation fuͤr immer<lb/> verdamme. Mag Frankreich von Neuem ſich befreien, dann wollen<lb/> wir die Franzoſen als Bruͤder umarmen, mit ihnen kaͤmpfen fuͤr die<lb/> hoͤchſten Guͤter, fuͤr Recht, Freiheit und Buͤrgergluͤck. Aber verſteht mich<lb/> wohl! — mit ihnen, nicht unter ihnen wollen wir kaͤmpfen. Jedes fuͤr<lb/> Freiheit kaͤmpfende Volk, ſei uns ein Brudervolk! aber ſtreng achte jedes<lb/> Volk die Nationalitaͤt anderer Voͤlker! Ohne Franzoſenfeind zu<lb/> ſein, warne ich nur vor <hi rendition="#g">unklugem</hi> Zutrauen zu unſern Nachbarn’<lb/> und vor entehrendem Mißtrauen in unſre eigne Kraft, in die Kraft<lb/> unſers eigenen Volkes.</p><lb/> <p>Unſer deutſches Volk, obgleich zerſplittert, zeichnete ſich ſtets aus<lb/> durch feſte Willenskraft, und Tapferkeit. Die Tapferkeit einzelner<lb/> deutſchen Volksſtaͤmme, gab den meiſten Laͤndern Europas ihre Namen.<lb/> Die Franken, Frankreich; die Normannen, der Normandie; die Burgun-<lb/> der, Burgund, die Angeln, England; die Longobarden der Lombardei<lb/> u. ſ. w.; Von Deutſchland ging das Licht der Reformation aus, das<lb/> Pfaffenthum ſtuͤrzend, oder wenigſtens ſchwaͤchend; von Deutſchland, und<lb/> zwar dem benachbarten Mainz, ging aus die Buchdruckerkunſt, die Licht-<lb/> bringerin. Die moͤrderiſchen Kaͤmpfe wurden weniger moͤrderiſch durch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [88/0030]
Dank dir, freiheitglühender Bürger Frankenthals! Denken und
ſprechen, nur einmal Tauſende wie du, dann iſt die Wiedergeburt
Deutſchlands vollendet, ein freies deutſches Vaterland errungen.
Noch andere Redner hatten bald da, bald dort zahlreiche Gruppen
um ſich verſammelt. Man ſprach vielfach von dem jetzt lebhaft erwach-
ten Vertrauen auf die Kraft des deutſchen Volkes. Unter andern be-
merkte Eduard Müller aus Mainz:
Was berechtigte auch zu dem Mißtrauen in unſre eigne Kraft, und zu dem
uͤbertriebenen Vertrauen auf ein Volk, das nach ſeinen glaͤnzenden 3
Juli-Tagen zuruͤck ſank, ſo ſchnell tiefer zuruͤckſank als je? Die Helden
des Juli, die Patrioten ſind verfolgt, in Gefaͤngniſſen vergraben; Karliſten,
Ariſtokraten aller Farben, unverfolgt, ſogar unterſtuͤtzt; die auffallendſten
Verſchwoͤrungen der Abſolutiſten ungeſtraft! Zu welchen Hoffnungen
berechtigen dieſe Erſcheinungen in Frankreich? Belgien, Italien, Spanien
ſind getaͤuſcht; Polen, das edle, ungluͤckliche Polen, das in hundert Schlach-
ten das Blut ſeiner Heldenſoͤhne fuͤr Frankreich vergoſſen, von Frankreichs
Miniſter Sebaſtiani verrathen, kann zur Lehre dienen, daß man nicht
feſter ſtehe, als auf eigner Kraft. Das jetzige Frankreich hat ſeine Ehre
im Auslande gebrandmarkt, es rette ſeine Ehre wieder, das Volk erhebe
aufs Neue ſeinen ſtarken Arm, ſeine Feinde zu zerſchmettern, und das Zutrauen
wird wiederkehren. Fern ſei von mir, daß ich eine Nation fuͤr immer
verdamme. Mag Frankreich von Neuem ſich befreien, dann wollen
wir die Franzoſen als Bruͤder umarmen, mit ihnen kaͤmpfen fuͤr die
hoͤchſten Guͤter, fuͤr Recht, Freiheit und Buͤrgergluͤck. Aber verſteht mich
wohl! — mit ihnen, nicht unter ihnen wollen wir kaͤmpfen. Jedes fuͤr
Freiheit kaͤmpfende Volk, ſei uns ein Brudervolk! aber ſtreng achte jedes
Volk die Nationalitaͤt anderer Voͤlker! Ohne Franzoſenfeind zu
ſein, warne ich nur vor unklugem Zutrauen zu unſern Nachbarn’
und vor entehrendem Mißtrauen in unſre eigne Kraft, in die Kraft
unſers eigenen Volkes.
Unſer deutſches Volk, obgleich zerſplittert, zeichnete ſich ſtets aus
durch feſte Willenskraft, und Tapferkeit. Die Tapferkeit einzelner
deutſchen Volksſtaͤmme, gab den meiſten Laͤndern Europas ihre Namen.
Die Franken, Frankreich; die Normannen, der Normandie; die Burgun-
der, Burgund, die Angeln, England; die Longobarden der Lombardei
u. ſ. w.; Von Deutſchland ging das Licht der Reformation aus, das
Pfaffenthum ſtuͤrzend, oder wenigſtens ſchwaͤchend; von Deutſchland, und
zwar dem benachbarten Mainz, ging aus die Buchdruckerkunſt, die Licht-
bringerin. Die moͤrderiſchen Kaͤmpfe wurden weniger moͤrderiſch durch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |