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Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832.

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der Deutschen Erfindung des Schießgewehrs. Wissenschaft und Bildung
blühen in Deutschland, fast jeder Erwachsene kann wenigstens lesen,
schreiben, rechnen, und Kraft wohnt in uns, wenn wir nur wollen! --

Wie einst durch die Deutschen das Römerreich fiel, das der Welt
gebot, und in unsern Tagen die Großmacht Napoleons gestürzt wurde,
so werden auch Rußlands Knutenmacht, Preußens Pfiffigkeit und Oestreichs
Absolutismus durch deutsche Kraft zu Schanden werden. Nur Vertrauen
in euch selbst und vor Allem Einigkeit, und der Sieg ist unser gegen
jede despotische Macht der Erde."

Die belebten Zirkel, welche sich während dieser und ähnlicher pa-
triotischen Unterhaltungen gebildet hatten, wurden unter andern auch
durch ein von Christian Bork in Mannheim gedichtetes Lied erfreut,
welches deßhalb von uns mitgetheilt wird:

So oft der Mai nach winterlichen Tagen,
Die Fluren schmückt mit seinem Blüthenkranz,
Beginnt das Herz in froher Lust zu schlagen,
In jedem Auge strahlt der Freude Glanz;
Mit neuem Muth, mit seligem Behagen
Drängt alles sich hinaus zu Spiel und Tanz,
Und jedem ist's Bedürfniß sich des Maien
In tiefer Seele herzlich zu erfreuen.
Uns ist ein Mai, ein herrlicher erschienen,
Der Freiheit Mai im deutschen Vaterland.
Das kahle Unrecht will er uns versühnen,
Von Frühlingsblüthen schimmert sein Gewand;
Soll er kein Lied, kein frohes Fest verdienen?
Die freien Bürger reichen sich die Hand,
Sie schwuren sich mit heiligem Betheuern
Dem deutschen Mai ein herrlich Fest zu feiern.
Willkommen denn, ihr edlen Geister alle
Die dieses Festes hoher Sinn vereint,
Euch tönt der Gruß im lauten Jubelschalle,
Und dieser Gruß ist herzlich wohl gemeint.
Wir stehen hier in rechtbeschirmter Halle,
In die des Himmels freie Sonne scheint;
Umschlinget euch mit treuen Männerarmen
Und laßt das Herz an ihrem Strahl erwarmen.
Vorüber ist die Zeit der finstern Mächte,
Der schnöden Bosheit und der Tyrannei;
Zu Trotz dem falschen, heuchelnden Geschlechte
Erglänzt im Morgenroth der Deutschen Mai.
Der brave Bürger greift nach seinem Rechte,
Denn im Gesetz nur ist der Bürger frei;
Das Joch der Willkühr kann er nicht mehr tragen,
Er darf es nicht und galt's ein blut'ges Wagen.
Er will die Freiheit im Vernunft-Gewande,
Nicht wie der Pobel seine Göttin malt,

der Deutſchen Erfindung des Schießgewehrs. Wiſſenſchaft und Bildung
bluͤhen in Deutſchland, faſt jeder Erwachſene kann wenigſtens leſen,
ſchreiben, rechnen, und Kraft wohnt in uns, wenn wir nur wollen! —

Wie einſt durch die Deutſchen das Roͤmerreich fiel, das der Welt
gebot, und in unſern Tagen die Großmacht Napoleons geſtuͤrzt wurde,
ſo werden auch Rußlands Knutenmacht, Preußens Pfiffigkeit und Oeſtreichs
Abſolutismus durch deutſche Kraft zu Schanden werden. Nur Vertrauen
in euch ſelbſt und vor Allem Einigkeit, und der Sieg iſt unſer gegen
jede deſpotiſche Macht der Erde.«

Die belebten Zirkel, welche ſich während dieſer und ähnlicher pa-
triotiſchen Unterhaltungen gebildet hatten, wurden unter andern auch
durch ein von Chriſtian Bork in Mannheim gedichtetes Lied erfreut,
welches deßhalb von uns mitgetheilt wird:

So oft der Mai nach winterlichen Tagen,
Die Fluren ſchmuͤckt mit ſeinem Bluͤthenkranz,
Beginnt das Herz in froher Luſt zu ſchlagen,
In jedem Auge ſtrahlt der Freude Glanz;
Mit neuem Muth, mit ſeligem Behagen
Draͤngt alles ſich hinaus zu Spiel und Tanz,
Und jedem iſt’s Beduͤrfniß ſich des Maien
In tiefer Seele herzlich zu erfreuen.
Uns iſt ein Mai, ein herrlicher erſchienen,
Der Freiheit Mai im deutſchen Vaterland.
Das kahle Unrecht will er uns verſuͤhnen,
Von Fruͤhlingsbluͤthen ſchimmert ſein Gewand;
Soll er kein Lied, kein frohes Feſt verdienen?
Die freien Buͤrger reichen ſich die Hand,
Sie ſchwuren ſich mit heiligem Betheuern
Dem deutſchen Mai ein herrlich Feſt zu feiern.
Willkommen denn, ihr edlen Geiſter alle
Die dieſes Feſtes hoher Sinn vereint,
Euch toͤnt der Gruß im lauten Jubelſchalle,
Und dieſer Gruß iſt herzlich wohl gemeint.
Wir ſtehen hier in rechtbeſchirmter Halle,
In die des Himmels freie Sonne ſcheint;
Umſchlinget euch mit treuen Maͤnnerarmen
Und laßt das Herz an ihrem Strahl erwarmen.
Voruͤber iſt die Zeit der finſtern Maͤchte,
Der ſchnoͤden Bosheit und der Tyrannei;
Zu Trotz dem falſchen, heuchelnden Geſchlechte
Erglaͤnzt im Morgenroth der Deutſchen Mai.
Der brave Buͤrger greift nach ſeinem Rechte,
Denn im Geſetz nur iſt der Buͤrger frei;
Das Joch der Willkuͤhr kann er nicht mehr tragen,
Er darf es nicht und galt’s ein blut’ges Wagen.
Er will die Freiheit im Vernunft-Gewande,
Nicht wie der Pobel ſeine Goͤttin malt,
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[89/0031] der Deutſchen Erfindung des Schießgewehrs. Wiſſenſchaft und Bildung bluͤhen in Deutſchland, faſt jeder Erwachſene kann wenigſtens leſen, ſchreiben, rechnen, und Kraft wohnt in uns, wenn wir nur wollen! — Wie einſt durch die Deutſchen das Roͤmerreich fiel, das der Welt gebot, und in unſern Tagen die Großmacht Napoleons geſtuͤrzt wurde, ſo werden auch Rußlands Knutenmacht, Preußens Pfiffigkeit und Oeſtreichs Abſolutismus durch deutſche Kraft zu Schanden werden. Nur Vertrauen in euch ſelbſt und vor Allem Einigkeit, und der Sieg iſt unſer gegen jede deſpotiſche Macht der Erde.« Die belebten Zirkel, welche ſich während dieſer und ähnlicher pa- triotiſchen Unterhaltungen gebildet hatten, wurden unter andern auch durch ein von Chriſtian Bork in Mannheim gedichtetes Lied erfreut, welches deßhalb von uns mitgetheilt wird: So oft der Mai nach winterlichen Tagen, Die Fluren ſchmuͤckt mit ſeinem Bluͤthenkranz, Beginnt das Herz in froher Luſt zu ſchlagen, In jedem Auge ſtrahlt der Freude Glanz; Mit neuem Muth, mit ſeligem Behagen Draͤngt alles ſich hinaus zu Spiel und Tanz, Und jedem iſt’s Beduͤrfniß ſich des Maien In tiefer Seele herzlich zu erfreuen. Uns iſt ein Mai, ein herrlicher erſchienen, Der Freiheit Mai im deutſchen Vaterland. Das kahle Unrecht will er uns verſuͤhnen, Von Fruͤhlingsbluͤthen ſchimmert ſein Gewand; Soll er kein Lied, kein frohes Feſt verdienen? Die freien Buͤrger reichen ſich die Hand, Sie ſchwuren ſich mit heiligem Betheuern Dem deutſchen Mai ein herrlich Feſt zu feiern. Willkommen denn, ihr edlen Geiſter alle Die dieſes Feſtes hoher Sinn vereint, Euch toͤnt der Gruß im lauten Jubelſchalle, Und dieſer Gruß iſt herzlich wohl gemeint. Wir ſtehen hier in rechtbeſchirmter Halle, In die des Himmels freie Sonne ſcheint; Umſchlinget euch mit treuen Maͤnnerarmen Und laßt das Herz an ihrem Strahl erwarmen. Voruͤber iſt die Zeit der finſtern Maͤchte, Der ſchnoͤden Bosheit und der Tyrannei; Zu Trotz dem falſchen, heuchelnden Geſchlechte Erglaͤnzt im Morgenroth der Deutſchen Mai. Der brave Buͤrger greift nach ſeinem Rechte, Denn im Geſetz nur iſt der Buͤrger frei; Das Joch der Willkuͤhr kann er nicht mehr tragen, Er darf es nicht und galt’s ein blut’ges Wagen. Er will die Freiheit im Vernunft-Gewande, Nicht wie der Pobel ſeine Goͤttin malt,

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Zitationshilfe: Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wirth_nationalfest02_1832/31>, abgerufen am 29.04.2024.