Viehes im Sommer angepriesen, allein wie viel Hindernisse giebt es nicht, die der- gleichen unmöglich machen. Denn
1. ob man gleich im Winter eben dieselbe Anzahl Vieh im Stalle futtert, so hat man das Futter dazu in der Scheune und auf dem Boden und Zeit genug übrig es dem Vieh zu reichen; allein im Sommer bei der nöthigsten Arbeit ist es nicht möglich, alle Tage so viel Graß zu mähen und viel- leicht von weiten her zu holen.
2. So ist bekannt, daß das zum freyen Herumgehen einmahl gewohnte Vieh, nie- mahls recht fressen will, wenn es beständig im Stalle eingekerkert stehen soll, auch ist dieses der Gesundheit des Viehes höchst- schädlich, weil es aus Mangel der Bewe- gung steif wird, und allerley Krankheiten bekommt.
Antwort.
1. Jch bin weit entfernt die Anzahl der Müßiggänger, dergleichen in gewisser Absicht alle Hirten sind, in der Republik zu vermeh- ren. Es sollen also bei der neuen Einrichtung künftighin auch die bisherigen wenigen Hirten in einem Dorfe abgeschaffet werden, weil man dieselben nicht mehr braucht. Jeder Wirth, der an dem gemeinen Anger seinen Antheil er- halten hat, muß solchen mit einem kleinen Gra-
ben
Viehes im Sommer angeprieſen, allein wie viel Hinderniſſe giebt es nicht, die der- gleichen unmoͤglich machen. Denn
1. ob man gleich im Winter eben dieſelbe Anzahl Vieh im Stalle futtert, ſo hat man das Futter dazu in der Scheune und auf dem Boden und Zeit genug uͤbrig es dem Vieh zu reichen; allein im Sommer bei der noͤthigſten Arbeit iſt es nicht moͤglich, alle Tage ſo viel Graß zu maͤhen und viel- leicht von weiten her zu holen.
2. So iſt bekannt, daß das zum freyen Herumgehen einmahl gewohnte Vieh, nie- mahls recht freſſen will, wenn es beſtaͤndig im Stalle eingekerkert ſtehen ſoll, auch iſt dieſes der Geſundheit des Viehes hoͤchſt- ſchaͤdlich, weil es aus Mangel der Bewe- gung ſteif wird, und allerley Krankheiten bekommt.
Antwort.
1. Jch bin weit entfernt die Anzahl der Muͤßiggaͤnger, dergleichen in gewiſſer Abſicht alle Hirten ſind, in der Republik zu vermeh- ren. Es ſollen alſo bei der neuen Einrichtung kuͤnftighin auch die bisherigen wenigen Hirten in einem Dorfe abgeſchaffet werden, weil man dieſelben nicht mehr braucht. Jeder Wirth, der an dem gemeinen Anger ſeinen Antheil er- halten hat, muß ſolchen mit einem kleinen Gra-
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Viehes im Sommer angeprieſen, allein
wie viel Hinderniſſe giebt es nicht, die der-
gleichen unmoͤglich machen. Denn
1. ob man gleich im Winter eben dieſelbe
Anzahl Vieh im Stalle futtert, ſo hat man
das Futter dazu in der Scheune und auf
dem Boden und Zeit genug uͤbrig es dem
Vieh zu reichen; allein im Sommer bei
der noͤthigſten Arbeit iſt es nicht moͤglich,
alle Tage ſo viel Graß zu maͤhen und viel-
leicht von weiten her zu holen.
2. So iſt bekannt, daß das zum freyen
Herumgehen einmahl gewohnte Vieh, nie-
mahls recht freſſen will, wenn es beſtaͤndig
im Stalle eingekerkert ſtehen ſoll, auch iſt
dieſes der Geſundheit des Viehes hoͤchſt-
ſchaͤdlich, weil es aus Mangel der Bewe-
gung ſteif wird, und allerley Krankheiten
bekommt.
Antwort.
1. Jch bin weit entfernt die Anzahl der
Muͤßiggaͤnger, dergleichen in gewiſſer Abſicht
alle Hirten ſind, in der Republik zu vermeh-
ren. Es ſollen alſo bei der neuen Einrichtung
kuͤnftighin auch die bisherigen wenigen Hirten
in einem Dorfe abgeſchaffet werden, weil man
dieſelben nicht mehr braucht. Jeder Wirth,
der an dem gemeinen Anger ſeinen Antheil er-
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Wöllner, Johann Christoph von: Die Aufhebung der Gemeinheiten in der Marck Brandenburg. Berlin, 1766, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/woellner_aufhebung_1766/112>, abgerufen am 16.02.2025.
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