Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wiessenschaften. Bd. 3. Halle (Saale), 1710.

Bild:
<< vorherige Seite

Anfangs-Gründe
schreibet/ daß man nicht allein von allen Observatio-
nen die Ursache gleich zeigen/ sondern auch alles vor-
her daraus finden kan/ was man observiret/ ehe die
Observationen angestellet werden. Bedencket wohl
bey euch selbst/ ob nicht alle vernünftige so urthei-
len müssen/ wenn sie nicht durch ein Vorurtheil auf-
gehalten werden.

Der 3. Lehrsatz.
Tab. IV.
Fig.
30.

392. Es ist nicht glaublich/ daß/ wie
Tycho de Brahe vorgiebet/ die Erde T
im Mittelpuncte der Welt ruhe/ der
Mond/ die
Sonne/ und die übrigen Pla-
neten nebst den
Fixsternen sich inner-
halb 24 Stunden von Morgen gegen
Abend bewegen/ und zwar dergestalt/
daß diejenigen Planeten längsamer um
sie herumb kommen/ welche einen klei-
nen Weg zu laufen haben/ als die so weit
von der Erde weg sind und durch einen
grossen Raum sich bewegen müssen.

Beweiß.

Denn wenn ihr diesen Satz als wahr an-
nehmet/ könnet ihr keine Ursache geben/ war-
umb dergleichen von der Bewegung der
Sterne auf dem Erdboden wahrgenom-
men wird/ als vorhin angemercket worden.
Jhr könnet nur oben hin zeigen/ woher es kom-
me/ daß die Planeten in verschiedener Zeit
sich von Abend gegen Morgen umb den Him-
mel herumb zu bewegen scheinen. Nemlich
weil die Fixsterne geschwinder herumb kom-

men

Anfangs-Gruͤnde
ſchreibet/ daß man nicht allein von allen Obſervatio-
nen die Urſache gleich zeigen/ ſondern auch alles vor-
her daraus finden kan/ was man obſerviret/ ehe die
Obſervationen angeſtellet werden. Bedencket wohl
bey euch ſelbſt/ ob nicht alle vernuͤnftige ſo urthei-
len muͤſſen/ wenn ſie nicht durch ein Vorurtheil auf-
gehalten werden.

Der 3. Lehrſatz.
Tab. IV.
Fig.
30.

392. Es iſt nicht glaublich/ daß/ wie
Tycho de Brahe vorgiebet/ die Erde T
im Mittelpuncte der Welt ruhe/ der
Mond/ die
Sonne/ und die uͤbrigen Pla-
neten nebſt den
Fixſternen ſich inner-
halb 24 Stunden von Morgen gegen
Abend bewegen/ und zwar dergeſtalt/
daß diejenigen Planeten laͤngſamer um
ſie herumb kommen/ welche einen klei-
nen Weg zu laufen haben/ als die ſo weit
von der Erde weg ſind und durch einen
groſſen Raum ſich bewegen muͤſſen.

Beweiß.

Denn wenn ihr dieſen Satz als wahr an-
nehmet/ koͤnnet ihr keine Urſache geben/ war-
umb dergleichen von der Bewegung der
Sterne auf dem Erdboden wahrgenom-
men wird/ als vorhin angemercket worden.
Jhr koͤnnet nur oben hin zeigen/ woher es kom-
me/ daß die Planeten in verſchiedener Zeit
ſich von Abend gegen Morgen umb den Him-
mel herumb zu bewegen ſcheinen. Nemlich
weil die Fixſterne geſchwinder herumb kom-

men
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0364" n="340"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anfangs-Gru&#x0364;nde</hi></fw><lb/>
&#x017F;chreibet/ daß man nicht allein von allen Ob&#x017F;ervatio-<lb/>
nen die Ur&#x017F;ache gleich zeigen/ &#x017F;ondern auch alles vor-<lb/>
her daraus finden kan/ was man ob&#x017F;erviret/ ehe die<lb/>
Ob&#x017F;ervationen ange&#x017F;tellet werden. Bedencket wohl<lb/>
bey euch &#x017F;elb&#x017F;t/ ob nicht alle vernu&#x0364;nftige &#x017F;o urthei-<lb/>
len mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ wenn &#x017F;ie nicht durch ein Vorurtheil auf-<lb/>
gehalten werden.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Der 3. Lehr&#x017F;atz.</hi> </head><lb/>
            <note place="left"><hi rendition="#aq">Tab. IV.<lb/>
Fig.</hi> 30.</note>
            <p>392. <hi rendition="#fr">Es i&#x017F;t nicht glaublich/ daß/ wie</hi><lb/><hi rendition="#aq">Tycho de Brahe</hi> <hi rendition="#fr">vorgiebet/ die Erde</hi> <hi rendition="#aq">T</hi><lb/><hi rendition="#fr">im Mittelpuncte der Welt ruhe/ der<lb/>
Mond/ die</hi> S<hi rendition="#fr">onne/ und die u&#x0364;brigen Pla-<lb/>
neten neb&#x017F;t den</hi> Fix<hi rendition="#fr">&#x017F;ternen &#x017F;ich inner-<lb/>
halb 24 Stunden von Morgen gegen<lb/>
Abend bewegen/ und zwar derge&#x017F;talt/<lb/>
daß diejenigen Planeten la&#x0364;ng&#x017F;amer um<lb/>
&#x017F;ie herumb kommen/ welche einen klei-<lb/>
nen Weg zu laufen haben/ als die &#x017F;o weit<lb/>
von der Erde weg &#x017F;ind und durch einen<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Raum &#x017F;ich bewegen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</hi></p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Beweiß.</hi> </head><lb/>
              <p>Denn wenn ihr die&#x017F;en Satz als wahr an-<lb/>
nehmet/ ko&#x0364;nnet ihr keine Ur&#x017F;ache geben/ war-<lb/>
umb dergleichen von der Bewegung der<lb/>
Sterne auf dem Erdboden wahrgenom-<lb/>
men wird/ als vorhin angemercket worden.<lb/>
Jhr ko&#x0364;nnet nur oben hin zeigen/ woher es kom-<lb/>
me/ daß die Planeten in ver&#x017F;chiedener Zeit<lb/>
&#x017F;ich von Abend gegen Morgen umb den Him-<lb/>
mel herumb zu bewegen &#x017F;cheinen. Nemlich<lb/>
weil die Fix&#x017F;terne ge&#x017F;chwinder herumb kom-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">men</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[340/0364] Anfangs-Gruͤnde ſchreibet/ daß man nicht allein von allen Obſervatio- nen die Urſache gleich zeigen/ ſondern auch alles vor- her daraus finden kan/ was man obſerviret/ ehe die Obſervationen angeſtellet werden. Bedencket wohl bey euch ſelbſt/ ob nicht alle vernuͤnftige ſo urthei- len muͤſſen/ wenn ſie nicht durch ein Vorurtheil auf- gehalten werden. Der 3. Lehrſatz. 392. Es iſt nicht glaublich/ daß/ wie Tycho de Brahe vorgiebet/ die Erde T im Mittelpuncte der Welt ruhe/ der Mond/ die Sonne/ und die uͤbrigen Pla- neten nebſt den Fixſternen ſich inner- halb 24 Stunden von Morgen gegen Abend bewegen/ und zwar dergeſtalt/ daß diejenigen Planeten laͤngſamer um ſie herumb kommen/ welche einen klei- nen Weg zu laufen haben/ als die ſo weit von der Erde weg ſind und durch einen groſſen Raum ſich bewegen muͤſſen. Beweiß. Denn wenn ihr dieſen Satz als wahr an- nehmet/ koͤnnet ihr keine Urſache geben/ war- umb dergleichen von der Bewegung der Sterne auf dem Erdboden wahrgenom- men wird/ als vorhin angemercket worden. Jhr koͤnnet nur oben hin zeigen/ woher es kom- me/ daß die Planeten in verſchiedener Zeit ſich von Abend gegen Morgen umb den Him- mel herumb zu bewegen ſcheinen. Nemlich weil die Fixſterne geſchwinder herumb kom- men

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende03_1710
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende03_1710/364
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wiessenschaften. Bd. 3. Halle (Saale), 1710. , S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende03_1710/364>, abgerufen am 22.11.2024.