Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824.nur schwach von dem Schimmer des Mondes er- hellt, und der Bediente, der sich nachgeschlichen hatte, bemerkte, wie er das Brot in das Zimmer warf, und zu seiner Frau und seinen Kindern mit von Thränen erstickter Stimme sagte: Esset, hier ist Brot, das mir theuer zu stehen kommt; sättigt euch daran und quälet mich nicht mehr; in den nächsten Tagen werde ich gehängt werden, und ihr werdet Schuld daran seyn. Seine Frau, die auch weinte, besänftigte ihn, so gut sie es vermochte, nahm das Brot und gab es vier armen, halbnackten Kindern, die vor Hunger ganz kraftlos waren. Am andern Morgen um fünf Uhr ließ sich Sallo, nur ſchwach von dem Schimmer des Mondes er- hellt, und der Bediente, der ſich nachgeſchlichen hatte, bemerkte, wie er das Brot in das Zimmer warf, und zu ſeiner Frau und ſeinen Kindern mit von Thränen erſtickter Stimme ſagte: Eſſet, hier iſt Brot, das mir theuer zu ſtehen kommt; ſättigt euch daran und quälet mich nicht mehr; in den nächſten Tagen werde ich gehängt werden, und ihr werdet Schuld daran ſeyn. Seine Frau, die auch weinte, beſänftigte ihn, ſo gut ſie es vermochte, nahm das Brot und gab es vier armen, halbnackten Kindern, die vor Hunger ganz kraftlos waren. Am andern Morgen um fünf Uhr ließ ſich Sallo, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0126" n="110"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> nur ſchwach von dem Schimmer des Mondes er-<lb/> hellt, und der Bediente, der ſich nachgeſchlichen hatte,<lb/> bemerkte, wie er das Brot in das Zimmer warf,<lb/> und zu ſeiner Frau und ſeinen Kindern mit von<lb/> Thränen erſtickter Stimme ſagte: Eſſet, hier iſt<lb/> Brot, das mir theuer zu ſtehen kommt; ſättigt euch<lb/> daran und quälet mich nicht mehr; in den nächſten<lb/> Tagen werde ich gehängt werden, und ihr werdet<lb/> Schuld daran ſeyn. Seine Frau, die auch weinte,<lb/> beſänftigte ihn, ſo gut ſie es vermochte, nahm das<lb/> Brot und gab es vier armen, halbnackten Kindern,<lb/> die vor Hunger ganz kraftlos waren.</p><lb/> <p>Am andern Morgen um fünf Uhr ließ ſich Sallo,<lb/> dem der Bediente alles erzählt hatte, von dieſem<lb/> nach der Wohnung des Mannes führen. Zuvor er-<lb/> kundigte er ſich in der Nachbarſchaft nach ihm, und<lb/> erfuhr, daß er ein Schuhmacher ſey, ein guter, ehr-<lb/> licher Menſch, ſehr dienſtfertig, aber Vater einer<lb/> zahlreichen Familie und äußerſt arm. Darauf ging<lb/> er zu ihm hinauf und klopfte an ſeine Thüre. Der<lb/> Unglückliche öffnete ſie ſelbſt, erkannte ihn, warf ſich<lb/> zu ſeinen Füßen und flehete, ihn nicht zu verderben.<lb/> Macht keinen Lärm, ſagte Sallo, in dieſer Abſicht<lb/> komme ich nicht zu euch. Jhr treibt ein ſchlimmes<lb/> Handwerk, fuhr er fort, das euch das Leben koſten<lb/> wird, wenn ihr es fortſetzet. Da habt ihr 30 Piſto-<lb/> len, die ich euch ſchenke, kaufet Leder dafür und ar-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [110/0126]
nur ſchwach von dem Schimmer des Mondes er-
hellt, und der Bediente, der ſich nachgeſchlichen hatte,
bemerkte, wie er das Brot in das Zimmer warf,
und zu ſeiner Frau und ſeinen Kindern mit von
Thränen erſtickter Stimme ſagte: Eſſet, hier iſt
Brot, das mir theuer zu ſtehen kommt; ſättigt euch
daran und quälet mich nicht mehr; in den nächſten
Tagen werde ich gehängt werden, und ihr werdet
Schuld daran ſeyn. Seine Frau, die auch weinte,
beſänftigte ihn, ſo gut ſie es vermochte, nahm das
Brot und gab es vier armen, halbnackten Kindern,
die vor Hunger ganz kraftlos waren.
Am andern Morgen um fünf Uhr ließ ſich Sallo,
dem der Bediente alles erzählt hatte, von dieſem
nach der Wohnung des Mannes führen. Zuvor er-
kundigte er ſich in der Nachbarſchaft nach ihm, und
erfuhr, daß er ein Schuhmacher ſey, ein guter, ehr-
licher Menſch, ſehr dienſtfertig, aber Vater einer
zahlreichen Familie und äußerſt arm. Darauf ging
er zu ihm hinauf und klopfte an ſeine Thüre. Der
Unglückliche öffnete ſie ſelbſt, erkannte ihn, warf ſich
zu ſeinen Füßen und flehete, ihn nicht zu verderben.
Macht keinen Lärm, ſagte Sallo, in dieſer Abſicht
komme ich nicht zu euch. Jhr treibt ein ſchlimmes
Handwerk, fuhr er fort, das euch das Leben koſten
wird, wenn ihr es fortſetzet. Da habt ihr 30 Piſto-
len, die ich euch ſchenke, kaufet Leder dafür und ar-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |