Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite



schen Künste jenes Zauberers. Jedem Menschen er-
scheine ich bei seiner Geburt, wenn gleich nicht in
dieser Gestalt. Erschreckt nicht, ich erscheine zu eu-
rem Besten, ich bin der Tod! Jetzt hängt es von
euch noch ab, ob ich die Gevatterstelle vertreten soll
oder nicht.

Die Verlegenheit, die Angst und der Schreck,
welchen diese Erklärung hervorbrachte, läßt sich leich-
ter denken, als beschreiben. Doch schnell sich zur
Standhaftigkeit ermannend, erwiederte der Erschrok-
kene: Jch nehme darum meine Einladung keines
Weges zurück. Wie wir täglich sehen, seyd ihr strenge,
ehrlich und redlich, denn euch trifft ja der Vorwurf
nicht, daß ihr nach Gunst handelt; bei euch gilt ja
kein Unterschied der Person. Heute in des Fürsten
Pallast, morgen in der Bauerhütte einzukehren, und
so niemand zu verschonen, das ehrt euch. Dank sey
es dem großmüthigen Zauberer, der mir euch zuge-
führt; ihr seyd und bleibt mein Gevatter, nur bleibe
das Geheimniß eurer Person unter uns.

Nachdem der heilige Aktus der Taufe vorbei
war, blieb auch der mächtige Gevatter, um niemand
aufzufallen, zu einer Collation noch zurück, und
wohnte, wie bei Sara die Engel, dem Feste bei.
Sein Wirth unterhielt sich dabei fast unaufhörlich
mit ihm, und erfuhr in der That so manches Ge-



ſchen Künſte jenes Zauberers. Jedem Menſchen er-
ſcheine ich bei ſeiner Geburt, wenn gleich nicht in
dieſer Geſtalt. Erſchreckt nicht, ich erſcheine zu eu-
rem Beſten, ich bin der Tod! Jetzt hängt es von
euch noch ab, ob ich die Gevatterſtelle vertreten ſoll
oder nicht.

Die Verlegenheit, die Angſt und der Schreck,
welchen dieſe Erklärung hervorbrachte, läßt ſich leich-
ter denken, als beſchreiben. Doch ſchnell ſich zur
Standhaftigkeit ermannend, erwiederte der Erſchrok-
kene: Jch nehme darum meine Einladung keines
Weges zurück. Wie wir täglich ſehen, ſeyd ihr ſtrenge,
ehrlich und redlich, denn euch trifft ja der Vorwurf
nicht, daß ihr nach Gunſt handelt; bei euch gilt ja
kein Unterſchied der Perſon. Heute in des Fürſten
Pallaſt, morgen in der Bauerhütte einzukehren, und
ſo niemand zu verſchonen, das ehrt euch. Dank ſey
es dem großmüthigen Zauberer, der mir euch zuge-
führt; ihr ſeyd und bleibt mein Gevatter, nur bleibe
das Geheimniß eurer Perſon unter uns.

Nachdem der heilige Aktus der Taufe vorbei
war, blieb auch der mächtige Gevatter, um niemand
aufzufallen, zu einer Collation noch zurück, und
wohnte, wie bei Sara die Engel, dem Feſte bei.
Sein Wirth unterhielt ſich dabei faſt unaufhörlich
mit ihm, und erfuhr in der That ſo manches Ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0077" n="61"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;chen Kün&#x017F;te jenes Zauberers. Jedem Men&#x017F;chen er-<lb/>
&#x017F;cheine ich bei &#x017F;einer Geburt, wenn gleich nicht in<lb/>
die&#x017F;er Ge&#x017F;talt. Er&#x017F;chreckt nicht, ich er&#x017F;cheine zu eu-<lb/>
rem Be&#x017F;ten, ich bin der Tod! Jetzt hängt es von<lb/>
euch noch ab, ob ich die Gevatter&#x017F;telle vertreten &#x017F;oll<lb/>
oder nicht.</p><lb/>
          <p>Die Verlegenheit, die Ang&#x017F;t und der Schreck,<lb/>
welchen die&#x017F;e Erklärung hervorbrachte, läßt &#x017F;ich leich-<lb/>
ter denken, als be&#x017F;chreiben. Doch &#x017F;chnell &#x017F;ich zur<lb/>
Standhaftigkeit ermannend, erwiederte der Er&#x017F;chrok-<lb/>
kene: Jch nehme darum meine Einladung keines<lb/>
Weges zurück. Wie wir täglich &#x017F;ehen, &#x017F;eyd ihr &#x017F;trenge,<lb/>
ehrlich und redlich, denn euch trifft ja der Vorwurf<lb/>
nicht, daß ihr nach Gun&#x017F;t handelt; bei euch gilt ja<lb/>
kein Unter&#x017F;chied der Per&#x017F;on. Heute in des Für&#x017F;ten<lb/>
Palla&#x017F;t, morgen in der Bauerhütte einzukehren, und<lb/>
&#x017F;o niemand zu ver&#x017F;chonen, das ehrt euch. Dank &#x017F;ey<lb/>
es dem großmüthigen Zauberer, der mir euch zuge-<lb/>
führt; ihr &#x017F;eyd und bleibt mein Gevatter, nur bleibe<lb/>
das Geheimniß eurer Per&#x017F;on unter uns.</p><lb/>
          <p>Nachdem der heilige Aktus der Taufe vorbei<lb/>
war, blieb auch der mächtige Gevatter, um niemand<lb/>
aufzufallen, zu einer Collation noch zurück, und<lb/>
wohnte, wie bei Sara die Engel, dem Fe&#x017F;te bei.<lb/>
Sein Wirth unterhielt &#x017F;ich dabei fa&#x017F;t unaufhörlich<lb/>
mit ihm, und erfuhr in der That &#x017F;o manches Ge-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0077] ſchen Künſte jenes Zauberers. Jedem Menſchen er- ſcheine ich bei ſeiner Geburt, wenn gleich nicht in dieſer Geſtalt. Erſchreckt nicht, ich erſcheine zu eu- rem Beſten, ich bin der Tod! Jetzt hängt es von euch noch ab, ob ich die Gevatterſtelle vertreten ſoll oder nicht. Die Verlegenheit, die Angſt und der Schreck, welchen dieſe Erklärung hervorbrachte, läßt ſich leich- ter denken, als beſchreiben. Doch ſchnell ſich zur Standhaftigkeit ermannend, erwiederte der Erſchrok- kene: Jch nehme darum meine Einladung keines Weges zurück. Wie wir täglich ſehen, ſeyd ihr ſtrenge, ehrlich und redlich, denn euch trifft ja der Vorwurf nicht, daß ihr nach Gunſt handelt; bei euch gilt ja kein Unterſchied der Perſon. Heute in des Fürſten Pallaſt, morgen in der Bauerhütte einzukehren, und ſo niemand zu verſchonen, das ehrt euch. Dank ſey es dem großmüthigen Zauberer, der mir euch zuge- führt; ihr ſeyd und bleibt mein Gevatter, nur bleibe das Geheimniß eurer Perſon unter uns. Nachdem der heilige Aktus der Taufe vorbei war, blieb auch der mächtige Gevatter, um niemand aufzufallen, zu einer Collation noch zurück, und wohnte, wie bei Sara die Engel, dem Feſte bei. Sein Wirth unterhielt ſich dabei faſt unaufhörlich mit ihm, und erfuhr in der That ſo manches Ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824/77
Zitationshilfe: Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824/77>, abgerufen am 21.11.2024.