zugebrauchen, daß man die Kinder nicht ehrgeitzig und hochmüthig machet, indem man eine Begierde nach Ruhm in ihr Ge- müthe pflantzen will. Nehmlich man muß wohl acht geben, daß sie niemanden gegen sich verachten, und daher gewöhnen überall auf das gute zusehen, was sie bey andern fin- den, die Mängel und Gebrechen anderer zum besten zudeuten, und, wo dieses nicht geschehen kan, mit denen Personen, die da- mit behafftet sind, Mitleiden zu haben. Da nun das Mittel hierzu eine aufrichtige Lie- be ist (§. 449. 461. Met.); so hat man mit allem Fleiße eine Liebe gegen an- dere Menschen in ihnen zu pflantzen (§. 777. Mor.) Auch hat man darauf zusehen, daß sie bescheiden gegen jedermann sich auf- führen und insonderheit die Demuth bey Zeiten angewöhnen (§. 631. 634. & seqq. Mor.).
Wie Kin- der an- zuge- wöhnen einen je- den zu ehren.
§. 113.
Unerachtet nun aber Kinder nicht fähig sind das Gute, was bey andern ist zu beurtheilen, und ihnen daher ihre ge- bührende Ehre zu geben (§. 590. Mor.); so dienet doch nicht wenig dazu, daß sie an- gehalten werden, jedermann mit Ehren- Bezeigungen entgegen zu gehen, das ist, sich so in Worten und Wercken, ingleichen in Minen und Geberden gegen andere auf- zuführen, wie wir thun würden, wenn wir das Gute, das bey andern anzutreffen, be-
greif-
Das 3. Capitel Von der
zugebrauchen, daß man die Kinder nicht ehrgeitzig und hochmuͤthig machet, indem man eine Begierde nach Ruhm in ihr Ge- muͤthe pflantzen will. Nehmlich man muß wohl acht geben, daß ſie niemanden gegen ſich verachten, und daher gewoͤhnen uͤberall auf das gute zuſehen, was ſie bey andern fin- den, die Maͤngel und Gebrechen anderer zum beſten zudeuten, und, wo dieſes nicht geſchehen kan, mit denen Perſonen, die da- mit behafftet ſind, Mitleiden zu haben. Da nun das Mittel hierzu eine aufrichtige Lie- be iſt (§. 449. 461. Met.); ſo hat man mit allem Fleiße eine Liebe gegen an- dere Menſchen in ihnen zu pflantzen (§. 777. Mor.) Auch hat man darauf zuſehen, daß ſie beſcheiden gegen jedermann ſich auf- fuͤhren und inſonderheit die Demuth bey Zeiten angewoͤhnen (§. 631. 634. & ſeqq. Mor.).
Wie Kin- der an- zuge- woͤhnen einen je- den zu ehren.
§. 113.
Unerachtet nun aber Kinder nicht faͤhig ſind das Gute, was bey andern iſt zu beurtheilen, und ihnen daher ihre ge- buͤhrende Ehre zu geben (§. 590. Mor.); ſo dienet doch nicht wenig dazu, daß ſie an- gehalten werden, jedermann mit Ehren- Bezeigungen entgegen zu gehen, das iſt, ſich ſo in Worten und Wercken, ingleichen in Minen und Geberden gegen andere auf- zufuͤhren, wie wir thun wuͤrden, wenn wir das Gute, das bey andern anzutreffen, be-
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Das 3. Capitel Von der
zugebrauchen, daß man die Kinder nicht
ehrgeitzig und hochmuͤthig machet, indem
man eine Begierde nach Ruhm in ihr Ge-
muͤthe pflantzen will. Nehmlich man muß
wohl acht geben, daß ſie niemanden gegen
ſich verachten, und daher gewoͤhnen uͤberall
auf das gute zuſehen, was ſie bey andern fin-
den, die Maͤngel und Gebrechen anderer
zum beſten zudeuten, und, wo dieſes nicht
geſchehen kan, mit denen Perſonen, die da-
mit behafftet ſind, Mitleiden zu haben. Da
nun das Mittel hierzu eine aufrichtige Lie-
be iſt (§. 449. 461. Met.); ſo hat
man mit allem Fleiße eine Liebe gegen an-
dere Menſchen in ihnen zu pflantzen (§. 777.
Mor.) Auch hat man darauf zuſehen, daß
ſie beſcheiden gegen jedermann ſich auf-
fuͤhren und inſonderheit die Demuth bey
Zeiten angewoͤhnen (§. 631. 634. & ſeqq.
Mor.).
§. 113.Unerachtet nun aber Kinder
nicht faͤhig ſind das Gute, was bey andern
iſt zu beurtheilen, und ihnen daher ihre ge-
buͤhrende Ehre zu geben (§. 590. Mor.); ſo
dienet doch nicht wenig dazu, daß ſie an-
gehalten werden, jedermann mit Ehren-
Bezeigungen entgegen zu gehen, das iſt, ſich
ſo in Worten und Wercken, ingleichen
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/102>, abgerufen am 22.11.2024.
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