Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem Hause.
weil es schweer ist, und die wenigsten Men-
schen zu dergleichen Uberlegung geschickt
sind; diejenigen hingegen, die geschickt wä-
ren, sie aus anderen Ursachen, deren ver-
schiedene sich ereignen nach den verschiede-
nen Umständen, darinnen sie sich befinden,
unterlassen: so wird man auch nicht leicht
ein Haus finden, da es gantz ordentlich zu-
gienge, so daß man mit Recht nichts dar-
an auszusetzen hätte. Und die Crfahrung
zeiget zur Gnüge, wie viel darinnen verse-
hen wird, wenn man sorgfältig überleget,
woher dieser oder jener Verdruß im Haus-
Wesen kommet, und warumb dieser oder
jener Hausgenosse verdirbet, und was der-
gleichen mehr ist. Unterdessen siehet man,
daß noch viele nützliche Dinge in denen
Theilen der Welt-Weisheit, welche der
Menschen Thun und Lassen betreffen, übrig
sind, welche zum Nutzen des menschlichen
Geschlechtes zu untersuchen wären. De-
rowegen wäre allerdings nöthig, daß man
diese Wissenschafften nicht weniger, als
heute zu Tage mit anderen geschiehet, mit
vereinigten Kräfften in einen vollkommenen
Stand zu setzen sich bemühete.

§. 202.

Wenn aber einmahl eine guteWie der
Hausva-
ter über
die Ord-
nung zu
halten.

Einrichtung gemacht worden, so muß der
Haus-Vater auch darüber halten, das ist,
er muß weder der Häus-Mutter, noch den
Kindern und dem Gesinde nachsehen, wenn

sie

Von dem Hauſe.
weil es ſchweer iſt, und die wenigſten Men-
ſchen zu dergleichen Uberlegung geſchickt
ſind; diejenigen hingegen, die geſchickt waͤ-
ren, ſie aus anderen Urſachen, deren ver-
ſchiedene ſich ereignen nach den verſchiede-
nen Umſtaͤnden, darinnen ſie ſich befinden,
unterlaſſen: ſo wird man auch nicht leicht
ein Haus finden, da es gantz ordentlich zu-
gienge, ſo daß man mit Recht nichts dar-
an auszuſetzen haͤtte. Und die Crfahrung
zeiget zur Gnuͤge, wie viel darinnen verſe-
hen wird, wenn man ſorgfaͤltig uͤberleget,
woher dieſer oder jener Verdruß im Haus-
Weſen kommet, und warumb dieſer oder
jener Hausgenoſſe verdirbet, und was der-
gleichen mehr iſt. Unterdeſſen ſiehet man,
daß noch viele nuͤtzliche Dinge in denen
Theilen der Welt-Weisheit, welche der
Menſchen Thun und Laſſen betreffen, uͤbrig
ſind, welche zum Nutzen des menſchlichen
Geſchlechtes zu unterſuchen waͤren. De-
rowegen waͤre allerdings noͤthig, daß man
dieſe Wiſſenſchafften nicht weniger, als
heute zu Tage mit anderen geſchiehet, mit
vereinigten Kraͤfften in einen vollkommenen
Stand zu ſetzen ſich bemuͤhete.

§. 202.

Wenn aber einmahl eine guteWie der
Hausva-
ter uͤber
die Ord-
nung zu
halten.

Einrichtung gemacht worden, ſo muß der
Haus-Vater auch daruͤber halten, das iſt,
er muß weder der Haͤus-Mutter, noch den
Kindern und dem Geſinde nachſehen, wenn

ſie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0161" n="143"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von dem Hau&#x017F;e.</hi></fw><lb/>
weil es &#x017F;chweer i&#x017F;t, und die wenig&#x017F;ten Men-<lb/>
&#x017F;chen zu dergleichen Uberlegung ge&#x017F;chickt<lb/>
&#x017F;ind; diejenigen hingegen, die ge&#x017F;chickt wa&#x0364;-<lb/>
ren, &#x017F;ie aus anderen Ur&#x017F;achen, deren ver-<lb/>
&#x017F;chiedene &#x017F;ich ereignen nach den ver&#x017F;chiede-<lb/>
nen Um&#x017F;ta&#x0364;nden, darinnen &#x017F;ie &#x017F;ich befinden,<lb/>
unterla&#x017F;&#x017F;en: &#x017F;o wird man auch nicht leicht<lb/>
ein Haus finden, da es gantz ordentlich zu-<lb/>
gienge, &#x017F;o daß man mit Recht nichts dar-<lb/>
an auszu&#x017F;etzen ha&#x0364;tte. Und die Crfahrung<lb/>
zeiget zur Gnu&#x0364;ge, wie viel darinnen ver&#x017F;e-<lb/>
hen wird, wenn man &#x017F;orgfa&#x0364;ltig u&#x0364;berleget,<lb/>
woher die&#x017F;er oder jener Verdruß im Haus-<lb/>
We&#x017F;en kommet, und warumb die&#x017F;er oder<lb/>
jener Hausgeno&#x017F;&#x017F;e verdirbet, und was der-<lb/>
gleichen mehr i&#x017F;t. Unterde&#x017F;&#x017F;en &#x017F;iehet man,<lb/>
daß noch viele nu&#x0364;tzliche Dinge in denen<lb/>
Theilen der Welt-Weisheit, welche der<lb/>
Men&#x017F;chen Thun und La&#x017F;&#x017F;en betreffen, u&#x0364;brig<lb/>
&#x017F;ind, welche zum Nutzen des men&#x017F;chlichen<lb/>
Ge&#x017F;chlechtes zu unter&#x017F;uchen wa&#x0364;ren. De-<lb/>
rowegen wa&#x0364;re allerdings no&#x0364;thig, daß man<lb/>
die&#x017F;e Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafften nicht weniger, als<lb/>
heute zu Tage mit anderen ge&#x017F;chiehet, mit<lb/>
vereinigten Kra&#x0364;fften in einen vollkommenen<lb/>
Stand zu &#x017F;etzen &#x017F;ich bemu&#x0364;hete.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 202.</head>
              <p>Wenn aber einmahl eine gute<note place="right">Wie der<lb/>
Hausva-<lb/>
ter u&#x0364;ber<lb/>
die Ord-<lb/>
nung zu<lb/>
halten.</note><lb/>
Einrichtung gemacht worden, &#x017F;o muß der<lb/>
Haus-Vater auch daru&#x0364;ber halten, das i&#x017F;t,<lb/>
er muß weder der Ha&#x0364;us-Mutter, noch den<lb/>
Kindern und dem Ge&#x017F;inde nach&#x017F;ehen, wenn<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ie</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0161] Von dem Hauſe. weil es ſchweer iſt, und die wenigſten Men- ſchen zu dergleichen Uberlegung geſchickt ſind; diejenigen hingegen, die geſchickt waͤ- ren, ſie aus anderen Urſachen, deren ver- ſchiedene ſich ereignen nach den verſchiede- nen Umſtaͤnden, darinnen ſie ſich befinden, unterlaſſen: ſo wird man auch nicht leicht ein Haus finden, da es gantz ordentlich zu- gienge, ſo daß man mit Recht nichts dar- an auszuſetzen haͤtte. Und die Crfahrung zeiget zur Gnuͤge, wie viel darinnen verſe- hen wird, wenn man ſorgfaͤltig uͤberleget, woher dieſer oder jener Verdruß im Haus- Weſen kommet, und warumb dieſer oder jener Hausgenoſſe verdirbet, und was der- gleichen mehr iſt. Unterdeſſen ſiehet man, daß noch viele nuͤtzliche Dinge in denen Theilen der Welt-Weisheit, welche der Menſchen Thun und Laſſen betreffen, uͤbrig ſind, welche zum Nutzen des menſchlichen Geſchlechtes zu unterſuchen waͤren. De- rowegen waͤre allerdings noͤthig, daß man dieſe Wiſſenſchafften nicht weniger, als heute zu Tage mit anderen geſchiehet, mit vereinigten Kraͤfften in einen vollkommenen Stand zu ſetzen ſich bemuͤhete. §. 202.Wenn aber einmahl eine gute Einrichtung gemacht worden, ſo muß der Haus-Vater auch daruͤber halten, das iſt, er muß weder der Haͤus-Mutter, noch den Kindern und dem Geſinde nachſehen, wenn ſie Wie der Hausva- ter uͤber die Ord- nung zu halten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/161
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/161>, abgerufen am 21.11.2024.