Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

gemeinen Wesen überhaupt.
andern, welche die natürliche Verbindlich-
keit aus den Augen setzen, dazu angehalten
werden, daß sie wenigsten die äußerlichen
Handlungen vollziehen, die das Gesetze der
Natur erfordert, und die jenigen unterlas-
sen, welche ihm zuwieder sind. Also för-
dert man im gemeinen Wesen die Glück-
seeligkeit der guten, und zwinget die bösen,
daß sie sich nicht unglückseelig machen, so-
viel sich dieses thun lässet,

§. 228.

Und hieraus erkennet man, wieNutzen
der Er-
käntnis!
des Rech-
tes der
Natur
und der
Sitten-
Lehre in
der Poli-
tick.

es nicht möglich ist von der Einrichtung
des gemeinen Wesens und dessen Verwal-
tung gründlich zu handeln, wo man nicht
eine genaue Erkäntnis von dem Rechte
der Natur und den Tugenden und Lastern
hat, wie weit sie nemlich in der Menschen
Gewalt sind. Ja es erhellet ferner hier-
aus, daß die in der Politick abzuhandelnde
Wahrheiten in den Wahrheiten des Rech-
tes der Natur und der Sittenlehre gegrün-
det, folgends mehr als jene zusammen ge-
setzet sind, oder von den ersten Gründen
der Erkäntnis abstehen. Woraus noch
weiter abzunehmen, daß, wenn man das
Recht der Natur und die Sitten-Lehre
in einen vollkommeneren Stand bringet,
dadurch zugleich der Grund geleget wird
in der Politick zu einer gründlicheren und
weiteren Erkäntnis zugelangen. Die Wahr-
heiten sind alle mit einander genau ver-

knüpf-

gemeinen Weſen uͤberhaupt.
andern, welche die natuͤrliche Verbindlich-
keit aus den Augen ſetzen, dazu angehalten
werden, daß ſie wenigſten die aͤußerlichen
Handlungen vollziehen, die das Geſetze der
Natur erfordert, und die jenigen unterlaſ-
ſen, welche ihm zuwieder ſind. Alſo foͤr-
dert man im gemeinen Weſen die Gluͤck-
ſeeligkeit der guten, und zwinget die boͤſen,
daß ſie ſich nicht ungluͤckſeelig machen, ſo-
viel ſich dieſes thun laͤſſet,

§. 228.

Und hieraus erkennet man, wieNutzen
der Er-
kaͤntnis!
des Rech-
tes der
Natur
und der
Sitten-
Lehre in
der Poli-
tick.

es nicht moͤglich iſt von der Einrichtung
des gemeinen Weſens und deſſen Verwal-
tung gruͤndlich zu handeln, wo man nicht
eine genaue Erkaͤntnis von dem Rechte
der Natur und den Tugenden und Laſtern
hat, wie weit ſie nemlich in der Menſchen
Gewalt ſind. Ja es erhellet ferner hier-
aus, daß die in der Politick abzuhandelnde
Wahrheiten in den Wahrheiten des Rech-
tes der Natur und der Sittenlehre gegruͤn-
det, folgends mehr als jene zuſammen ge-
ſetzet ſind, oder von den erſten Gruͤnden
der Erkaͤntnis abſtehen. Woraus noch
weiter abzunehmen, daß, wenn man das
Recht der Natur und die Sitten-Lehre
in einen vollkommeneren Stand bringet,
dadurch zugleich der Grund geleget wird
in der Politick zu einer gruͤndlicheren und
weiteren Erkaͤntnis zugelangen. Die Wahr-
heiten ſind alle mit einander genau ver-

knuͤpf-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0185" n="167"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">gemeinen We&#x017F;en u&#x0364;berhaupt.</hi></fw><lb/>
andern, welche die natu&#x0364;rliche Verbindlich-<lb/>
keit aus den Augen &#x017F;etzen, dazu angehalten<lb/>
werden, daß &#x017F;ie wenig&#x017F;ten die a&#x0364;ußerlichen<lb/>
Handlungen vollziehen, die das Ge&#x017F;etze der<lb/>
Natur erfordert, und die jenigen unterla&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, welche ihm zuwieder &#x017F;ind. Al&#x017F;o fo&#x0364;r-<lb/>
dert man im gemeinen We&#x017F;en die Glu&#x0364;ck-<lb/>
&#x017F;eeligkeit der guten, und zwinget die bo&#x0364;&#x017F;en,<lb/>
daß &#x017F;ie &#x017F;ich nicht unglu&#x0364;ck&#x017F;eelig machen, &#x017F;o-<lb/>
viel &#x017F;ich die&#x017F;es thun la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et,</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 228.</head>
              <p>Und hieraus erkennet man, wie<note place="right">Nutzen<lb/>
der Er-<lb/>
ka&#x0364;ntnis!<lb/>
des Rech-<lb/>
tes der<lb/>
Natur<lb/>
und der<lb/>
Sitten-<lb/>
Lehre in<lb/>
der Poli-<lb/>
tick.</note><lb/>
es nicht mo&#x0364;glich i&#x017F;t von der Einrichtung<lb/>
des gemeinen We&#x017F;ens und de&#x017F;&#x017F;en Verwal-<lb/>
tung gru&#x0364;ndlich zu handeln, wo man nicht<lb/>
eine genaue Erka&#x0364;ntnis von dem Rechte<lb/>
der Natur und den Tugenden und La&#x017F;tern<lb/>
hat, wie weit &#x017F;ie nemlich in der Men&#x017F;chen<lb/>
Gewalt &#x017F;ind. Ja es erhellet ferner hier-<lb/>
aus, daß die in der Politick abzuhandelnde<lb/>
Wahrheiten in den Wahrheiten des Rech-<lb/>
tes der Natur und der Sittenlehre gegru&#x0364;n-<lb/>
det, folgends mehr als jene zu&#x017F;ammen ge-<lb/>
&#x017F;etzet &#x017F;ind, oder von den er&#x017F;ten Gru&#x0364;nden<lb/>
der Erka&#x0364;ntnis ab&#x017F;tehen. Woraus noch<lb/>
weiter abzunehmen, daß, wenn man das<lb/>
Recht der Natur und die Sitten-Lehre<lb/>
in einen vollkommeneren Stand bringet,<lb/>
dadurch zugleich der Grund geleget wird<lb/>
in der Politick zu einer gru&#x0364;ndlicheren und<lb/>
weiteren Erka&#x0364;ntnis zugelangen. Die Wahr-<lb/>
heiten &#x017F;ind alle mit einander genau ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">knu&#x0364;pf-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[167/0185] gemeinen Weſen uͤberhaupt. andern, welche die natuͤrliche Verbindlich- keit aus den Augen ſetzen, dazu angehalten werden, daß ſie wenigſten die aͤußerlichen Handlungen vollziehen, die das Geſetze der Natur erfordert, und die jenigen unterlaſ- ſen, welche ihm zuwieder ſind. Alſo foͤr- dert man im gemeinen Weſen die Gluͤck- ſeeligkeit der guten, und zwinget die boͤſen, daß ſie ſich nicht ungluͤckſeelig machen, ſo- viel ſich dieſes thun laͤſſet, §. 228.Und hieraus erkennet man, wie es nicht moͤglich iſt von der Einrichtung des gemeinen Weſens und deſſen Verwal- tung gruͤndlich zu handeln, wo man nicht eine genaue Erkaͤntnis von dem Rechte der Natur und den Tugenden und Laſtern hat, wie weit ſie nemlich in der Menſchen Gewalt ſind. Ja es erhellet ferner hier- aus, daß die in der Politick abzuhandelnde Wahrheiten in den Wahrheiten des Rech- tes der Natur und der Sittenlehre gegruͤn- det, folgends mehr als jene zuſammen ge- ſetzet ſind, oder von den erſten Gruͤnden der Erkaͤntnis abſtehen. Woraus noch weiter abzunehmen, daß, wenn man das Recht der Natur und die Sitten-Lehre in einen vollkommeneren Stand bringet, dadurch zugleich der Grund geleget wird in der Politick zu einer gruͤndlicheren und weiteren Erkaͤntnis zugelangen. Die Wahr- heiten ſind alle mit einander genau ver- knuͤpf- Nutzen der Er- kaͤntnis! des Rech- tes der Natur und der Sitten- Lehre in der Poli- tick.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/185
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/185>, abgerufen am 21.11.2024.