Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 5. Capitel Von dem
menheit vor, die es erreichen kan, wenn man
die Regeln der Baukunst geben wil. Kom-
met es nach diesem zur Ausübung und fin-
den sich allerhand Ursachen, warum man
wieder diese und jene Regel handeln, und
also von der Vollkommenheit aus Noth
abgehen muß; so hat man doch den Nu-
tzen, daß man nicht weiter davon abgehet,
als man genöthiget wird, im übrigen aber
soviel von der Vollkommenheit bey behält
als sich thun lässet. Es wäre demnach
nicht schädlich, sondern nützlich, wenn wir
nur von allen Dingen, deren Würcklich-
keit von uns dependiret, ein Muster der
Vollkommenheit hätten, darnach wir uns
richten könnten.

Wie die
Beobach-
tung des
Gesetzes
der Na-
tur im
gemeinen
Wesen
befördert
wird.
§. 227.

Da das gemeine Wesen des-
wegen eingeführet wird, damit der Menfch
desto bequemer denen natürlichen Pflich-
ten ein Gnügen thun kan, und darinnen
nicht von andern gehindert wird, die da-
wieder handeln (§. 218), folgends diejenige
Glückseeligkeit erreichet, deren er fähig ist
(§. 57 Mor); so hat man in Einrich-
tung und Verwaltung des gemeinen We-
sens davor zu sorgen, daß die jenigen, so
willig sind der natürlichen Verbindlich-
keit ein Gnügen zu thun, nicht allein von
andern nicht gehindert, sondern vielmehr
gefördert werden, und dazu alle Gelegen-
heit und Vorschub finden; hingegen die

andern

Das 5. Capitel Von dem
menheit vor, die es erreichen kan, wenn man
die Regeln der Baukunſt geben wil. Kom-
met es nach dieſem zur Ausuͤbung und fin-
den ſich allerhand Urſachen, warum man
wieder dieſe und jene Regel handeln, und
alſo von der Vollkommenheit aus Noth
abgehen muß; ſo hat man doch den Nu-
tzen, daß man nicht weiter davon abgehet,
als man genoͤthiget wird, im uͤbrigen aber
ſoviel von der Vollkommenheit bey behaͤlt
als ſich thun laͤſſet. Es waͤre demnach
nicht ſchaͤdlich, ſondern nuͤtzlich, wenn wir
nur von allen Dingen, deren Wuͤrcklich-
keit von uns dependiret, ein Muſter der
Vollkommenheit haͤtten, darnach wir uns
richten koͤnnten.

Wie die
Beobach-
tung des
Geſetzes
der Na-
tur im
gemeinen
Weſen
befoͤrdert
wird.
§. 227.

Da das gemeine Weſen des-
wegen eingefuͤhret wird, damit der Menfch
deſto bequemer denen natuͤrlichen Pflich-
ten ein Gnuͤgen thun kan, und darinnen
nicht von andern gehindert wird, die da-
wieder handeln (§. 218), folgends diejenige
Gluͤckſeeligkeit erreichet, deren er faͤhig iſt
(§. 57 Mor); ſo hat man in Einrich-
tung und Verwaltung des gemeinen We-
ſens davor zu ſorgen, daß die jenigen, ſo
willig ſind der natuͤrlichen Verbindlich-
keit ein Gnuͤgen zu thun, nicht allein von
andern nicht gehindert, ſondern vielmehr
gefoͤrdert werden, und dazu alle Gelegen-
heit und Vorſchub finden; hingegen die

andern
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0184" n="166"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 5. Capitel Von dem</hi></fw><lb/>
menheit vor, die es erreichen kan, wenn man<lb/>
die Regeln der Baukun&#x017F;t geben wil. Kom-<lb/>
met es nach die&#x017F;em zur Ausu&#x0364;bung und fin-<lb/>
den &#x017F;ich allerhand Ur&#x017F;achen, warum man<lb/>
wieder die&#x017F;e und jene Regel handeln, und<lb/>
al&#x017F;o von der Vollkommenheit aus Noth<lb/>
abgehen muß; &#x017F;o hat man doch den Nu-<lb/>
tzen, daß man nicht weiter davon abgehet,<lb/>
als man geno&#x0364;thiget wird, im u&#x0364;brigen aber<lb/>
&#x017F;oviel von der Vollkommenheit bey beha&#x0364;lt<lb/>
als &#x017F;ich thun la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et. Es wa&#x0364;re demnach<lb/>
nicht &#x017F;cha&#x0364;dlich, &#x017F;ondern nu&#x0364;tzlich, wenn wir<lb/>
nur von allen Dingen, deren Wu&#x0364;rcklich-<lb/>
keit von uns <hi rendition="#aq">dependi</hi>ret, ein Mu&#x017F;ter der<lb/>
Vollkommenheit ha&#x0364;tten, darnach wir uns<lb/>
richten ko&#x0364;nnten.</p><lb/>
              <note place="left">Wie die<lb/>
Beobach-<lb/>
tung des<lb/>
Ge&#x017F;etzes<lb/>
der Na-<lb/>
tur im<lb/>
gemeinen<lb/>
We&#x017F;en<lb/>
befo&#x0364;rdert<lb/>
wird.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 227.</head>
              <p>Da das gemeine We&#x017F;en des-<lb/>
wegen eingefu&#x0364;hret wird, damit der Menfch<lb/>
de&#x017F;to bequemer denen natu&#x0364;rlichen Pflich-<lb/>
ten ein Gnu&#x0364;gen thun kan, und darinnen<lb/>
nicht von andern gehindert wird, die da-<lb/>
wieder handeln (§. 218), folgends diejenige<lb/>
Glu&#x0364;ck&#x017F;eeligkeit erreichet, deren er fa&#x0364;hig i&#x017F;t<lb/>
(§. 57 <hi rendition="#aq">Mor</hi>); &#x017F;o hat man in Einrich-<lb/>
tung und Verwaltung des gemeinen We-<lb/>
&#x017F;ens davor zu &#x017F;orgen, daß die jenigen, &#x017F;o<lb/>
willig &#x017F;ind der natu&#x0364;rlichen Verbindlich-<lb/>
keit ein Gnu&#x0364;gen zu thun, nicht allein von<lb/>
andern nicht gehindert, &#x017F;ondern vielmehr<lb/>
gefo&#x0364;rdert werden, und dazu alle Gelegen-<lb/>
heit und Vor&#x017F;chub finden; hingegen die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">andern</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0184] Das 5. Capitel Von dem menheit vor, die es erreichen kan, wenn man die Regeln der Baukunſt geben wil. Kom- met es nach dieſem zur Ausuͤbung und fin- den ſich allerhand Urſachen, warum man wieder dieſe und jene Regel handeln, und alſo von der Vollkommenheit aus Noth abgehen muß; ſo hat man doch den Nu- tzen, daß man nicht weiter davon abgehet, als man genoͤthiget wird, im uͤbrigen aber ſoviel von der Vollkommenheit bey behaͤlt als ſich thun laͤſſet. Es waͤre demnach nicht ſchaͤdlich, ſondern nuͤtzlich, wenn wir nur von allen Dingen, deren Wuͤrcklich- keit von uns dependiret, ein Muſter der Vollkommenheit haͤtten, darnach wir uns richten koͤnnten. §. 227.Da das gemeine Weſen des- wegen eingefuͤhret wird, damit der Menfch deſto bequemer denen natuͤrlichen Pflich- ten ein Gnuͤgen thun kan, und darinnen nicht von andern gehindert wird, die da- wieder handeln (§. 218), folgends diejenige Gluͤckſeeligkeit erreichet, deren er faͤhig iſt (§. 57 Mor); ſo hat man in Einrich- tung und Verwaltung des gemeinen We- ſens davor zu ſorgen, daß die jenigen, ſo willig ſind der natuͤrlichen Verbindlich- keit ein Gnuͤgen zu thun, nicht allein von andern nicht gehindert, ſondern vielmehr gefoͤrdert werden, und dazu alle Gelegen- heit und Vorſchub finden; hingegen die andern

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/184
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/184>, abgerufen am 21.11.2024.