tung oder Verwaltung betreffen, der muß verständig und tugendhafft seyn.
Warum man Ver- stand und Tu- gend in Aufneh- men bringen soll.
§. 243.
Und hieraus erhellet, wie höchst nöthig es sey, daß Verstand und Tugend in die Welt gebracht werde, und wie nütz- lich alle derjenigen Bemühung ist, welche Verstand und Tugend in Aufnahme zu bringen sich angelegen seyn lassen. Denn da die gemeine Wohlfahrt und Sicherheit im gemeinen Wesen auf Verstand und Tu- gend gegründet ist (§. 242); so wird da- durch die Wohlfahrt und Sicherheit im gemeinen Wesen besördert, wenn Verstand und Tugend in Aufnahme gebracht wird. Man siehet demnach ferner, daß im Gegen- theile Unverstand und Untugend der Grund vom Verderbnis im gemeinen Wesen ist. Auch ist aus dem klar, was vorhin weit- läufftiger ausgesühret worden, daß Ver- stand und Tugend nicht können getrennet, sondern stets bey einander müssen erhalten werden. Die Erfahrung stimmet zur Gnü- ge damit überein. Und ist dannenhero nicht undienlich, wenn man dieser so gar wichti- gen Wahrheit sich auch durch die Erfahrung versichert. Man gebe nur acht, wie es im gemeinen Wesen hier oder dort überall ab- läufft, und untersuche nachdem die Ursache, woher es kommet; so wird man zur Gnü- ge inne werden, daß es entweder aus Un-
ver-
Cap. 2. von den verſchiedenen
tung oder Verwaltung betreffen, der muß verſtaͤndig und tugendhafft ſeyn.
Warum man Ver- ſtand und Tu- gend in Aufneh- men bringen ſoll.
§. 243.
Und hieraus erhellet, wie hoͤchſt noͤthig es ſey, daß Verſtand und Tugend in die Welt gebracht werde, und wie nuͤtz- lich alle derjenigen Bemuͤhung iſt, welche Verſtand und Tugend in Aufnahme zu bringen ſich angelegen ſeyn laſſen. Denn da die gemeine Wohlfahrt und Sicherheit im gemeinen Weſen auf Verſtand und Tu- gend gegruͤndet iſt (§. 242); ſo wird da- durch die Wohlfahrt und Sicherheit im gemeinen Weſen beſoͤrdert, wenn Verſtand und Tugend in Aufnahme gebracht wird. Man ſiehet demnach ferner, daß im Gegen- theile Unverſtand und Untugend der Grund vom Verderbnis im gemeinen Weſen iſt. Auch iſt aus dem klar, was vorhin weit- laͤufftiger ausgeſuͤhret worden, daß Ver- ſtand und Tugend nicht koͤnnen getrennet, ſondern ſtets bey einander muͤſſen erhalten werden. Die Erfahrung ſtimmet zur Gnuͤ- ge damit uͤberein. Und iſt dannenhero nicht undienlich, wenn man dieſer ſo gar wichti- gen Wahrheit ſich auch durch die Erfahrung verſichert. Man gebe nur acht, wie es im gemeinen Weſen hier oder dort uͤberall ab- laͤufft, und unterſuche nachdem die Urſache, woher es kommet; ſo wird man zur Gnuͤ- ge inne werden, daß es entweder aus Un-
ver-
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Cap. 2. von den verſchiedenen
tung oder Verwaltung betreffen, der muß
verſtaͤndig und tugendhafft ſeyn.
§. 243.Und hieraus erhellet, wie hoͤchſt
noͤthig es ſey, daß Verſtand und Tugend
in die Welt gebracht werde, und wie nuͤtz-
lich alle derjenigen Bemuͤhung iſt, welche
Verſtand und Tugend in Aufnahme zu
bringen ſich angelegen ſeyn laſſen. Denn
da die gemeine Wohlfahrt und Sicherheit
im gemeinen Weſen auf Verſtand und Tu-
gend gegruͤndet iſt (§. 242); ſo wird da-
durch die Wohlfahrt und Sicherheit im
gemeinen Weſen beſoͤrdert, wenn Verſtand
und Tugend in Aufnahme gebracht wird.
Man ſiehet demnach ferner, daß im Gegen-
theile Unverſtand und Untugend der Grund
vom Verderbnis im gemeinen Weſen iſt.
Auch iſt aus dem klar, was vorhin weit-
laͤufftiger ausgeſuͤhret worden, daß Ver-
ſtand und Tugend nicht koͤnnen getrennet,
ſondern ſtets bey einander muͤſſen erhalten
werden. Die Erfahrung ſtimmet zur Gnuͤ-
ge damit uͤberein. Und iſt dannenhero nicht
undienlich, wenn man dieſer ſo gar wichti-
gen Wahrheit ſich auch durch die Erfahrung
verſichert. Man gebe nur acht, wie es im
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laͤufft, und unterſuche nachdem die Urſache,
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/194>, abgerufen am 21.11.2024.
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