Was also von den Pflichten der Eltern gegen ihre Kinder, und der Kin- der gegen die Eltern (§. 83 & seq.) ausge- führet worden, das lässet sich auch mit nö- thiger Veränderung auf die Pflichten der Obrigkeiten oder regierenden Personen und der Unterthanen deuten. Und also dienet das Bild des Vaters die Beschaffenheit eines Regentens, hingegen das Bild der Kinder die Beschaffenheit der Unterthanen zu finden (§. 364 Met.).
Regieren- de Perso- nen sind wie Hausvä- ter im Hause.
§. 266.
Ja es verhalten sich auch O- brigkeiten oder regierende Personen gegen ihre Unterthanen wie Hausväter gegen ih- re Hausgenossen. Denn einem Hausva- ter lieget hauptsächlich ob davor zu sorgen, daß keine von den einfachen Gesellschafften, daraus das Hauß zusammen gesetzet ist, die Absicht der andern stöhre, sondern vielmehr eine jede das ihre mit dazu beyträget, daß die andere ihre Absicht desto besser erreichen kan (§. 194): alle Hausgenossen hingegen müssen den Willen des Hausvaters ihren Willen seyn lassen, und ohne seine Ge- nehmhaltung nichts vornehmen. Da nun ein gemeines Wesen aus vielen Häusern (§. 214), und also aus vielen einfachern Ge- sellschafften zusammen gesetzet wird (§. 192), die mit vereinigten Kräfften ihre Wohl- fahrt suchen; die regierenden Personen aber davor zu sorgen haben, daß ein jeder
der-
Cap. 2. Von den verſchie denen
Nutzen dieſer Aenlich -keit.
§. 265.
Was alſo von den Pflichten der Eltern gegen ihre Kinder, und der Kin- der gegen die Eltern (§. 83 & ſeq.) ausge- fuͤhret worden, das laͤſſet ſich auch mit noͤ- thiger Veraͤnderung auf die Pflichten der Obrigkeiten oder regierenden Perſonen und der Unterthanen deuten. Und alſo dienet das Bild des Vaters die Beſchaffenheit eines Regentens, hingegen das Bild der Kinder die Beſchaffenheit der Unterthanen zu finden (§. 364 Met.).
Regieꝛen- de Perſo- nen ſind wie Hausvaͤ- ter im Hauſe.
§. 266.
Ja es verhalten ſich auch O- brigkeiten oder regierende Perſonen gegen ihre Unterthanen wie Hausvaͤter gegen ih- re Hausgenoſſen. Denn einem Hausva- ter lieget hauptſaͤchlich ob davor zu ſorgen, daß keine von den einfachen Geſellſchafften, daraus das Hauß zuſammen geſetzet iſt, die Abſicht der andern ſtoͤhre, ſondern vielmehr eine jede das ihre mit dazu beytraͤget, daß die andere ihre Abſicht deſto beſſer erreichen kan (§. 194): alle Hausgenoſſen hingegen muͤſſen den Willen des Hausvaters ihren Willen ſeyn laſſen, und ohne ſeine Ge- nehmhaltung nichts vornehmen. Da nun ein gemeines Weſen aus vielen Haͤuſern (§. 214), und alſo aus vielen einfachern Ge- ſellſchafften zuſammen geſetzet wird (§. 192), die mit vereinigten Kraͤfften ihre Wohl- fahrt ſuchen; die regierenden Perſonen aber davor zu ſorgen haben, daß ein jeder
der-
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Cap. 2. Von den verſchie denen
§. 265.Was alſo von den Pflichten
der Eltern gegen ihre Kinder, und der Kin-
der gegen die Eltern (§. 83 & ſeq.) ausge-
fuͤhret worden, das laͤſſet ſich auch mit noͤ-
thiger Veraͤnderung auf die Pflichten der
Obrigkeiten oder regierenden Perſonen und
der Unterthanen deuten. Und alſo dienet
das Bild des Vaters die Beſchaffenheit
eines Regentens, hingegen das Bild der
Kinder die Beſchaffenheit der Unterthanen
zu finden (§. 364 Met.).
§. 266.Ja es verhalten ſich auch O-
brigkeiten oder regierende Perſonen gegen
ihre Unterthanen wie Hausvaͤter gegen ih-
re Hausgenoſſen. Denn einem Hausva-
ter lieget hauptſaͤchlich ob davor zu ſorgen,
daß keine von den einfachen Geſellſchafften,
daraus das Hauß zuſammen geſetzet iſt, die
Abſicht der andern ſtoͤhre, ſondern vielmehr
eine jede das ihre mit dazu beytraͤget, daß
die andere ihre Abſicht deſto beſſer erreichen
kan (§. 194): alle Hausgenoſſen hingegen
muͤſſen den Willen des Hausvaters ihren
Willen ſeyn laſſen, und ohne ſeine Ge-
nehmhaltung nichts vornehmen. Da nun
ein gemeines Weſen aus vielen Haͤuſern (§.
214), und alſo aus vielen einfachern Ge-
ſellſchafften zuſammen geſetzet wird (§. 192),
die mit vereinigten Kraͤfften ihre Wohl-
fahrt ſuchen; die regierenden Perſonen
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/214>, abgerufen am 24.11.2024.
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