Da nun derjenige, der andere etwas lehren will, es selbst verstehen, auch andern, was er verstehet, mit guter Manier beyzubringen vermögend seyn, über dieses allen Fleiß, der dazu erfordert wird, an- wenden muß; so müssen in Schulen u. auf Academien zu Lehrern bestellet werden, die das ihrige wohl verstehen, die Gabe zu leh- ren besitzen und von einem unermüdeten Fleiße sind. Derowegen soll man keinen dazu nehmen, der nicht vorhet in allen die- sen Stücken genungsame Proben abgele- get. Und gewiß ist diese Vorsorge über die Massen nöthig, sonderlich auf Acade- mien, wo man Wissenschafften und freye Künste lehret. Denn da nach diesem in allen Ständen die wichtigsten Aemter mit solchen Personen besetzet werden, die auf Academien Wissenschafften und freye Kün- ste gelernet, so ist es ein grosser Verderb für das Land, wo auf Academien untüchti- ge Leute sind, von denen man entweder gar nichts, oder doch nichts rechtes lernen kan, und ist dieser Schade um so viel grösser und gewisser, je mehr man gehalten ist diese und keine andere zu seinen Lehrern zu erwehlen. Und damit man auch versichert ist, daß alle, denen andere zu lehren oblieget, das treulich thun, was sie zu thun vermögend sind, so hat man auf Mittel und Wege zu
den-
Cap. 3. Von der Einrichtung
Was fuͤr Perſonen zu Leh- renden zu nehmen.
§. 285.
Da nun derjenige, der andere etwas lehren will, es ſelbſt verſtehen, auch andern, was er verſtehet, mit guter Manier beyzubringen vermoͤgend ſeyn, uͤber dieſes allen Fleiß, der dazu erfordert wird, an- wenden muß; ſo muͤſſen in Schulen u. auf Academien zu Lehrern beſtellet werden, die das ihrige wohl verſtehen, die Gabe zu leh- ren beſitzen und von einem unermuͤdeten Fleiße ſind. Derowegen ſoll man keinen dazu nehmen, der nicht vorhet in allen die- ſen Stuͤcken genungſame Proben abgele- get. Und gewiß iſt dieſe Vorſorge uͤber die Maſſen noͤthig, ſonderlich auf Acade- mien, wo man Wiſſenſchafften und freye Kuͤnſte lehret. Denn da nach dieſem in allen Staͤnden die wichtigſten Aemter mit ſolchen Perſonen beſetzet werden, die auf Academien Wiſſenſchafften und freye Kuͤn- ſte gelernet, ſo iſt es ein groſſer Verderb fuͤr das Land, wo auf Academien untuͤchti- ge Leute ſind, von denen man entweder gar nichts, oder doch nichts rechtes lernen kan, und iſt dieſer Schade um ſo viel groͤſſer und gewiſſer, je mehr man gehalten iſt dieſe und keine andere zu ſeinen Lehrern zu erwehlen. Und damit man auch verſichert iſt, daß alle, denen andere zu lehren oblieget, das treulich thun, was ſie zu thun vermoͤgend ſind, ſo hat man auf Mittel und Wege zu
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Cap. 3. Von der Einrichtung
§. 285.Da nun derjenige, der andere
etwas lehren will, es ſelbſt verſtehen, auch
andern, was er verſtehet, mit guter Manier
beyzubringen vermoͤgend ſeyn, uͤber dieſes
allen Fleiß, der dazu erfordert wird, an-
wenden muß; ſo muͤſſen in Schulen u. auf
Academien zu Lehrern beſtellet werden, die
das ihrige wohl verſtehen, die Gabe zu leh-
ren beſitzen und von einem unermuͤdeten
Fleiße ſind. Derowegen ſoll man keinen
dazu nehmen, der nicht vorhet in allen die-
ſen Stuͤcken genungſame Proben abgele-
get. Und gewiß iſt dieſe Vorſorge uͤber
die Maſſen noͤthig, ſonderlich auf Acade-
mien, wo man Wiſſenſchafften und freye
Kuͤnſte lehret. Denn da nach dieſem in
allen Staͤnden die wichtigſten Aemter mit
ſolchen Perſonen beſetzet werden, die auf
Academien Wiſſenſchafften und freye Kuͤn-
ſte gelernet, ſo iſt es ein groſſer Verderb
fuͤr das Land, wo auf Academien untuͤchti-
ge Leute ſind, von denen man entweder gar
nichts, oder doch nichts rechtes lernen kan,
und iſt dieſer Schade um ſo viel groͤſſer und
gewiſſer, je mehr man gehalten iſt dieſe und
keine andere zu ſeinen Lehrern zu erwehlen.
Und damit man auch verſichert iſt, daß
alle, denen andere zu lehren oblieget, das
treulich thun, was ſie zu thun vermoͤgend
ſind, ſo hat man auf Mittel und Wege zu
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/228>, abgerufen am 24.11.2024.
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