Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.des gemeinen Wesens. auch in gute Ordnungen bringen, so baldein Vorrath derselben vorhanden (§. 300); so wird man bey vorfallender Gelegenheit leicht urtheilen können, was die Academie der Wissenschaften hier und dort zu thun hat. Nur muß ich noch einen Zweifel he- ben, der hier bey einem entstehen könnte. Vielleicht werden einige meinen, es sey nicht möglich, daß die Academie der Wis- senschaften sich in so viele und weitläufftige Dinge mengen könne. Allein man wird sich leicht begreiffen, wenn man nur auf folgendes acht zu haben beliebet. Einmal ist gewiß, daß die Academie der Wissen- schafften aus verschiedenen Personen beste- het, welche die verschiedene Arbeit mit ein- ander theilen. Und also ist nicht nöthig, daß ein jeder sich in alles menge, oder auch in aller Art der Wissenschafften vortreflich erfunden werde. Darnach muß man wohl erwegen, daß die Wahrheiten alle insge- samt eine grössere Verknüpffung und Ver- wandschafft mit einander haben, als man vermeinet, und daher diejenigen, welche sie in richtiger Verknüpffung gründlich be- greiffen, zu mehreren Dingen auf einmahl geschickt sind, als man vermeinen solte. Uber dieses wenn einige geschickte Köpffe alle ihre Zeit bloß auf Entdeckung der Wahrheit wenden, und mit nichts ande- rem in der Welt zu thun haben; so sind sie in Q 2
des gemeinen Weſens. auch in gute Ordnungen bringen, ſo baldein Vorrath derſelben vorhanden (§. 300); ſo wird man bey vorfallender Gelegenheit leicht urtheilen koͤnnen, was die Academie der Wiſſenſchaften hier und dort zu thun hat. Nur muß ich noch einen Zweifel he- ben, der hier bey einem entſtehen koͤnnte. Vielleicht werden einige meinen, es ſey nicht moͤglich, daß die Academie der Wiſ- ſenſchaften ſich in ſo viele und weitlaͤufftige Dinge mengen koͤnne. Allein man wird ſich leicht begreiffen, wenn man nur auf folgendes acht zu haben beliebet. Einmal iſt gewiß, daß die Academie der Wiſſen- ſchafften aus verſchiedenen Perſonen beſte- het, welche die verſchiedene Arbeit mit ein- ander theilen. Und alſo iſt nicht noͤthig, daß ein jeder ſich in alles menge, oder auch in aller Art der Wiſſenſchafften vortreflich erfunden werde. Darnach muß man wohl erwegen, daß die Wahrheiten alle insge- ſamt eine groͤſſere Verknuͤpffung und Ver- wandſchafft mit einander haben, als man vermeinet, und daher diejenigen, welche ſie in richtiger Verknuͤpffung gruͤndlich be- greiffen, zu mehreren Dingen auf einmahl geſchickt ſind, als man vermeinen ſolte. Uber dieſes wenn einige geſchickte Koͤpffe alle ihre Zeit bloß auf Entdeckung der Wahrheit wenden, und mit nichts ande- rem in der Welt zu thun haben; ſo ſind ſie in Q 2
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des gemeinen Weſens.
auch in gute Ordnungen bringen, ſo bald
ein Vorrath derſelben vorhanden (§. 300);
ſo wird man bey vorfallender Gelegenheit
leicht urtheilen koͤnnen, was die Academie
der Wiſſenſchaften hier und dort zu thun
hat. Nur muß ich noch einen Zweifel he-
ben, der hier bey einem entſtehen koͤnnte.
Vielleicht werden einige meinen, es ſey
nicht moͤglich, daß die Academie der Wiſ-
ſenſchaften ſich in ſo viele und weitlaͤufftige
Dinge mengen koͤnne. Allein man wird
ſich leicht begreiffen, wenn man nur auf
folgendes acht zu haben beliebet. Einmal
iſt gewiß, daß die Academie der Wiſſen-
ſchafften aus verſchiedenen Perſonen beſte-
het, welche die verſchiedene Arbeit mit ein-
ander theilen. Und alſo iſt nicht noͤthig,
daß ein jeder ſich in alles menge, oder auch
in aller Art der Wiſſenſchafften vortreflich
erfunden werde. Darnach muß man wohl
erwegen, daß die Wahrheiten alle insge-
ſamt eine groͤſſere Verknuͤpffung und Ver-
wandſchafft mit einander haben, als man
vermeinet, und daher diejenigen, welche
ſie in richtiger Verknuͤpffung gruͤndlich be-
greiffen, zu mehreren Dingen auf einmahl
geſchickt ſind, als man vermeinen ſolte.
Uber dieſes wenn einige geſchickte Koͤpffe
alle ihre Zeit bloß auf Entdeckung der
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Q 2
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