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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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des gemeines Wesens.
333 Mor.), wie nicht weniger zur Auf-
munterung zum Gebete (§. 743 Mor.),
mit einem Worte in Beförderung aller
Tugend und Besitzung aller Laster, bey-
tragen. Derowegen da die Comödien
Vorstellungen der freudigen Begebenhei-
ten der Menschen durch lebendige Perso-
nen sind; hingegen Tragödien der Trau-
er-Fälle: so sind Comödien und Tragö-
dien sehr dienlich zur Besserung des Men-
schen, wenn die Tugenden und Laster
nach ihrer wahren Beschaffenheit vorge-
stellet werden, absonderlich aber dar-
auf gesehen wird, daß man zeiget,
wie die freudigen Begebenheiten aus
der Tugend, hingegen die Trauer-Fälle
aus den Lastern kommen, indem es doch
endlich bey aller Lenckung des Willens
darauf ankommet, daß man den Erfolg
der Handlungen vorher siehet (§. 168
Mor.). Es haben aber Comödien und
Tragödien darinnen einen Vorzug für
geschriebenen Historien, daß sie einen grös-
sern Eindruck in das Gemüthe des Men-
schen machen. Denn was man selber mit
Augen siehet und mit Ohren höret, bewe-
get einen mehr und bleibet besser, als was
man bloß höret. Nemlich die Geberden
und Minen der Menschen, ingleichen die
Veränderung der Stimme, damit die
Worte vorgebracht werden, nachdem man

von

des gemeines Weſens.
333 Mor.), wie nicht weniger zur Auf-
munterung zum Gebete (§. 743 Mor.),
mit einem Worte in Befoͤrderung aller
Tugend und Beſitzung aller Laſter, bey-
tragen. Derowegen da die Comoͤdien
Vorſtellungen der freudigen Begebenhei-
ten der Menſchen durch lebendige Perſo-
nen ſind; hingegen Tragoͤdien der Trau-
er-Faͤlle: ſo ſind Comoͤdien und Tragoͤ-
dien ſehr dienlich zur Beſſerung des Men-
ſchen, wenn die Tugenden und Laſter
nach ihrer wahren Beſchaffenheit vorge-
ſtellet werden, abſonderlich aber dar-
auf geſehen wird, daß man zeiget,
wie die freudigen Begebenheiten aus
der Tugend, hingegen die Trauer-Faͤlle
aus den Laſtern kommen, indem es doch
endlich bey aller Lenckung des Willens
darauf ankommet, daß man den Erfolg
der Handlungen vorher ſiehet (§. 168
Mor.). Es haben aber Comoͤdien und
Tragoͤdien darinnen einen Vorzug fuͤr
geſchriebenen Hiſtorien, daß ſie einen groͤſ-
ſern Eindruck in das Gemuͤthe des Men-
ſchen machen. Denn was man ſelber mit
Augen ſiehet und mit Ohren hoͤret, bewe-
get einen mehr und bleibet beſſer, als was
man bloß hoͤret. Nemlich die Geberden
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Worte vorgebracht werden, nachdem man

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[269/0287] des gemeines Weſens. 333 Mor.), wie nicht weniger zur Auf- munterung zum Gebete (§. 743 Mor.), mit einem Worte in Befoͤrderung aller Tugend und Beſitzung aller Laſter, bey- tragen. Derowegen da die Comoͤdien Vorſtellungen der freudigen Begebenhei- ten der Menſchen durch lebendige Perſo- nen ſind; hingegen Tragoͤdien der Trau- er-Faͤlle: ſo ſind Comoͤdien und Tragoͤ- dien ſehr dienlich zur Beſſerung des Men- ſchen, wenn die Tugenden und Laſter nach ihrer wahren Beſchaffenheit vorge- ſtellet werden, abſonderlich aber dar- auf geſehen wird, daß man zeiget, wie die freudigen Begebenheiten aus der Tugend, hingegen die Trauer-Faͤlle aus den Laſtern kommen, indem es doch endlich bey aller Lenckung des Willens darauf ankommet, daß man den Erfolg der Handlungen vorher ſiehet (§. 168 Mor.). Es haben aber Comoͤdien und Tragoͤdien darinnen einen Vorzug fuͤr geſchriebenen Hiſtorien, daß ſie einen groͤſ- ſern Eindruck in das Gemuͤthe des Men- ſchen machen. Denn was man ſelber mit Augen ſiehet und mit Ohren hoͤret, bewe- get einen mehr und bleibet beſſer, als was man bloß hoͤret. Nemlich die Geberden und Minen der Menſchen, ingleichen die Veraͤnderung der Stimme, damit die Worte vorgebracht werden, nachdem man von

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/287>, abgerufen am 22.11.2024.