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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Cap. 3. Von der Einrichtung
Jnglei-
chen bey
dem
Tausche.
§. 332.

Weil im Tauschen Wahre ge-
gen Wahre gegeben wird (§. 913 Mor.);
so hat es bey demselben auch seine Rich-
tigkeit, damit keiner dadurch bevortheilet
werden kan, woferne man die Wahren be-
sichtiget und ihnen ihren Preiß setzet. Denn
in diesem Falle ist eben so viel, als wenn
einer dem andern seine Wahre abkaufft.

Warum
die Zin-
sen zu de-
termini-
ren/ die
man von
ausgelie-
henen
Geldern
nehmen
darff.
§. 333.

Aus eben diesen Ursachen sol
man die jährlichen Zinsen, die man von
dem Capitale nehmen darff, determini-
r
en (§. 934 Mor.), absonderlich da man
leichte mit dem Gelde wuchern und da-
durch viel Schaden anrichten kan (§. 944
Mor.). Und ist höchstnöthig, daß man
darüber eifrig hält, weil sonst diejenigen,
welche durch den Wucher gedruckt werden,
verarmen, auch ihnen bey ihrer Arbeit ent-
zogen wird, was sie zur Nothdurfft nöthig
haben. Da hingegen die Verfassung des
gemeinen Wesens es mit sich bringet, daß
niemand an demjenigen Mangel leide, was
zur Nahrung, Kleidung und Wohnung
erfordert wird. Wie viel man jährlich
interesse von hundert Thaler Capital ver-
willigen sol, muß unter den besondern Um-
ständen daraus beurtheilet werden, was
man in einem Orte mit hundert Thalern
ohngefehr gewinnen kan. Es ist wohl nicht
zu läugnen, daß solchergestalt einer nicht so
viel Interessen geben kan als der andere (§.

941
Cap. 3. Von der Einrichtung
Jnglei-
chen bey
dem
Tauſche.
§. 332.

Weil im Tauſchen Wahre ge-
gen Wahre gegeben wird (§. 913 Mor.);
ſo hat es bey demſelben auch ſeine Rich-
tigkeit, damit keiner dadurch bevortheilet
werden kan, woferne man die Wahren be-
ſichtiget und ihnen ihren Preiß ſetzet. Denn
in dieſem Falle iſt eben ſo viel, als wenn
einer dem andern ſeine Wahre abkaufft.

Warum
die Zin-
ſen zu de-
termini-
ren/ die
man von
ausgelie-
henen
Geldern
nehmen
darff.
§. 333.

Aus eben dieſen Urſachen ſol
man die jaͤhrlichen Zinſen, die man von
dem Capitale nehmen darff, determini-
r
en (§. 934 Mor.), abſonderlich da man
leichte mit dem Gelde wuchern und da-
durch viel Schaden anrichten kan (§. 944
Mor.). Und iſt hoͤchſtnoͤthig, daß man
daruͤber eifrig haͤlt, weil ſonſt diejenigen,
welche durch den Wucher gedruckt werden,
verarmen, auch ihnen bey ihrer Arbeit ent-
zogen wird, was ſie zur Nothdurfft noͤthig
haben. Da hingegen die Verfaſſung des
gemeinen Weſens es mit ſich bringet, daß
niemand an demjenigen Mangel leide, was
zur Nahrung, Kleidung und Wohnung
erfordert wird. Wie viel man jaͤhrlich
intereſſe von hundert Thaler Capital ver-
willigen ſol, muß unter den beſondern Um-
ſtaͤnden daraus beurtheilet werden, was
man in einem Orte mit hundert Thalern
ohngefehr gewinnen kan. Es iſt wohl nicht
zu laͤugnen, daß ſolchergeſtalt einer nicht ſo
viel Intereſſen geben kan als der andere (§.

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[274/0292] Cap. 3. Von der Einrichtung §. 332.Weil im Tauſchen Wahre ge- gen Wahre gegeben wird (§. 913 Mor.); ſo hat es bey demſelben auch ſeine Rich- tigkeit, damit keiner dadurch bevortheilet werden kan, woferne man die Wahren be- ſichtiget und ihnen ihren Preiß ſetzet. Denn in dieſem Falle iſt eben ſo viel, als wenn einer dem andern ſeine Wahre abkaufft. §. 333.Aus eben dieſen Urſachen ſol man die jaͤhrlichen Zinſen, die man von dem Capitale nehmen darff, determini- ren (§. 934 Mor.), abſonderlich da man leichte mit dem Gelde wuchern und da- durch viel Schaden anrichten kan (§. 944 Mor.). Und iſt hoͤchſtnoͤthig, daß man daruͤber eifrig haͤlt, weil ſonſt diejenigen, welche durch den Wucher gedruckt werden, verarmen, auch ihnen bey ihrer Arbeit ent- zogen wird, was ſie zur Nothdurfft noͤthig haben. Da hingegen die Verfaſſung des gemeinen Weſens es mit ſich bringet, daß niemand an demjenigen Mangel leide, was zur Nahrung, Kleidung und Wohnung erfordert wird. Wie viel man jaͤhrlich intereſſe von hundert Thaler Capital ver- willigen ſol, muß unter den beſondern Um- ſtaͤnden daraus beurtheilet werden, was man in einem Orte mit hundert Thalern ohngefehr gewinnen kan. Es iſt wohl nicht zu laͤugnen, daß ſolchergeſtalt einer nicht ſo viel Intereſſen geben kan als der andere (§. 941

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/292>, abgerufen am 22.11.2024.